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Resident Evil 6

Resident Evil 6

Mit dem sechsten Teil der Resident Evil-Serie schlägt Capcom neue Wege ein und zaubert zumindest schon mal den eigenen Entwicklern ein dickes Grinsen ins Gesicht, denn die sind mehr als zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Arbeit. Wir sind nach Osaka gereist, um herauszufinden, ob sich das Warten auf Resident Evil 6 auch für eingefleischte Fans lohnt.

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Auf den ersten Blick scheint sich Resident Evil 6 von seinen Vorgängern kaum zu unterscheiden. Mit einem Blick über die rechte Schulter unseres Protagonisten verfolgen wir die Geschehnisse der aus der Third-Person-Perspektive. Dabei wird die Geschichte immer wieder durch heftige Kämpfe sowohl gegen Untote als auch Mutanten unterbrochen, die vor allem Dank der hübschen Grafik und hervorragenden Lichteffekten schön anzusehen sind. Die Atmosphäre wird aber durch etwas ganz anderes erzeugt, nämlich die Brutalität, mit der die Gewalt im Spiel zum Tragen kommt. Köpfe explodieren, Gliedmaßen werden abgerissen und die Kugeln unserer Waffen dringen tief in das Fleisch unserer Opfer ein und hinterlassen Löcher in der Größe einer geballten Faust.

Doch bei näherer Betrachtung ist es sogar eine ganz fundamentale Sache, die Resident Evil 6 vom Rest der Serie unterscheidet. Vorher hatten wir die Wahl entweder unseren Helden zu bewegen oder anzuhalten, um zu zielen und das Feuer abzubilden. Das brachte nicht nur das stetige Gefühl von Eile mit sich, sondern auch eine Form von unterschwelliger Panik, selbst wenn das Design ziemlich weit davon entfernt war, realistische Kämpfe zu zeigen. Nun aber haben die Charaktere eine neue Kombinationsgabe erhalten: Laufen, Zielen und selbst Schießen sind jetzt zur gleichen Zeit möglich. Wie modern! Unser Held kann sich jetzt also ducken, Schläge mit stilvollen Saltos und Sprüngen verteilen und das Feuer eröffnen, während er noch auf dem Rücken liegt.

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Resident Evil 6Resident Evil 6
Auf unsere Umgebungen und die Vorgänge neben und hinter uns zu achten, ist in diesem Teil wichtiger als jemals zuvor.
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Diese Veränderung in der Steuerung bringen eine ganze Menge neuer Freiheiten mit sich, doch die gelten nicht nur für uns, sondern auch für unsere Gegner. Die nutzen den vorhandenen Platz nun flexibler und umkreisen uns oft, bevor sich zum entscheidenden Schlag ausholen. Dass sie das umso gefährlicher macht, wurde mir nur all zu bewusst, als ich während des Anspielens wie wild um mich schieße, um eine Horde hungriger Untoter auf Abstand zu halten. Dabei fixiere ich mit meinen Augen genau das Geschehen vor mir, was einer einsamen Leiche hinter mir die Möglichkeit gibt, sich unbemerkt an mich heranzupirschen. Plötzlich schlägt er mich zu Boden und bevor ich auch nur verstehe, was gerade geschehen ist, verwandelt er mein wunderschönes Gesicht mit meiner Flasche in ein blutiges Steak. Auf unsere Umgebungen und die Vorgänge neben und hinter uns zu achten, ist in diesem Teil wichtiger als jemals zuvor, besonders, weil unsere Munition stets knapp bemessen ist.

Die Entwickler haben aber auch andere Teile des Gameplays an das neue dynamische Konzept angepasst. So legen wir jetzt einige Kräuter und Heilarzneien auf die Schultertasten in eine Art Spender, um uns das mühselige Klicken durch das Inventar zu ersparen. In schnellen und nervenaufreibenden Kämpfen ist der schnelle Einsatz eine willkommene Hilfe. Weiterhin können Kräuter zu Pillen kombiniert werden, weshalb wir auch weiterhin vor der Frage stehen, ob wir lieber schnelle Erste Hilfe brauchen oder später mehr Pillen.

Veränderungen gibt es aber nicht nur bei der Steuerung, sondern vor allem auch in der Art und Weise, wie die Geschichte von Resident Evil 6 erzählt wird. Statt einer einzigen Mammut-Story gibt es vier kleinere und kürzere Geschichten, was vor allem an dem Wunsch der Entwickler liegt, dem Spiel einen anderen Fokus zu geben und mit jeder Kampagne durch ihren Stil und Charakter eine andere Atmosphäre zu bieten. Mit sieben Charakteren beschreiten wir je zu zweit die ersten drei Storys und schalten dann eine Vierte frei, die wir mit Ada Wong ausnahmsweise alleine meistern.

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Statt einer einzigen Mammut-Story gibt es vier kleinere und kürzere Geschichten - jede mit einem eigenen Stil.
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Obwohl die Anzahl der Charaktere recht hoch ist, sucht man Unterschiede im Gameplay mit der Lupe. Alle Figuren sind mit dem gleichen Arsenal an Waffen ausgerüstet, das alles von Pistolen über automatische Waffen bis hin zu Granaten und Messern beinhalten. Doch es gibt charakterspezifische Ausnahmen. So nutzt Ada Wong ihren Bogen, um fiese untote Monster an die Wand zu pinnen, während sich Jake Muller auf seine vernichtenden Nahkampfattaken verlässt.

Doch selbst wenn sich die Steuerung in ihren Grundzügen kaum ändert, bieten der Stil und die Ausführung der Kampagnen eine Menge Vielfalt. Leon Kennedys Geschichte repräsentiert mit einer Menge Dunkelheit, in der sich die Untoten verstecken, den eher klassischen Survival-Horror. Das Licht wirft nur sporadisch sein Licht auf den Terror, der uns umgibt und die Schatten, die sich an der Wand abzeichnen. Die Hintergrundmusik ist intensiv und stört zum Glück zu keinem Zeitpunkt des Anspielens.

Einen starken Kontrast dazu bildet die Geschichte rund um Chris Redfield. Chris ist ein waschechter Action-Held und Mitglied von BSAA, einem speziellen Einsatzkommando. Deren Aufgabe ist es große Areale mit Automatik-Waffen zu säubern. Mit dieser Unmenge an Waffen und vieler Teamkameraden um uns herum wirkt das Ganze eher wie eine Mischung aus Call of Duty und Survival-Horror. Dieser Eindruck wird durch die heftigen Explosionen, starkem Licht und einem pompösen militärischen Soundtrack nur noch verstärkt. Erschreckenderweise kommt man sich meist eher vor, als würde man sich einen Zombie-Film von Michael Bay ansehen.

Die dritte Kampagne bestreiten wir mit dem europäischen Söldner Jake Muller, der sich auf der Flucht vor einem Riesenmonster namens Ustanak befindet. Jakes Geschichte wird vor allem von der Panik und der Angst vor dem Unbekannten getragen. Die Hauptgegner sind J'avo Mutanten, die, anstatt wie jeder anständige Gegner zu sterben, sich in einen Kokon einspinnen und zu einer neuen Form mutieren. Oder anders gesagt, wenn es uns gelingt, einen J'avo zu Boden zu ringen, gräbt er sich vielleicht sein eigenes Grab und verlässt seinen Körper, um einer noch stärkeren Mutation Platz zu machen. Nicht gerade die erfreulichste Aussicht.

Nach Abschluss der drei Hauptkampagnen wird eine Vierte freigeschaltet. Ada Wong, eine Doppelagentin, arbeitet selbstständig und nutzt lieber ihren Verstand, als blindlings mit der Pistole in die Massen zu schießen. Die Kampagne der mysteriösen Femme Fatale fordert von uns deshalb ebenso Köpfen beim Lösen von Rätseln. Untote werden deshalb in Sicherheitskästen geworfen, um Türen zu öffnen und Schlüssel finden sich in den Gedärmen von Mutanten. Diese Rätsel verändern auf eine sehr angenehme Art das Tempo des Spiels, obwohl sie oft leider zu leicht zu lösen sind.

Jede Kampagne hat ihre eigene Geschichte, Stil und Gegner, dennoch sind alle vier Kampagnen durch verschiedene Geschehnisse miteinander verknüpft. Während des Anspielens erleben wir beispielsweise wie Ada Leon und Helena bei hilft, einen schweren Mutanten-Boss zu besiegen, bevor sie wieder aus dem Spiel beider Charaktere verschwindet und ihre eigene Reise fortsetzt. So ist es sehr wahrscheinlich, dass es gerade gegen Ende des Spiels viele Verknüpfungen geben wird, die die Fragen zu Allianzen, Zielen und Wendungen in der Geschichte beantworten.

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Die Geschichte mit Ada Wong wird in einem Zusatzkapitel erzählt, allerdings hat sie keinen Partner.

Wie man sich denken kann, wenn jede Kampagne von zwei Charakteren absolviert wird, wurde Resident Evil 6 von Anfang an als Koop-Spiel konzipiert. Mit Ausnahme von Ada wird jeder Held von einem vertrauenswürdigen Partner begleitet, der für ihn durch die Hölle und wieder zurück gehen würde. Doch obwohl die KI dabei einen überraschend effizienten Job macht, ist ihr Einsatz kein Ersatz für die gemeinsame Jagd mit einem Freund auf Untote und die Planung mit ihm über das weitere Vorgehen oder die Verteilung der Vorräte.

Der Koop-Modus ist aber nicht die einzige Form von Mehrspielermodus, die wir in Resident Evil 6 finden werden. Daneben gibt es noch den Agent Hunt-Modus, der für mich persönlich eine der schönsten Überraschungen der Serie ist. In diesem Modus können wir in die Haut unserer Gegner schlüpfen und selbst eines der abscheulichen Monster werden, die uns sonst das Leben schwer machen. Weil uns dann aber ein unerbittlicher Durst nach Blut überkommt, geht es auf die Suche nach Blut und wo könnte man das besser finden als in der Einzelspieler-Kampagne eines anderen Spielers? Locker steigen wir in dessen Spiel ein und begeben uns auf die Jagd. Mit anderen Worten ermöglicht es uns der Agent Hunt-Modus, die Ängste und Leiden anderer Spieler noch zusätzlich zu verschlimmern.

Während des Anspielens hatten wir leider nur die Möglichkeit in eine Kampagne einzusteigen, der Modus ist jedoch für alle Hauptgeschichten verfügbar. Während nun Jake Muller und seine Begleiterin Sherry durch die dunklen Straßen hetzen und versuchen unversehrt an Massen von J'avos Mutanten vorbeizukommen oder sie mit Macheten und Maschinenpistolen aus dem Weg zu räumen, ist unter ihren Feinden genau ein menschlicher Spieler. Sie wissen nicht wer. Es ist auch nicht ersichtlich. Wird der Spieler in Form des Monsters getötet, wird er entweder in eine andere Form des J'avos mutieren oder einfach an einem zufälligen Ort wiederbelebt.

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Der Agent Hunt-Modus ist wunderbar, weil er darauf basiert, wie grausam und teuflisch Menschen sein können.

Das wunderbare an diesem Agent Hunt-Modus ist schlicht, dass er darauf basiert, wie grausam und teuflisch Menschen sein können. Und da bilde ich keine Ausnahme. Nachdem ich als J'avo getötet wurde, besitze ich als mutierte Version nun einen riesigen Tentakelarm, mit dem ich Jake ohne Mühe aus großer Entfernung Schaden zufügen oder ihn greifen und zu mir ziehen könnte. Stattdessen aber verstecke ich mit hinter Kisten und lauere auf den Spieler, der mit diesem Hinterhalt sicher nicht rechnet.

Die Kombination aus entstehender Paranoia und der Folter anderer Spieler macht diesen Modus zu einem wunderbaren Erlebnis, das gerade zwischen den Hauptkampagnen für ordentlich Abwechslung sorgt. Dieser Mix ist aber klar nicht für jeden Spieler etwas, weshalb der Einstieg anderer Spieler deaktiviert werden kann, für all jene, die lieber in Ruhe und Frieden ihre Missionen bestreiten ohne irgendwelche anderen, die den Schwierigkeitsgrad zusätzlich erhöhen.

Nach dem Anspielen stand für mich fest, dass all meine Erwartungen übertroffen wurden. Resident Evil 5 hat mich nicht gerade überragend unterhalten und die Art und Weise, wie die Entwickler im Laufe der Serie den Umgang mit Horror verändert haben, hat mich ebenfalls nicht besonders angesprochen. Angst ist auch nicht gerade, was mir Resident Evil 6 einjagt, aber es erzeugt Panik und eine Menge Unruhe in vielen Momenten. Ich bin froh, dass Capcom sich endlich dazu entschließen konnte, das alte Gameplay abzulegen und sich einer Action orientierten Variante zugewandt hat, denn die Kombination aus grotesker Gewalt, fiesen Monstern und paranoider Action hat mir bisher ein tolles Spielerlebnis bereitet. Dabei sind die Gegner immer in der Überzahl, doch selbst ein einzelner Untoter kann uns gefährlich. Die Munition ist immer knapp und wir sterben sicher mehr als nur einmal und das obwohl unsere Helden nun gelernt haben in Deckung zu gehen.

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