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Deadpool

Deadpool

Deadpool. Wer zur Hölle ist eigentlich Deadpool? Diese Frage wird Activision noch vielen Menschen beantworten müssen, wenn sie das Videospiel zu dem völlig irren Marvel-Helden an mehr Leute als nur eine Handvoll Fans verkaufen wollen. Executive Producer Sean Miller von High Moon unterstreicht beim Termin in London sicherheitshalber mehrmals, genau die glücklich machen zu wollen. Viele Mitarbeiter im Studio seien immerhin selbst Fans - und das ist im Fall von High Moon ein gutes Omen.

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Der eher unbekannte Deadpool ermöglicht einen etwas anderen Ansatz im ersten echten Game mit dem Söldner in der Hauptrolle. Seine wesentliche Superheldenfähigkeit besteht darin, sich sekundenschnell selbst heilen und regenerieren zu können. Er wird also nicht sterben und weiß dabei sogar, dass er ein Comicstar ist. Damit realisiert er natürlich auch, dass er in einem Videospiel mitmacht, was Miller und sein Team geschickt als erzählerisches Mittel nutzen.

Das Gameplay bietet Third-Person-Action der eher konventionellen Art. Vieles erinnert an die guten Games des Entwicklers, insbesondere an Transformers: Kampf um Cybertron und Transformers: Untergang von Cybertron. Ein flüssiges Kombo-System ermöglicht vielfältige Angriffsmuster im Mix aus Nahkampf, Martial Arts, Ausweichmanövern, Knarren und Schwertern. Neue Waffen, Kombo-Moves und Fähigkeiten können gekauft werden im Verlauf des Spiels. Das Kämpfen wirkt derzeit aber noch nicht so flüssig wie bei einem DMC Devil May Cry - ironischerweise ist das Kämpfen auch gar nicht das beste an dem Spiel. Es ist das Setting.

Mit der Story und dem Helden ist dagegen ein echter Glücksgriff getan worden. Deadpool läuft durch seine Welt und pfeift auf alles. Er ohrfeigt Wolverine (na gut, der ist ohnmächtig) oder rearrangiert bewusstlose X-Girls für ein fieses Partyfoto. Noch großartiger sind nur seine von Ironie durchzogenen Selbstgespräche. In einer Szene führen die dazu, dass uns Deadpool mit der verführerischen Option versorgt, die Schultertaste zu drücken, um den wichtigen (aber langweiligen) Monolog endlich zu beenden, den der zeitreisende Cable gerade hält, weil wir ja auch was zu retten haben.

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Das Gameplay ist eher konventionell, das Spiel lebt von seinem grandiosen Helden und dem, was er redet und macht.

Wer "RT drücken, um das alles zu beenden" wählt, bringt Deadpool dazu, sich eine Kugel in den Kopf zu jagen. Bringt natürlich nichts. Wir wachen kurze Zeit später geheilt wieder auf. In der Brust steckt ein Messer, mit dem Cable einen Zettel mit einer Nachricht festgetackert hat, dass Deadpool einen nackten Superfan suchen sollen (und Cable an derselben Stelle wartet). Das ist natürlich eine Lüge, aber Deadpool sieht nur noch potenzielle Brüste und rennt los. Am Ziel nimmt er die Brüste seines größten weiblichen Fans in die Hände und wobbelt glücklich sein Gesicht zwischen ihnen. Natürlich ist es eine Halluzination, die sein Kollege Cable dann auch nur bedingt lustig findet. Herrlich.

Es ist fast ein bisschen so, dass man die Prügeleien in den Arenen am Ende schlauchartiger Level immer schnell abhaken will, um den nächsten Irrsinn präsentiert zu bekommen. Das Kämpfen geht zum Glück leicht von der Hand, die Inszenierung der Kombos wirkt aber manchmal noch etwas abgehackt. Dazu gesellt sich eine eher bunte Spielwelt, deren Level aber eben sehr linear und statisch konzipiert sind. Das ist nicht abwertend gemeint, spielerische Freiheit allerdings bieten maximal die Kämpfe in den Arenen. Dabei spritzt einiges an Comic-Blut.

Neben Spezialattacken hat Deadpool auch brutale Finisher im Angebot. Einmal rutscht er unter einem Typen hindurch, ballert ihm den Kopf von unten weg und lässt den Torso im scheinbar ewigen Kugelhagel in der Luft schweben. An solchen Stellen überzeichnet auch die dezente und hübsche Cel-Shading-Optik nicht, dass das Spiel eher für ältere Comicfans gedacht ist - dem etwas kindlich anmutenden Gameplay zum Trotz.

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An Comic-Blut mangelt es nicht im Spiel - und auch der schwarze und sexistische Humor ist eher nichts für kleine Kinder.

An interessanten Fähigkeiten mangelt es Deadpool nicht. Er kann sich über kurze Distanzen hinweg beamen, nutzt Katanas oder Thor-Hämmer als doppelte Schlagwaffe und wechselt diese relativ nahtlos mit zwei Schusswaffen, um die die Angriffe mit Granaten & Co. zu garnieren. Manchmal ist der Held auch in fest gescripteten Sequenzen unterwegs. Wir durften ihm dabei zuschauen, wie er in einem riesigen Stiefel in die Luft fliegt, in dem ein MG montiert ist, mit dessen Hilfe er die Gegnermassen aus dem Weg räumt. Das ist stumpfes Geballer und man wird erst wieder in einer Zwischensequenz versöhnt, an deren Ende augenzwinkernd eine Monsterkombo eingeblendet wird, die man unmöglich schaffen kann. Oder geht‘s vielleicht doch?

Wer weiß das schon, schließlich ist die Grenze zwischen Halluzination und Videospielrealität für Deadpool fließend. Genau das macht das Spielerlebnis dann auch so lustig. Um den bösen Sinister zu erledigen, muss Deadpool einiges überleben. Seine Halluzinationen machen das nicht gerade leichter. Fette Partys finden nur im Kopf statt, und wenn die Realität erwacht, werden aus den LSD-bunten Träumereien vergleichsweise triste Kampfarenen. Dafür glänzen die Gegner darin durch große Abwechslung. Es gibt reichlich unterschiedliche Mutanten, deren DNA Sinister extrahiert, um sich so schöne Schergen wie umher beamende Monster mit elastischen Scherenhänden zu bauen.

Genau daran sollen wir ihn hindern, was gelegentlich auch in Sidescroll-Passagen im Stile eines Deadlight passiert. Das wirkt eigenartig, so als ob man unbedingt noch was für die Retro-Gemeinde einbauen wollte. Ist eigentlich kein schlechter Gedanke, aber Puzzleelemente mit Plattformer in 3D und 2D und einem Action-Prügler zu vermischen, ist vielleicht doch etwas zu ambitioniert. Vielleicht auch nicht, denn immerhin haben die High Moon Studios bei der Umsetzung aller Inhalte freie Hand und können sich ihren Ideen als Fans hingeben. Und wenn sie das durften, kam am Ende häufig ein gutes Game dabei rum.

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