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Blackguards

Blackguards

Es ist rundenbasiertes Rollenspiel im ehrwürdigen Universum von Das Schwarze Auge. Ein kühner Plan des Hamburger Entwicklers, dessen Qualitäten wir ausgetestet haben.

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Gerade noch Xcom: Enemy Within gespielt und nun liegt ein Hexfeld-Rollenspiel vor mir. Der Übergang zwischen diesen beiden nur auf den ersten Blick ähnlichen Games macht mir zu schaffen. Wenn man Blackguards startet, geht es nach einem kurzen Introvideo fast augenblicklich los. Der eben erstellte Held steht einem Wolf gegenüber. Auf Bienenwaben-Feldern beginne ich meinen Zug, dann ist die grausame Bestie an der Reihe. Die Xcom-Soldaten hechten bekanntlich von Deckung zu Deckung und ich orientiere mich ähnlich - leider erfolglos. Die Karte scheint in diesem Gefecht kein Verbündeter zu sein. Nichtsdestotrotz bleibe ich in der Defensive, denn ich weiß nichts über die Fähigkeiten meines Charakters. Schnell wird allerdings klar, dass diese Vorsicht in Blackguards unbegründet ist. Ein seichter Start in einen Titel, der mich voller Zwiespalt durch die ersten drei Kapitel der Story führt.

Nachdem der böse Wolf besiegt ist, bekomme ich ein merkwürdiges Gefühl. Offensichtlich läuft hier etwas schief. Prinzessin Elanor ist tot und ausgerechnet mein Held kniet neben ihrem toten Körper. Die Fakten scheinen eindeutig. Das erkennen auch Alchemist Lysander und sein Folterknecht. Er stand der Prinzessin sehr nahe. So wie auch uns, denn er war ein Freund. Nun scheint er seinen Prinzessinnenmörder gefunden zu haben. Aber wieso können wir uns nur an nichts erinnern?

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Zahlreiche Schauplätze warten auf Entdecker und Abenteurer. Ihr Tun wird aber durch die extrem lineare Story im Keim erstickt.
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Ein Zwerg namens Naurim und der Zauberer Zurbaran sind ebenfalls Gefangene in den königlichen Verliesen. Gemeinsam gelingt uns die Flucht und es beginnt eine Reise ins Ungewisse. Zu keiner Zeit sind wir vor unseren Häschern sicher und viele Aktionen ziehen Konsequenzen nach sich. Denn scheinbar sind auch diese beiden Typen nicht ganz unschuldig ins Gefängnis geraten, auch wenn sie das natürlich vehement bestreiten. Durch die fünf Akte hinweg schließen sich noch weitere Kameraden unserem Trupp an. Etwa die niedliche Elfe Niam, die viel zu gerne Traumkraut inhaliert.

Ich weiß noch, wie ich sie bei unserer ersten Begegnung auf Entzug setzen musste. Ab diesem Zeitpunkt konnte ich dann aber auf ihren Bogen vertrauen. Es ist eine große Leistung von Daedalic, dass sie trotz des einfältigen Gameplays glaubhafte Charaktere zeichnen. Alle diese Figuren haben ihre individuellen Probleme und wir werden früher oder später damit konfrontiert. Sollte man sie nicht unterstützen, kann es sogar vorkommen, dass sie sich von der Gruppe abwenden. Denn der Verband ist dynamisch und die Figuren scheinen ihren eigenen Willen zu haben.

Auf der Weltkarte bemerken wir das Potenzial von Blackguards zum ersten Mal. Zahlreiche Schauplätze warten auf Entdecker und Abenteurer. Ihr Tun wird aber durch die extrem lineare Story im Keim erstickt. Nur eine Hand voll Aufgaben dürfen nebenbei erledigt werden. Und viel mehr machen wir eigentlich auch nicht. Erst im dritten Kapitel dürfen wir überhaupt abseits des Weges fremde Orte besuchen, wobei die meisten davon erst im späteren Storyverlauf interessant sind. In den Stadtgebieten dürfen wir derweil Geld ausgeben oder einfach die malerischen Ebenen bewundern. Die können sich nämlich sehen lassen.

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Die Umgebungsinteraktionen bilden die interessanteste Kampfkomponente dieses Strategietitels.
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Beim Wirt zum Beispiel dürfen die Abenteurer übernachten, Händler kaufen und verkaufen interessante Gegenstände und die Heilerin kümmert such um schwere Verletzungen. Das kennt man ja alles. Zusätzliche Charaktere sind ausschließlich für die Quests verantwortlich. Gewöhnungsbedürftig ist die fehlende Bewegungsfreiheit aber schon. Denn die Abenteurertruppe sieht man nur auf den Schlachtfeldern in Aktion, Zwischensequenzen mal ausgenommen. Ansonsten navigieren wir uns über Pfeile und eine Menge Text durch das Spiel. In den langen Dialogen gibt es häufig Gesprächsoptionen, die bestimmten Charaktere vorbehalten sind. Das bringt zusätzliche Dynamik in das starre Gameplay und sorgt für ein leicht angestaubtes Nostalgiegefühl.

Eigentlich besteht Blackguards bisher nur aus einer starken Kampfkomponente, einem verworrenen Handlungsstrang und chronischem Abenteuerpunkte-Mangel. Die benötigen wir nämlich für sämtliche Entwicklungen der Charaktere. Dass der Skillbaum wie auch die generelle Menüführung recht unübersichtlich sind, muss man leider abkönnen. Nach der Anspielsession der ersten drei Kapitel weiß ich zum Beispiel immer noch nicht, wie meine Magier neue Zauber erlernen. Mal ganz davon abgesehen, dass ich ihnen den Spaß sowieso nicht hätte finanzieren können. Denn die wenigen Fähigkeiten, die wir für das Abschließen einer Mission erhalten, verstärken die Abenteurer kaum spürbar. Im zweiten Kapitel wird Blackguards dann plötzlich auch noch knifflig. Dort beginnen nämlich die Verbundkämpfe, also mehrere Kämpfe hintereinander, ohne die Gebietskarte betreten zu dürfen. Wenn man lange nicht speichert, steht es - trotz und gerade wegen des Autospeicherns - sehr schlecht um den eigenen Spielstand.

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Die Welt von Blackguards schaut fantastisch aus und man kann sich problemlos für Stunden darin verlieren.

Glücklicherweise dürfen Gefechte jederzeit neu gestartet werden, bevor der Kampf endet. Egal wie stark die Mannschaft auftritt, achten wir nicht aktiv auf die Umgebung, ist jede Auseinandersetzung schnell verloren. Andersherum können ebenso aussichtslose Gefechte gewonnen werden. Die Umgebungsinteraktionen bilden die interessanteste Kampfkomponente dieses Strategietitels. Befindet sich ein Charakter an einem vorgegebenen Punkt, darf er einen Mechanismus in Gang setzen. Also Brücken herunterlassen, Giftfallen aktivieren, Barrikaden errichten oder einen riesigen Gorilla einfangen - kein Witz. Eine Leiste in der unteren linken Ecke zeigt uns an, welcher Charakter als nächstes an der Reihe ist und welche Figuren danach folgen. Die Steuerung sorgt noch für massig Frust und erfordert jede Menge Fingerakrobatik. Die kaum zu verändernde Kameraperspektive und die sperrigen Objekte auf der Map nerven ebenso. Am besten spielt sich ein Kampf aus der 2D-Perspektive - ein furchtbar kontraproduktives Konzept.

Die Welt von Blackguards schaut fantastisch aus und man kann sich problemlos für Stunden darin verlieren. Jede Karte ist unterschiedlich modelliert, weshalb es nie langweilig wird. Die Umgebungen zeigen mitunter sehr große Schauplätze mit zahlreichen detailverliebten Gegnern. Alles ist so hübsch - und die Technik fährt das alles in den Sand.

Blackguards Geschichte diskutiert zentrale Fragen von Vertrauen, Freundschaft und Verrat. Eigentlich muss man sich gar nicht über unsere Rolle in dieser Konzeption wundern. Immerhin haben wir doch die schöne Prinzessin ermordet und sind laut Definition böse, oder etwa nicht? Klar eine einfache Schwarz-Weiß-Sicht gibt es natürlich nicht. Aber Blackguards bekommt es irgendwie hin, dass wir glauben wollen, alles sei eindimensional. Häufig bemerken wir durch kleine Schmunzler unsere Naivität und sind dann plötzlich wieder direkt im Geschehen. Ungefähr so lange, bis die nervige Kampfsteuerung uns in die Realität zurückholt.

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