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Warhammer 40,000: Space Marine

Warhammer 40,000: Space Marine

Jetzt bitte mal vorstellen, von unzähligen, wütenden Orks umgeben zu sein. Natürlich wäre es jetzt sehr schön, mit einem Ultrasoldaten der Größe XXXL unterwegs zu sein. Die Rüstung dicker als der Stahl eines deutschen Tiger-Panzers und dazu ein Kettensägen-Schwert, um sie allesamt zu metzeln. Hinterhältige Ork-Scharfschützen schmelzen wir derweil mit dem eigenen Sniper einfach ein. Das runden wir ab mit einer leistungsstarken Grätsche durch flüchtende Feiglinge hindurch, die wir damit in Ork-Hackfleisch verwandeln.

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Glücklicherweise denken sie bei Relic genauso wie gerade vorgestellt. Relic hat gute Erfahrungen mit dem Fantasy-Universum, gesammelt aus der gesamtenWarhammer 40,000: Dawn of War-Reihe. Ein opulentes Ambiente können sie also eigentlich. Als Ultramarine Captain Titus dürfen wir Orks metzeln, während es etwas Wichtiges zu tun gibt. Was genau das Ziel ist, ist mir aber bis jetzt nicht klar. Die Zwischensequenzen machen vage Andeutungen, aber enden immer mit noch mehr angreifenden Orks. Das ist aber okay. Es bringt Spaß, sich nach und nach ein Arsenal zu sammeln, so dass man für jede Situation vorbereitet ist.

Es bringt sogar eine Menge Spaß, aber nur in den ersten Stunden. Das Spiel fühlt sich an wie eine ungeschliffene, schnellere Version von Gears of War, wo alles von den Waffen über die Gegner bis hin zur Tastenbelegung sein bekanntes Gegenstück hat. Schade, dass beim Interpretieren von Epics Meisterwerk vergessen wurde, etwas Abwechslung einzubauen. Denn wenn einem nach fünf Stunden immer noch die gleichen Orks mit den gleichen Waffen entgegen strömen, ist das einfach viel zu eintönig. Anders gesagt: Eiscreme ist total lecker, aber immer nur Vanille essen macht auch nicht glücklich. Mit mehr Abwechslung im Spiel wäre die Wertung sicherlich besser ausgefallen.

Schade eigentlich, dass sie das Deckungssystem nicht übernommen haben. Zunächst funktioniert das Spiel auch ohne Schutz. Aber mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad wird es immer deutlicher, dass es notwendig gewesen wäre, ab und an Mal in der Deckung zu verschwinden. Ein Großteil der Warhammer 40,000: Space Marine-Erfahrung findet aber im Nahkampf statt. Relic ist es gelungen, das nahtlose Umschalten zwischen Schuss- und Schlagwaffen hinzukriegen. Es ist durchaus möglich, mit dem riesigen Krieger filigran durch die Ork-Meute zu tanzen, wie dabei wild zu zerhacken und alles, was dann feige flüchtet, einfach hinterrücks umzunieten.

Warhammer 40,000: Space Marine
Das Spiel kriegt kommenden Monaten einen kostenlosen Downloadinhalt - das Exterminatus-Paket fügt einen Horde-Modus hinzu.
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Diese Teil des Spiels ist der beste und fühlt sich sehr gut an - und man selbst sich wie ein unglaublich mächtiger Ultramarine. So muss es eigentlich sein. Die Orks gehen in rauen Mengen drauf und die vorher auffällig blau schimmernde Rüstung ist am Ende unglaublich blutverschmiert. Es gibt auch eine Aufladefunktion für den Nahkampf, das als umgedrehtes Omega gelb glühende Super-Meter. Das füllt sich durch alle Aktionen im Spiel auf, bei denen Orks draufgehen. Ist die Anzeige voll, aktivieren wir mit ihr für einige Sekunden eine Art Zeitlupe, sind extrem mächtig und stecken noch mehr Schaden ein. Sehr nützlich in hektischen Nahkampfsituationen, die bevorzugt in etwas größeren Arealen warten.

Doch je weiter man sich im Spiel voranmetztelt, umso mehr werden zwei große Mängel sichtbar, die dem Unterhaltungswert einen ziemlichen Dämpfer geben. Eines ist das System, dass Captain Titus mit Lebensenergie versorgt. Dazu muss er nämlich die größeren Orks erst orientierungslos prügeln, bis ein Icon über ihrem Kopf erscheint. Dann kann Titus sie mit einer heftigen Spezialattacke vernichten und kriegt Lebensenergie zurück.

Anfangs ist das alles kein Problem, nur die immer wiederkehrenden Animationen für die Spezialattacke kosten Zeit und auch wieder Lebensenergie, weil die Orks natürlich weiter angreifen. Werden die Feinde zahlreicher und stärker, stirbt man leider häufig inmitten der Animation, um neue Lebensenergie zu bekommen. Das zweite Problem sind die Ork-Scharfschützen. Die nerven schon am Anfang, kriegen dann aber später leider auch Raketen. Und man sieht sie einfach nie.

Warhammer 40,000: Space Marine
Ein paar Sekunden lang in einer Kill-Animation gefangen zu sein, um dabei oder kurz danach selbst zu sterben, dass ist schon ein großes Minus im Gameplay.
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Die überwiegende Mehrheit der Tode in Warhammer 40,000: Space Marine sahen so aus: Ich versuchte tapfer Lebensenergie zurückzugewinnen im Nahkampf, wobei ich aus der Ferne hingerichtet wurde von einem Ork, der nie zu sehen war. Aus und vorbei, immer wieder, ohne Sinn und Verstand. Ein Deckungssystem hätte hier wirklich geholfen und viel Frustration während des Kampfes erspart. Das Ganze ist natürlich fantastisch dumm gemacht. Wenn man innerhalb der Spezialattacken-Animationen wenigstens unsterblich sein würde. Oder sie zumindest irgendwie abbrechen könnte. Oder Relic sie viel kürzer gemacht hätte. Ein paar Sekunden lang in einer Kill-Animation gefangen zu sein, um dabei oder kurz danach selbst zu sterben, dass ist schon ein großes Minus im Gameplay.

Eine andere Sache, die stört, aber bei weitem nicht so nervig ist wie die anderen beiden, ist das System der Waffenlieferungen. Man kann nur rund vier Knarren tragen, aber wenn man eine neue findet, wird eine der drei anderen aus der Auswahl geschmissen. So kann es passieren, das man gerne den Stalker Bolter für Scharfschützeneinsätze behalten wollte, der aber nun weg ist, weil man die andere, neue Waffe aus dem schimmernden Waffen-Pod genommen hat.

Genau diese Art sinnloser Spielelemente kennzeichnen Warhammer 40,000: Space Marine, leider. Man fragt sich manchmal wirklich, wie komisch die bei Relic denken. Das gilt auch für das Leveldesign selbst. Am Anfang landet man immer draußen in der epischen, wenn auch etwas braunen Umgebung. Mit wenigen Ausnahmen verschwindet man schnell im Untergrund, wo nur dunkle, geradlinige Gänge warten. Wer hat das entschieden? Ich will draußen bleiben, im Hellen, mit dem Himmel über mir und dort Relics gelungene Designs genießen. Das gibt es nämlich, eigentlich.

Warhammer 40,000: Space Marine
Das Jetpack darf man leider nur selten benutzen - und draußen ist man auch viel zu selten unterwegs. Hier ist es nämlich hübsch, im Gegensatz zu den öden Arealen im Inneren.

Wie bei jedem anderen Spiel heute würde auch Warhammer 40,000: Space Marine nicht ohne einen Multiplayer komplett sein. Aus unerklärlichen Gründen haben sie bei Relic genau hier alle Mängel des Spiels erkannt und ausgemerzt. Zum Beispiel regeneriert sich die Gesundheit automatisch und menschliche Gegner wirken Wunder für die Abwechslung im Spiel. Es gibt auch einen skandalös gut gemachten Design-Modus, wo man sich einen eigenen Ultramarine bauen darf, was extra nett ist, wenn man auch das Brettspiel besitzt und sieht, wie die Welten verknüpfbar sind.

Aber: Nur zwei Spielmodi sind am Start. In Seize Ground müssen wird Kontrollpunkte einnehmen und halten, während wir in Annihilation ins Team-basierte Deathmatch starten. Beide Modi sind erstaunlich unterhaltsam, obwohl Seize Ground wahrscheinlich derjenige, der mit steigendem Skill-Level (ja, das gibt‘s natürlich auch) mehr Spaß und Finesse bietet. Dadurch ist der Multiplayer mit so wenig Inhalt versehen, dass er am Ende als kleiner Bonus gelten muss und niemanden ernsthaft lange beschäftigen wird.

Relic hat mit Warhammer 40,000: Space Marine ein unterhaltsames Spiel mit coolem Design abgeliefert, was sich aber leider monoton anfühlt und keine wirklichen Features hat. Zumindest keinen eigenen oder neuen - und zusammen mit den Problemen ist das am Ende echt ein Problem.

06 Gamereactor Deutschland
6 / 10
+
Fetter Kämpfer, coole Soundeffekte, amüsante Onlinekämpfe
-
schlimmes Lebensenergie-System, kaum bis keine Abwechslung, kein Wiederspielwert
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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