Am Anfang lebten die Menschen im Einklang mit der Natur und es herrschte Frieden auf der Welt. Doch dann griffen die bösartigen Phantoms an und brachten mit ihrer fortschrittlichen Alien-Technologie Chaos und Verderben über den Planeten. Um den niederträchtigen Phantom-Kommandanten das Handwerk zu legen, ordert der Major die besten Soldaten der Shell City-Army an die Front. Und da wir nun gerade ein riesiger Elefant sind, dürfen wir natürlich auch nicht fehlen. Deshalb schnappen wir uns unsere Ausrüstung, binden das provisorische Rambo-Stirnband um und lassen uns von einem Schwarm Vögel ins Kriegsgebiet fliegen. Schon in der Einleitung heißt es: "Alles wird Sinn machen, wenn du erstmal anfängst." Doch das ist ebenso ein Rechtschreibfehler wie natürlich eine Lüge.
Tembo the Badass Elephant ist ein klassischer Sidescroller vom Pokémon-Entwickler Game Freak. Wir übernehmen darin die Kontrolle über den badassigen Elefanten Tembo, der ganz cool die fiesen Phantoms bekämpft. Dabei nutzen wir die natürlichen Merkmale des Dickhäuters, um etwa Gerümpel mit den spitzen Stoßzähnen zu rammen, Feinde unter unserem Gewicht zu zerquetschen oder Feuer mit Wasser zu löschen. Zu diesen "naturgegebenen" Gameplaymöglichkeiten gesellt sich der Flatterflug, den wir erst kürzlich in Yoshi‘s Woolly World bestaunt haben. Im Gegensatz zum Mario-Reittier steht Tembo mit seinen Flugkünsten jedoch noch am Anfang und schwebt eher schlecht als recht. Dafür hat der Elefant andere Qualitäten und nutzt gemeine Slide-Tritte, Stampfattacken und elegante Rollen.
Tembos Reise führt uns durch individuell gestaltete Areale, die mehrere Level umfassen und jeweils in einem fulminanten Boss-Kampf enden. Wir sichern unter anderem die Straßen und Fabrikkomplexe von Shell City, die Steppen der Greenville Berge und schließlich den Vergnügungspark von Zappoland. Überall sind sammelbare Objekte "versteckt", die unsere Punktzahl beeinflussen. Es gilt zum Beispiel, sämtliche Feinde eines Areals zu vernichten oder die in den Gebieten versteckten Zivilisten zu retten. Haben wir einen befreit, reitet diese Person bis zum Ende des Levels auf Tembos Rücken und wohnt seinen waghalsigen Stunts bei. Erdnüsse sind die auffälligsten und naheliegendsten Collectables. Sie fungieren als Münzpendant und füllen langsam aber stetig ein Glas Erdnussbutter auf. Die Erdnussbutter lässt uns im Falle eines Ablebens vom letzten Checkpoint neu starten und wird notfalls auch vom Major aufgefüllt, sollte Tembos Vorrat zur Neige gehen.
Das offensichtlichste Merkmal von Game Freaks' neuem Spiel ist wahrscheinlich die grafische Inszenierung. Der comicartige Stil, der markante Elefant mit dem Macho-Charme und die fetzigen Spezialeffekte ergeben ein unverwechselbares Gesamterlebnis, das selbst eingefleischte Jump'n'Run-Fans fordern wird. Denn trotz des niedlichen Looks ist Tembo the Badass Elephant stellenweise ziemlich schwierig. Zeitgenaues Timing und eine perfekte Beherrschung der Steuerung sind Pflicht. Eine Prise Glück gehört zu solchen Spielen natürlich auch dazu, weshalb die Elefant-im-Porzellanladen-Masche manchmal eben auch funktioniert. In den meisten Gebieten, vor allem im letzten Teil des Spiels, ist bedachtes Vorgehen aber die bessere Entscheidung.
Neben der ganzen Action und der Zerstörungswut eines Badass-Elefanten warten abseits des Hauptweges kleinere Rätsel auf findige Erkunder. Dort müssen Gegenstände der Abwechslung halber nicht wahllos, sondern in einer bestimmten Reihenfolge zerstört werden. Das ist nicht unfassbar kompliziert, allerdings lassen sich diese Räume nicht zurücksetzen, was bedeutet, dass man sich leicht in eine Sackgasse manövriert. Wer also alle Dinge sammeln möchte, wird wohl oder übel häufiger neustarten müssen. Der Wiederspielwert kam zumindest bei mir deshalb fast ausschließlich durch das akribische Absuchen der Areale zustande und selbst damit war ich mit Tembo the Badass Elephant in weniger als fünf Stunden durch.
Der größte Pluspunkt des Spiels ist zweifellos die hochwertig anmutende Präsentation und der verrückte Style. Doch bevor sich das Spiel startet, gibt es eine Ladepause, in der man locker in den nächsten Porzellanladen rennen könnte, um dort zu randalieren. Insgesamt ist Tembo and the Badass Elephant jedoch ein technisch sauberes Produkt, das ich Freunden von Geschicklichkeitsspielen empfehle. Tembo ist ein stiller Held mit großem Herzen und einer noch größeren Vorliebe für Erdnüsse. Game Freak hat viel Liebe in kleine Details gesteckt, die viele Spieler im Vorbeirauschen bestimmt übersehen werden. Aber wer sich die Zeit nimmt und nicht mit Vollgas durch die Level huscht, der wird am Ende vielleicht sogar verstehen, wieso diese merkwürdige Invasion der Phantoms Sinn ergibt. Ich weiß es leider auch noch nicht, aber interessieren würde mich das schon.