Das grundlegende Setting von Overlord II ist faszinierend schlicht. Ein paar herrenlose Teufelchen lesen einen jungen Zauberer am Stadtrand des Dorfes Nordberg auf. Nach intensiver Recherche und einigen Tests sind die Kobolde derart beeindruckt von dem Jungen, dass sie ihn kidnappen und in den Untergrund zerren. Dort wird er zum neuen Overlord gemacht, zum neuen Herrscher. Als der Winzling ausgewachsen ist, kehrt er in die Oberwelt zurück. Um das böse Königreich zu strafen, dass alle Zauberer verfolgt. Und, klar, auch um die Weltherrschaft an sich zu reißen.
Overlord II kombiniert sehr schlau die besten Eigenschaften von Actionrollenspiel und Echtzeitstrategie. Wir spielen als Overlord, der seine Gegner wahlweise in Scheiben schneiden kann oder sie mit Magie pulverisiert. Unsere wichtigste und vielseitigste Waffen im gesamten Arsenal sind jedoch die gehorsamen Minions, die gremlinartigen Günstlinge können angreifen, folgen oder eine vorher festgelegte Position verteidigen. Außerdem dürfen die Höhlenbewohner mit verschieden großen Waffen ausgestattet werden und bringen auf Befehl wertvolle Beute ins Hauptquartier, tief tief unten in der Erde.
Die Minions sind in mehrere Klassen unterteilt, haben jeweils verschiedene Spezialfähigkeiten. Die braunen Trolle zum Beispiel sind perfekte Nahkämpfer. Alle Minions sammeln im Kampf Erfahrungspunkte und upgraden sich. Die gestandenen Prügelzwerge sind dabei leicht durch ihre schwerere Ausrüstung zu identifizieren. Leider ist das Kontrollieren des charmanten Mobs manchmal ziemlich beschwerlich, besonders dann, wenn gleichzeitig verschiedene Klassen zu befehligen sind. Wir können zwar allen Minions befehlen zu folgen, aber sobald wir unterschiedliche Minions unterschiedlich einsetzen wollen, wird's schnell wurschtelig. Insbesondere deshalb, weil es normalerweise einen beschränkten Zeitrahmen gibt, um die Truppen in Stellung zu bringen. Die Steuerung steigert zudem das Frust-Niveau merklich, denn der rechte Analogstick bewegt sowohl die Kamera als auch die aktuell ausgewählten Truppen.
Trotz dieser Designfehler funktioniert die Gesamtsteuerung im Großen und Ganzen prima, so lange wir einen kühlen Kopf bewahren. Die guten Menschen als Overlord aufs Korn zu nehmen, das ist Humor pur. Bestens ergänzt dadurch, dass sich das Spiel glücklicherweise selbst zu keiner Zeit allzu ernst nimmt. Viele Kleinigkeiten werden Augen zwinkernd kommentiert, die Witze sind aber nie zu hart oder gar zu weit unter der Gürtellinie. Natürlich ist der morbide Humor gerade bei den moralischen Entscheidungen stets präsent. Wenn es denn überhaupt als moralisch gelten darf, wenn wir uns zwischen Böse und Böse-Böse-Böse entscheiden müssen? Was soll man machen? Auf 1000 unschuldige Elfen einprügeln, bis sie Süßigkeiten ausspucken? Oder lieber einigen unschuldigen Seelöwen-Babys das Hirn aussaugen?
Obwohl Overlord II im wesentlichen auf Missionen basiert, haben wir relativ freie Wahl wie das Game gespielt wird. Selbst wenn ein Gebiet bereits besetzt ist, gibt es dort für gewöhnlich noch einige Geheimnisse, die nur mit fortgeschrittenen Minionfähigkeiten zu entschlüsseln sind. Auch die unterirdische Basis darf erforscht werden, dort werden auch neue Waffen zusammengeschweißt. Dieser und anderer Kleinkram hält einen auf angenehme Art und Weise bei der Stange, leider behindern die ellenlangen Ladezeiten das seichte Vergnügen.
Die Rolle des großen, schlechten Overlord zu übernehmen, ist dagegen ein großes Vergnügen auf ganzer Linie, schlicht und einfach. Der gute Gesamteindruck überlagert kleine Fehler. Der kluge Humor spricht eine eindeutige Sprache, alleine der verschafft Overlord II einen Platz in jeder gut sortierten Sammlung. Alle jene, die den ersten Teil intensiv gezockt haben, finden den Nachfolger vermutlich ein bisschen zu ähnlich. Alle anderen sollten dringend mal ein bisschen böse werden...