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Mirror's Edge Catalyst

Mirror's Edge Catalyst

DICE schickt nach acht Jahren erneut die flinke Faith auf die Dächer einer gläsernen Stadt. So echt neue Ideen sind leider nicht sichtbar...

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Faiths legendäre rote Schuhe laufen über glitzernde Dächer aus Glas. Sie duckt sich unter Rohre, springt über Zäune und weicht den KrugSec-Wachen aus, ohne an Geschwindigkeit zu verlieren. Die rauch-rote Linie vor mir zeigt mir einen Weg zu einer roten Tür, aber ich kenne eine Abkürzung. Mit ein paar akrobatischen Tricks spring ich von Pfosten zu Pfosten. Fünf... vier... werde ich es schaffen? Drei, zwei, eins: Ich habe die Ziellinie in Rekordzeit überquert, aber nur mit wenigen Millisekunden. Mein Herz schlägt wie verrückt, als wäre ich wirklich selbst gerannt. Jetzt auf zu neuen Abenteuern! Was kommt jetzt? Oh... genau das Gleiche in einem neuen Zeitrennen...

In Mirror's Edge Catalyst geht es wie schon im Original darum, sich möglichst schnell und geschmeidig durch eine Stadt aus Glas zu bewegen. Geschichte und Kampf sind dabei eher Nebensache. Während der Marketingkampagne hatte DICE noch behauptet, sie wollten eine tiefgängigere und fesselndere Geschichte entwickeln. Sie haben es sicher versucht, aber das hat nicht geklappt. Vieles liegt daran, dass jede Figur ein futuristisches Klischee ist, sogar Faith selbst. Sie ist das leise, unsichere Mädchen, das ihrer Vaterfigur helfen möchte. Der Techniker Plastic ist ein Teenager, der nicht weiß, wie man mit Leuten spricht und mit gesenkten Schultern geht. Durch den Mangel an interessanten Persönlichkeiten verliert man schnell das Interesse. Hinzu kommt noch eine sehr vorhersehbare Geschichte. Es ist also klar das man sich dieses Spiel nicht wegen der Story kaufen wird. Glücklicherweise ist es auch nicht das, was man von Mirror's Edge erwartet.

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Die Steuerung hat sich kaum verändert, das erleichtert den Einstieg - auch für Anfänger.
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Das Game ist vor allem bekannt für seine intuitive Steuerung, das Gefühl von Geschwindigkeit und das Bewegungssystem. All diese Aspekte finden sich auch im Nachfolger wieder. Die Steuerung hat sich kaum verändert, das erleichtert den Einstieg - auch für Anfänger. Vielleicht ist es für Anfänger sogar noch leichter, denn einige der originalen Mechaniken müssen erst noch in einem Fähigkeitenbaum freigeschaltet werden. Sicher sehr schön für alle Anfänger, aber Kenner könnten ein wenig genervt reagieren. Nach dem Sprung keine Rolle machen zu können, fühlt sich seltsam und unnötig an - anderseits ist es auch einer der ersten Moves, die man schnell freischaltet. Kein großes Problem also.

Für die neuen Fähigkeiten muss man Erfahrungspunkte verdienen, die man durch das Aufsammeln von Gegenständen und das Abschließen von Missionen erhält. Danach darf man sich entscheiden, welche Fähigkeit man aus einer der dieser drei Kategorien auswählen möchte: Bewegung, Kampf und Ausrüstung. Vieles hängt aber auch vom Fortschritt in der Geschichte ab. Es ist also offensichtlich, dass Dice uns erst die Basics beibringen will. Leider bringen die freigeschalteten Fähigkeiten nichts wirklich Neues. Irgendwann erhält man einen Enterhaken, der aber nur kontext-sensitiv eingesetzt werden kann und durch diese Einschränkung das Gameplay kaum bereichert.

Er wird nur für den schnellen Aufstieg an festgelegten Punkten eingesetzt - und eine solche Einschränkung gilt auch für die meisten anderen Upgrades. Die einzige wirklich neue Fähigkeit ist der Disruptor, der die Gegner für ein paar Sekunden außer Gefecht setzt. Nach dem Freischalten der Rolle und der Fähigkeit, sich um 90 und 180 Grad zu drehen, sind die weiteren Upgrades kaum weiter aufgefallen. Da diese Fähigkeiten im Vorgänger gleich von Anfang zur Verfügung standen und die Neuen das Gameplay nur wenig beeinflussen, wird man das Gefühl nicht los, das hier das Spiel künstlich in die Länge gezogen werden soll.

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Trial and Error ist immer noch ein wichtiger Teil des Spiels, ob man will oder nicht.

Einer der wenigen Kritikpunkte bezüglich des Bewegungssystems des Originals war das Trial-and-Error-Leveldesign. Um das zu beheben, hat sich DICE entschieden, eine größere und offenere Stadt zu entwerfen. Das zeigt ohne Zweifel auch Wirkung, aber nicht so viel wie erhofft. Denn selbst in dieser größeren Welt bleibt alles ziemlich linear. Fast wie in einem MOBA. Meistens gibt es ein linken, mittleren und einen rechten Weg. Zwischen ihnen zu wechseln, verlangsamt einen - und abhängig von den freigeschalteten Upgrades ist einer immer eindeutig der schnellste. Das bedeutet, das man jedes Mal exakt den gleichen Weg nimmt - dadurch wird die sterile und leblose Stadt schnell langweilig. Die extrem vielen Dinge zum Einsammeln machen es nur noch schlimmer, denn sie sind weder herausfordernd, noch bieten sie interessante Informationen.

Die Geschichte führt uns zu unterschiedlichen, beeindruckenderen Orten. Hier findet man tolle Aussichten und Architektur, aber selten spannendes Gameplay. Die Nebenmission versuchen mit Zeitrennen für Abwechslung zu sorgen, in denen wir nicht verletzt oder gesehen werden dürfen. Unglücklicherweise bleibt der Kern identisch: Renne so schnell wie du kannst. Keine Schleichpassagen, einfach vorbeirennen, bevor ein Balken komplett aufgefüllt ist. Einmal falsch abbiegen, und das war es dann. Trial and Error ist immer noch ein wichtiger Teil des Spiels, ob man will oder nicht.

Der minimalistische Einsatz von Farben und interaktiven Figuren sorgt dafür, dass die Stadt sich wie ein Level in einem Videospiel anfühlt, nicht wie eine echte Stadt. Der Fokus auf weiß und rot machte das Original einzigartig, aber insgesamt war die offene Stadt sehr monoton. Und das bleibt so. Jedes Gebiet sieht gleich aus, mit den gleichen Kisten und der gleichen Architektur in jeder Ecke der Stadt. Das würde weniger auffallen, wenn die anderen Figuren auf den Dächern sich bewegen oder überhaupt auf unsere Anwesenheit reagieren würden. Aber wenn sie keine Mission für uns haben, stehen sie wie Statuen in der Gegend rum.

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Der beste Teil von Mirror's Edge Catalyst sind die Kernmechaniken mit dem Fokus auf den Social-Play-Modus.

Die einzigen interaktiven Charaktere sind die KingSec-Wachen. Wenn man durch die Stadt streift, lassen sie sich einfach vermeiden, aber in den Missionen wird man manchmal mit ihnen konfrontiert. Leider sind die Kämpfe immer noch ein Schwachpunkt. Sie sind dieses Mal einfacher, aber sorgen trotzdem nicht für große Unterhaltung. Auch ohne Ausrüstung hat Faith genug Moves im Angebot und die Gegner sind mit dem Spammen von Ausweichen und Angriff schnell erledigt. DICE will ganz offensichtlich diese Szenarien vermeiden, warum also überhaupt Kämpfe?

Der beste Teil von Mirror's Edge Catalyst sind die Kernmechaniken mit dem Fokus auf den Social-Play-Modus - eine Art erweiterte Version der Zeitrennen, bei dem Spieler Zeitrennen erstellen und teilen können. Nachdem man in einem Gebiet seiner Wahl von A nach B gelaufen ist, lässt sich ein Zeitrennen erstellen, an dem sich dann andere Spieler versuchen dürfen. Dabei entdeckt man neue Gebiete und Möglichkeiten. Eine meiner Strecken diente dazu, die Limitationen des Enterhakens zu erlernen und hatte die Ziellinie in der Luft, nur Zentimeter vom tödlichen Asphalt entfernt. Dieser Modus ist etwas eingeschränkt, da keine eigenen komplett eigenen Level erstellt werden können, aber es macht Spaß, sich mit anderen Spielern zu messen.

Mirror's Edge Catalyst ist die hübschere Version des Originals. Mit wenigen Ausnahmen bleibt aber alles beim Alten. Die Steuerung und die Mechaniken sind immer noch eine Freude und die Suche nach dem schnellsten Weg sorgt für stundenlangen Spaß. Das Erstellen und Teilen eigner Kreationen ist ein schöner Zusatz. Aber leider sind DICE in acht Jahren keine echten Neuerungen eingefallen. Die Story ist dünn und das Gameplay wiederholt sich schnell. In den sterilen und monotonen Umgebungen herum zu sprinten, produziert schnell ein Déjà-vu nach dem nächsten. Um es kurz zu machen: Wenn ihr das Original mochtet und Lust auf mehr habt, wird euch das Spiel mit Sicherheit unterhalten. Wer sich auf neue Umgebungen und Mechaniken gefreut hat, sollte sich seine Entscheidung etwas genauer überlegen.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
Social-Features und neuer Modus sind cool, Steuerung und Spielmechaniken bleiben schön
-
Sterile Spielwelt, Gameplay wird schnell eintönig und langweilig, öde Story
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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