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Last Window: Das Geheimnis von Cape West

Last Window: Das Geheimnis von Cape West

Geschichten erzählen Videospiele schon immer gern - mal mehr, mal weniger. Eine besondere Rolle haben vor allem jenen Spiele, die sie in den Mittelpunkt rücken. Spiele denen es vor allem darum geht, die Spieler über die Handlung zu fesseln. So wie es Heavy Rain auf der PS3 gemacht hat oder Alan Wake auf der Xbox 360. Doch auch für unterwegs gibt es solche Geschichten. Außerordentlich schöne kommen vom Entwickler Cing.

Dabei muss es richtigerweise heißen, sie kamen von Cing. Der Entwickler musste nämlich im März Insolvenz anmelden, hatte offenbar nicht genug Erfolg mit seinen Geschichten, die in Spielen wie Another Code oder Hotel Dusk: Room 215 verewigt sind. Ihre letzte Geschichte ist nun eine Fortsetzung zum Letztgenannten. In Last Window: Das Geheimnis von Cape West will Kyle Hyde endlich die letzten Geheimnisse der Vergangenheit lösen. Wie kam sein Vater vor 25 Jahren ums Leben? Was genau ist damals passiert?

Ort der Handlung ist das Apartment in dem der offiziell als Vertreter tätige 34-Jährige lebt. Hyde war früher im New Yorker Police Department tätig, arbeitet aber inzwischen für Red Crown, die nach außen hin vor allem mit allerlei Handelswaren ihr Geld verdienen. Nebenbei gibt es auch Aufträge ganz besonderer Natur, in der sein Gespür als ehemaliger Cop hilfreich ist. Dass sich die Hinweise zur Lösung des wichtigsten Auftrags seines Lebens direkt von seiner Nase befinden, hätte er sich vermutlich nie träumen lassen. Ausgerechnet jenes Apartmenthaus birgt jedoch viele Geheimnisse, die nun, da der Abriss bevor steht, noch gelüftet werden sollen.

Cing versteht es, diese Detektiv-Geschichte geschickt in ein Spiel zu verpacken. Die Mischung aus Handlung und Interaktion verschwimmen, den obwohl natürlich das Ende bereits geschrieben ist, werden zahlreiche Freiheiten eingeräumt, die das Mittendrin-Gefühl fördern. Schon durch die aufrechte Buchhaltung - wie auch in den anderen Adventures auf dem Nintendo DS üblich - macht Cing deutlich, dass man genauso gut auch einen Roman lesen könnte. Der linke Schirm zeigt in der Regel eine 3D-Welt aus der Sicht des Protagonisten, der rechte und damit berührungssensitive eine Umgebungskarte, über welche die Steuerung erfolgt.

Last Window: Das Geheimnis von Cape West
Kyle Hyde endlich die letzten Geheimnisse der Vergangenheit lösen - auch dieser Hase gehört dazu.

Die Interaktion mit dem Spiel erfolgt, wie für ein Adventure üblich, über den Dialog mit anderen Charakteren oder den Gebrauch von Gegenständen. Die Gespräche bieten meist mehrere Möglichkeiten der Unterhaltung, auch ist es möglich, an bestimmten Stellen nachzuhaken oder alternativ die Antwort abzuwarten. Dass es nur wenige Stellen im Spiel gibt, an denen eine falsche Antwort toleriert wird, ist auf die Gradlinigkeit der Geschichte zurückzuführen. Jeder wird am Ende zum identischen Ergebnis kommen, die Ausflüge abseits der Geschichte sind von marginaler Bedeutung.

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Wirklich störend ist das nicht. Wer auf dem Holzweg ist, bekommt in jedem Fall eine zweite Chance. Und gerade einem Titel, der viel unterwegs in mehreren kleinen Häppchen gespielt wird, täte eine Zerfaserung in mehrere oder gar variable Handlungsstränge nicht gut. Wer Last Window: Das Geheimnis von Cape West spielt, muss sich bewusst sein, dass nicht er bestimmt was passiert, sondern das Spiel den Ablauf mehr oder weniger vorgibt. Das wird auch immer dann deutlich, wenn etwa für das Vorankommen unwichtige Personen in bestimmten Situation nicht im Haus anzutreffen sind.

Wie gewohnt gibt es im Spiel zahlreiche Rätsel, die von den speziellen Eigenschaften des Nintendo DS Gebrauch machen. Gerade die Tüftler wie ich wünschen sich aber mehr davon. Langweilig wird es trotzdem nicht. Der Spannungsbogen ist gut gestrickt und wie mit einem guten Buch hängt man gerade gegen Ende länger am Spiel, als es geplant war. Und immerhin wird es bei der Auflösung am Ende sogar ein wenig ergreifend. Wer dann noch nicht genug vom Spiel hat, kann die Geschichte tatsächlich noch einmal in Buchform nachlesen - das wird nach und nach freigeschaltet und klärt zum Beispiel am Ende auf, was aus den Hausbewohnern geworden ist.

Nicht alle Charaktere in Last Window: Das Geheimnis von Cape West sind gelungen, aber der liebevolle Zeichenstil, mit dem die Charaktere dargestellt werden und die gelungenen Dialoge machen aus dem Spiel ein unterhaltsames. In den vielen Stunden Spielzeit lernt man auch die jazzige Musik lieben und genießt die lebendige Soundkulisse - selbst wenn die Defizite der Plattform hörbar sind. Ein Spiel nicht nur für Kenner des Vorgängers, denn die Geschichte funktioniert unabhängig davon und wenn es Rückblenden gibt, werden die ausreichend erklärt. Und wer weiß, vielleicht hat Cing doch noch irgendwie den späten Erfolg, den sie wirklich verdient haben.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
spannende Geschichte, hübsche Präsentation
-
nur eingeschränkte Freiheit, mehr Rätsel wären nett
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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