Manche Endgegner sind wie Unkraut. Eigentlich hat man sie schon besiegt, aber dann tauchen sie wie aus dem Nichts doch wieder auf. Sie wollen ihren finsteren Plan vollenden, an deren Umsetzung wir sie schon mal gehindert haben. Die lernen aber auch nicht dazu. So ist das zum Beispiel mit Ansem, Herr über die Herzlosen. Der versuchte, die Tür zum Kingdom Hearts zu öffnen und wurde von Sora gestoppt. Nun ist er wieder erstarkt und stiftet mithilfe von Xemnas, dem einstigen Anführer der Organisation XIII, reichlich Unruhe.
Damit Sora und Riku sich den dunklen Mächten entgegenstellen können, müssen sie sich aber zuerst einer Prüfung von Zaubermeister Yen Sid unterziehen. Denn viele von der Dunkelheit befreite Welten sind in einen tiefen Schlaf gefallen und alle dazugehörigen Figuren mit ihnen. Immer wieder müssen auch Sora und Riku sich die Frage stellen, ob sie selbst in einer Traumwelt gefangen und nur Trugbilder ihrer Erinnerungen sind.
Die Geschichte des 3DS-Titels ist komplexer, als es zunächst den Anschein haben mag und verlangt viel Aufmerksamkeit. Bereits in den ersten beiden Spielstunden werden viele alte Erzählstränge des Kingdom Hearts-Universums aufgegriffen. Vorwissen sollte man deshalb definitiv mitbringen. Zwar gibt es für Neueinsteiger auch einige Rückblicke, allerdings nur als Textblöcke und die überfordern in ihrer Kompaktheit schnell.
Wer aber fit ist, startet das Abenteuer an einem nur all zu bekannten Ort: der Stadt Traverse. Schon hier wird klar, dass etwas nicht stimmt. Zwar sind Riku und Sora am selben Ort, doch getrennt voneinander. Und das ist nicht nur räumlich zu verstehen, sondern sie befinden sich in Paralleluniversen. Helfen müssen wir hier aber nicht etwa Disney- oder Final Fantasy-Charakteren, sondern Neku, Beat, Rhyme und auch Joshua - Namen, die Fans von The World Ends with you bekannt sein dürften. Doch natürlich kommen auch Disney-Fans auf ihre Kosten. In den sieben Welten erwarten uns unter anderem der Glöckner von Notre Dame, Die drei Musketiere, Pinocchio und Tron Legacy.
Interessant ist, dass wir Sora und Riku abwechselnd spielen. Getauscht wird entweder manuell oder aber wir lassen eine Zeitanzeige runterlaufen. Das verhindert zum einen, dass wir einen Charakter stärker entwickeln als den anderen, doch wir erhalten auch jedes mal andere Informationen über die Geschichte der Welt, in der wir uns gerade befinden. So warnt Sora Esmeralda im Hof der Wunder vor Frolle, während Riku genau auf diesen trifft, als er Pheobus aus der Armee entlässt.
Nach einem Wechsel setzen wir genau an dem Punkt wieder an, an dem wir die Welt verlassen haben. Da kommt es sogar vor, dass wir uns auf zwei verschiedenen Planeten bewegen und uns auf zwei Geschichten konzentrieren müssen. Nicht selten finden wir uns deshalb nach einem Sturz orientierungslos mitten in einem Gefecht wieder. Frustrierender ist allerdings, dass unsere Zeit auch dann läuft, wenn wir gegen die Bossgegner ran müssen. Ist nach Minuten des mühsamen Kämpfens endlich ein Ende in Sicht, müssen wir den Charakter wechseln, nur um bei der Rückkehr den Bosskampf wieder von vorn zu beginnen.
Gerade die Kämpfe wurden in der Geschichte von Kingdom Hearts wegen ihre Eintönigkeit kritisiert. Und auch in Kingdom Hearts 3D: Dream Drop Distance erwarten uns wieder lange Schlauchlevel, die unterwegs mit vielen auch langatmigen Kämpfen aufwarten. Abwechslung bieten neue Elemente. Um die verwenden zu können, müssen wir uns allerdings erst durch viele, viele Tutorials mühen. Aber es lohnt sich, denn mithilfe des Freien Fluss lassen wir uns an Wänden abprallen und fügen beim Zurückschleudern den Feinden Schaden zu. Oder wir schwingen uns um Laternen und dickere Gegner und teilen so ein paar kräftige Fußtritte aus. Wird das Gefecht etwas hitziger, wissen wir bald nicht mehr, wo der Gegner eigentlich ist. Die Kamera, die wir auch manuell bedienen, kommt dann kaum noch hinterher und unsere einzige Orientierung wird die kleine Karte. Wer es mit der Steuerung bequemer haben möchte, schließt jederzeit das Schiebepad Pro an - leider aber noch nicht an den 3DS XL.
Schrittweise fügen wir Schaden zu, bis auf dem unteren Bildschirm eine rosa leuchtende Markierung erscheint. Aktivieren wir die, kommt es zum Realitätswandel. Wie wir diesen anwenden und wie er sich auf die Gegner auswirkt, ist in jeder Welt überraschend verschieden. In der Stadt Traverse verwenden wir damit unsere Widersacher als Geschosse einer Steinschleuder, schließen sie in Pinocchios Welt in Wasserkugeln ein und nutzen sie als Bomben gegen Albträume. Albträume sind die neuen Gegnertypen in Kingdom Hearts 3D: Dream Drop Distance, denn in die Traumwelten trauen sich die Herzlosen nicht hinein.
Gegen die possierlichen Tierchen müssen wir aber nicht alleine ran, denn in den schlafenden Welten gibt es auch gute Geister, die uns zur Seite stehen. Herbeigerufen werden sie über Rezepte, die wir überall finden. Oder wir werfen einfach selbst ein paar Zutaten zusammen und sehen, was dabei herauskommt. Um die Geister zu trainieren, müssen wir aber nicht ins Gefecht, sondern vertreiben uns die Zeit bei ein paar Minispielen oder verbessern unsere Beziehung zu ihnen durch liebevolles Streicheln. So werden sie eine echte Hilfe. Denn nach einer gewissen Anzahl ausgeführter Attacken im Kampf, lädt sich ein Link-Balken auf, durch den wir mit den witzigen Geschöpfen wie der blauen Wundermieze verschmelzen und mächtige Angriffe ausführen. Die unterscheiden sich je nach Geist und Charakter und bieten dadurch mehr taktische Tiefe.
Wird es doch mal brenzlich, greifen wir auf Zauber oder Heiltränke zurück. Doch von Schnelltasten fehlt jede Spur. Unsere Tränke und Angriffe legen wir in ein X-Menü, das wir mit dem Steuerkreuz während des Kampfes durchblättern. Muss es mal schnell gehen, kostet einen das Suchen nach dem rettenden Heilzauber mit etwas Pech das Leben, denn die Albträume greifen weiter an. Wer nach einigen Frustmomenten nach Zerstreuung sucht, tritt in den Arena-Kämpfen mit drei Geistern in Turnieren an. Dort werden unsere Angriffe durch Karten repräsentiert, die wir geschickt ausspielen, um die Gegner auszuspielen. Das macht richtig viel Spaß und bietet großes Suchtpotenzial. Zuletzt habe ich nur bei Blitzball in Final Fantasy X so viel Zeit in ein Minispiel investiert.
Leider kommt Kingdom Hearts 3D: Dream Drop Distance nicht ohne Recycling aus. An einigen Stellen ist das schlimmer sichtbar als an anderen. So entdecken wir zwar dieselbe Welt zweimal, doch immer auf unterschiedliche Weise. Mit Riku stellen wir uns in der Welt des Glöckners von Notre Dame einem geflügelten Abltraumgegner im Endkampf, der schließlich seine Flügel verliert und zum Boden der Kathedrale fällt. Dort trifft Sora auf ihn und wir stellen uns erneut dem Kampf, der jetzt aber unter anderen Bedingungen stattfindet. Hier stören die Wiederverwendungen nicht ganz so sehr.
Bei den sieben Welten würde man dann aber zumindest erwarten, dass uns keine bekannten Level erwarten. Doch dann betreten wir mit Riku den Wal Monstro aus dem Pinnochio-Universum und treffen auf dessen Schöpfer Geppetto. Das kommt euch irgendwie bekannt vor? Tatsächlich ist die Welt ziemlich genau die gleiche wie im ersten Teil von Kingdom Hearts.
Doch der Charme, der den Kingdom Hearts-Titeln innewohnt, ist auch in Kingdom Hearts 3D: Dream Drop Distance an jeder Ecke spürbar. Das Entdecken der Disney-Welten bringt eine Menge Spaß und zwar viele Stunde lang. Unterbrochen wird das Abenteuer allerdings immer wieder durch lange und teilweise vor allem langatmige Zwischensequenzen, die zumindest durch tolle Grafiken bestechen. Kingdom Hearts 3D: Dream Drop Distance ist dennoch sicherlich eines der besseren Spin-Offs mit vielen frischen Ideen und einem tollen Kampfsystem.