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Infinite Space

Infinite Space

Nude Maker, die Macher vom hervorragenden Nischentitel Steel Battalion, und Platinum Games, bekannt für Bayonetta. Sie stehen hinter dem Weltraum-Taktikshooter-Rollenspiel Infinite Space. Wirklich etwas zusammenreimen kann man sich daraus nicht. Abgesehen davon, dass die beiden ein Gespür für Qualität haben.

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Ist ein Rollenspiel spannend und fesselnd, erzählt es in der Regel eine gute Geschichte und verfügt über glaubwürdige Charaktere. Beides sind zwei ganz essentielle Dinge, über die selbst die schönste Grafik nicht hinwegtäuschen sollte. Meist aber kann trotzdem nur oberflächlich erahnt werden, was sich hinter einem Spiel versteckt. Verrät die Packung beispielsweise etwas, und worum geht es grundsätzlich? Danach steht schon oft ein Urteil fest, ob wir wollen oder nicht.

Infinite Space ist dafür allerdings eher schlecht aufgestellt. Ein Science Fiction-Thema mit riesiger Raumschiffsflotte im Gepäck klingt mehr nach Futter für Hobby-Strategen. Die mittelmäßige Präsentation unterstreicht diesen Eindruck nur noch. Das Infinite Space so viel mehr ist, dass zeigt es nicht gleich. Wer das Spiel entdecken will, wird zunächst auf eine harte Probe gestellt.

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Sparsame Optik mit hübschen Manga-Charakteren im Stil der 80er Jahre.

Es fängt damit an, dass es im Spiel lediglich eine Videosequenz gibt und dieses Anime-Filmchen dient lediglich als Intro-Sequenz. Verzichtet wurden ebenso auf animierte Charaktere. Die Story wird lediglich in Dialogen mit den meist immer gleichen Standbildern der Charaktere erzählt. Das Kampfsystem ist relativ simpel: Raumschiffsflotte agiert gegen Raumschiffsflotte in einem festgesteckten System aus Vor- und Rückwärtsbewegungen, gepaart mit einer beschränkten Zahl an Aktionsmöglichkeiten zum Angriff oder zur Verteidigung.

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Ja, es zieht sich ganz schön hin und die ersten Stunden herrscht hauptsächlich ein Gefühl der Planlosigkeit. Was mache ich hier und warum mache ich das überhaupt? Infinite Space erklärt sich leider kaum selbst. Die kurz angerissene Spielmechanik beispielsweise ist natürlich im Detail viel komplexer. Trotzdem die Kämpfe alle ziemlich gleich daherkommen, spielen sie sich nicht immer gleich. Wer die Tricks und Kniffe lernen will, braucht viel Zeit und vor allem viel Geduld.

Der obere Schirm zeigt im Kampfmodus wahlweise die eigene Flotte oder ein anvisiertes Raumschiff aus der feindlichen Flotte. Außerdem gibt es eine Leiste, die sichtbar macht, in welchem Abstand man sich zum Feind bewegt. Die Waffen haben nämlich nur eine bestimmte Reichweite und je näher man am Gegner dran ist, desto höher ist die Trefferrate.

Bei der Vertiefung strategischer Raffinessen liegt das Hauptaugenmerk ebenfalls auf den eigenen Weltraumdampfern. Mehr als hundert verschiedene Schiffe bietet Infinite Space. Jedes kann noch einmal mit sicher zweihundert Modulen aufgerüstet werden. Zumindest so lange noch Platz für die tetrisförmigen Modulblöcke im Raster des Raumschiffinnenraums ist. Bastlern wird wirklich ein großer Spielplatz zum Austoben geboten.

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Die schlichten 3D-Weltraumschlachten machen den Großteil des Gameplays aus.
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Genauso beeinflusst die Flottencrew das Schiff. Viele Positionen sind zu vergeben, aber auch über hundert Charaktere im Spiel zu finden. Nicht alle wollen einem dienen, ob sie mitmachen, das hängt ganz von individuellen Entscheidungen ab. Aber je weiter das Spiel voranschreitet, umso stärker wächst die Zahl der Möglichkeiten und je mehr muss jeder selbst überlegen, welches Schiff, mit welcher Ausstattung und Mannschaft der eigenen Spielweise am besten entspricht

Neben der Annäherung und dem Entfernen von feindlichen Schiffen stehen drei Hauptmanöver zur Verfügung: Ausweichen, ein normaler und ein starker Angriff. Eine Leiste lädt sich hierfür langsam auf und legt in drei Stufen ein Manöver nach dem anderen frei. Auf dem oberen Schirm ist anhand einer farblichen Umrandung des feindlichen Raumschiffs ebenfalls sichtbar, welche Aktion der Gegner theoretisch ausführen könnte. Es ist sinnvoll, immer einen Blick darauf zu haben, um beispielsweise rechtzeitig ein Ausweichmanöver einzuleiten oder aber anzugreifen.

Die ersten Schlachten spielen sich noch recht träge. Mit der Zeit stehen jedoch sechs weitere Spezialmanöver zur Verfügung und die Flottengröße wächst. Bis zu fünf Schiffe gehören später zum aktiven Flottenverband. Obwohl die Komplexität nur nach und nach wächst, wiegen die schlechten bis fehlenden Erläuterungen für jede neue Funktion schwer. Es gibt zwar ein Hilfemenü, in dem viele Antworten irgendwo vergraben sind, von selbst verrät das Spiel aber quasi nichts.

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Die vielen Raumschiffe bieten noch einmal ebenso viele Anpassungsmöglichkeiten.

Es scheint fast, als wollten die beiden Entwickler Nude Maker und Platinum Games nicht, dass der Titel jedem gefällt. Infinite Space, ein Spiel nur für diejenigen, die es auch wirklich verdient haben. Denn trotz aller Kritik an Spielmechanik und an der schlichten Präsentation besitzt es eine unfassbare Ausstrahlung. Die Geschichte über Yuri, der den Weltraum erkunden will, um das Geheimnis hinter einem alten Artefakt seines Vaters zu lüften, ist trotz alledem großartig erzählt. Auf eine merkwürdige Weise fängt einen das Spiel, wie das auch so mancher Anime oder Manga schafft.

Es sind die glaubwürdigen Charaktere und die gut durchdachte Geschichte, die trotz aller Beschränkungen ein ganz großes Abenteuer auf den Nintendo DS bringen. Infinite Space schafft es, die Faszination am Weltraum auf ein kleines Modul zu quetschen. Dabei widerspricht es so ziemlich allem, was moderne Spiele ausmachen. Rücksetzpunkte sind immer nur der zuletzt von einem selbst gespeicherte Spielstand. Es gibt kein Logbuch oder ähnliches, um nach einer Spielpause zu wissen, was eigentlich gerade getan werden muss. Außerdem gibt es keine Sprachausgabe und das DS-Spiel besitzt keine deutschen Texte.

Infinite Space, das steht fest, besitzt eine Menge Macken. Zumindest aus heutiger Sicht. Früher waren Spiele ja so. Schwierig, kompliziert zu spielen und mit mangelhafter Präsentation. Und auch ein Film im Programmkino ist nicht immer butterweich. Genau damit lässt sich dieser Titel vermutlich noch am ehesten vergleichen. Es ist ein stilles Meisterwerk, dass man lieben oder hassen wird. Wer Animes und Mangas etwas abgewinnt, und auch die Mischung aus Rollenspiel und Strategie mag, muss Infinite Space nur etwas Zeit geben und er wird sich verlieben. Versprochen.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
gut erzählte Geschichte, viele Elemente zur Anpassung, Spielzeit, bockschwer
-
dröge Präsentation, nur wenig Erläuterungen, bockschwer
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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