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Drei Konsolen, zwei Meinungen

Die E3 ist in vollem Gange. Sony, Microsoft und Nintendo haben angesagt, was sie wollen und in der Pipeline haben. Aber wer gewinnt den Konsolenkrieg?

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Christian Gaca, Chefredakteur Gamereactor, meint:

Der Krieg der Konsolen also. Bumm. Sony landet einen Volltreffer, direkt vorne am Bug von Microsoft. 100 Euro günstiger wird die Playstation 4 zu haben sein. Der Preis trifft den Gegner hart und könnte am Ende genau jener Schachzug sein, der den Sieger im Rennen um die Konsumentengunst definiert.

Die Playstation 4 und die Xbox One sehen sich nicht nur äußerlich ähnlich (und sind beide keine Designglanzstücke, wobei die PS4 wenigstens geschickt die PS2 zitiert). Auch ihre reinen Leistungsdaten sprechen je nach Auslegung für ein einigermaßen ausgewogenenes Duell bei Grafik und Gameplayfähigkeiten. Die Xbox One hat mit dem teureren Kinectsensor (hier stecken wohl die 100 Extradollar) sicher das leistungsfähigere Peripheriegerät dabei, aber das ist eben auch Pflicht, wenn wir die Konsole benutzen wollen.

Dieser ganze Zwang, der steht dem Erfolg von Microsoft ohne Zweifel im Weg. Kinect muss angeschlossen sein, damit die Konsole läuft. Die Xbox One muss online sein. Gebrauchtspiele werden bitte nur nach Microsoft- bzw. Dritthersteller-Regeln verkauft. All diese Punkte führten zu reichlich schlechter Presse. Dann noch die Spionage/Datenschutz-Diskussionen, in die Xbox One verzettelt wurde ... der Konsole hilft das nicht.

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Sony macht sich derweil öffentlich über die Fehler lustig und hält sich trotzdem überall fein raus. Gebrauchtsspiele können wir auf der PS4 nutzen, wie wir wollen. Online kann man gehen, muss aber nicht (wobei Sony heimlich, still und leise nun auch Playstation Plus zum verpflichtenden Online-Abo für jene macht, die Multiplayer spielen wollen). Bei aller Freundschaft wirkt es trotzdem arg lächerlich, zum Feature und Alleinstellungsmerkmal zu erheben, was schon immer so war. Nur weil man selbst nicht mitmacht, aus was für ehrenwerten oder kalkulierten Gründen auch immer, sieht es nicht besser aus, wenn man sich mit Selbstverständlichkeiten schmückt.

Die 399 Euro für die PS4 könnten zudem schnell zum Eigentor werden, auch wenn das Kalkül klar ist: So schnell wie möglich eine größtmögliche Menge an Geräten bei den Kunden platzieren, um so im Nachgang viele Spiele verkaufen zu können. Wenn Sony aber zu schnell zu viel Geld verliert, könnte das zum Stolperstein für den ganzen Laden werden. Denn mit der PS4 geht Sony am Konsolen-Pokertisch All-In. Scheitert sie, wird das für Sony insgesamt zur existenziellen Bedrohung. Scheitert die Xbox One, ist das für Microsoft allenfalls ein kurzfristiges Problem und ein Imageverlust. Aber das Image ist bei Microsoft und Xbox dieser Tage ohnehin ramponiert - das kann nur besser werden.

Deutlich sichtbar für alle hat Microsoft bei den Games die Nase vorn auf der E3, jedenfalls in meiner Welt. Und das galt schon in den letzten Jahren immer mehr. Sony braucht exklusive Spielargumente und die sind noch nicht zu sehen. So hat Microsoft zwar Games, aber eine Konsole, die so unbeliebt ist gerade, dass man an deren Erfolg zweifeln darf.

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Außerdem ist das ja noch Nintendo. Die Japaner mit dem Bargeldspeicher eines Dagobert Duck stehen mal wieder etwas abseits, was ihnen aber sicherlich ganz recht ist. Sie haben vermutlich bereits profitable Hardware im Programm mit der Wii U, die technisch nicht auf Augenhöhe aber rein innovativ betrachtet konkurrenzfähig ist. Nun müssen auch hier "nur" noch die Killergames kommen. Mit Super Mario 3D World und Mario Kart 8 ist ein Anfang gemacht. Aber diese Spiele alleine werden die Wii U im direkten Duell gegen Xbox One oder PS4 im Weihnachtsgeschäft nicht abheben lassen. Dazu müssen neben einem neuen Zelda auch neue, ganz eigene Spielkonzepte für das neue Konsolenkonzept her.

Der Ausgang des Konsolenkriegs ist offen, vielleicht offen wie nie. Es wird sicher auch eine Rolle spielen, wie gut sie alle ihre anderen und alten Konsolen unterstützen und verkaufen. Ich drücke allen die Daumen, denn ich liebe Nintendo, Microsoft und Sony - wenn auch ich natürlich meinen ganz privaten Favoriten habe.

Martin Eiser, Redakteur Gamereactor, meint:

Natürlich entscheidet sich das Konsolenrennen nicht innerhalb von wenigen Tagen. Was aber in den letzten 24 Stunden passiert ist, lässt sich eigentlich kaum in Worte fassen. Nachdem Microsoft in den letzten Wochen sehr unter der Diskussion über die fragwürdigen Nutzerrechte gelitten hat, sollte die E3 den Wendepunkt markieren. Der Hersteller wollte zeigen, dass seine Konsole mehr kann als nur Fernsehen. Und tatsächlich gelang ihnen dann das Kunststück und sie lieferten eine fabelhafte Pressekonferenz ab. Die gesamte Show bestand nur aus Games und kein einziges davon war ein lächerlicher Titel für Kinect oder wurde übertrieben lange präsentiert, um einen Publisher milde zu stimmen. Microsoft machte tatsächlich Lust auf die neue Konsolengeneration und ließ vergessen, warum wir eigentlich zuletzt so aufgebracht waren.

Drei Konsolen, zwei Meinungen

Sony wiederum hatte sich bisher noch nicht aus der Deckung gewagt, wie die Playstation 4 aufgestellt werden sollte. Wir wusste ja noch nicht einmal, wie die Konsole überhaupt aussieht. Hatten die Japaner vielleicht die Klappe einfach nur zu weit aufgerissen? Mit gemischten Gefühlen startete ich also in meine Nachtschicht mit Sony. Die erste Stunde der Pressekonferenz war ein Desaster. Erst sprach man ein bisschen zu viel über die Playstation 3 - zeigte sogar noch einmal The Last of Us, obwohl das bereits am Freitag in den Handel kommt.

Dann wachten alle kurz auf, weil das finale Design der Konsole präsentiert wurde - der Idee hinter der Xbox One ganz ähnlich - nur, um kurz danach wieder wegzudösen. Die Pressekonferenz wollte einfach keine Fahrt aufnehmen und verlor sich in wirren Videos und hohlen Aussagen. Als Final Fantasy XV angekündigt wurde, hat das niemand kapiert und als daraufhin minutenlang Szenen aus Assassin's Creed IV: Black Flag und Watch Dogs folgten, nickte die Menge endgültig ein.

Tatsächlich sah es so aus, als würde diese Runde an Microsoft gehen. Nach eineinhalb Stunden Pressekonferenz hat Sony noch keinen echten Grund abliefern können, warum wir uns im Herbst für die Playstation 4 entscheiden sollten. Doch auf einmal wendete sich das Blatt. Es folgte die Ankündigung, dass gebrauchte Spiele unterstützt werden und die Konsole ohne Onlinepflicht auskommt. Und 15 Minuten später folgte der Kampfreis von 399 Euro. Microsoft war deklassiert und die eigentlich sehr öde Veranstaltung von Sony vergessen.

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Dass wir weiterhin auf eine Rettung für die Playstation Vita warten und Sony ganz nebenbei fallen ließ, dass Multiplayer-Partien in Zukunft kostenpflichtig sind: Geschenkt! Microsoft konnte nicht ausräumen, dass das geplante Geschäftsmodell die Rechte der Käufer beschneidet und Sony grätscht genau dort hinein. Der Konter über den Preis brachte dann den endgültigen Knockout.

Nun hatte natürlich Nintendo noch die Gelegenheit, beiden eins auszuwischen. Der Hersteller hat den zeitlichen Vorsprung auf seiner Seite. Und auch wenn es in den letzten Monaten nicht so gut lief, ist der Kampf keinesfalls verloren. Der Verzicht auf eine große Pressekonferenz musste nichts schlechtes sein. Auch eine Nintendo Direct hat das Potential zu überraschen. Leider aber hat Nintendo jede Chance dafür vertan. Zwar kündigte der Hersteller mit Super Mario 3D World und Donkey Kong Country: Tropical Freeze gleich zwei Spiele an, die noch in diesem Jahr erscheinen sollen, aber dafür gab man auch bekannt, dass Mario Kart 8 und Super Smash Bros. erst im kommenden Jahr erscheinen. Wii Fit U und Wii Party U wurden ebenfalls verschoben und Bayonetta 2 kommt auch erst 2014. Ganz abgesehen davon, dass wir weiterhin auf etwas wirklich Neues warten - etwas, das uns von der Wii U überzeugt und nicht nur mit beliebten Maskottchen blendet.

Natürlich entscheidet sich das Konsolenrennen nicht innerhalb von wenigen Tagen. Es gibt noch so viele Faktoren, die sich auf Erfolg und Misserfolg auswirken können. Trotzdem ist jeder Meilenstein wichtig und die E3 ein ganz wesentlicher Beitrag dafür. Und aus dieser Warte heraus betrachtet, geht die Runde an Sony. Und auch im Herbst auf der Gamescom wird es vermutlich die Playstation 4 sein, die glänzt. Für Sony ist die deutsche Messe eine Art Heimspiel. Will Microsoft den Trend jetzt noch umdrehen, müssten sie sich schon mächtig ins Zeug legen. Gewinner diesess Wettbewerbs sind übrigens immer wir Gamer. Die drei Hersteller sind angespornt, uns die überzeugendsten Konzepte und die besten Spiele abzuliefern - und wir können dann entspannt entscheiden.



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