Jeder hat ja seinen eigenen Herrschaftsstil. Ich persönlich bin kein besonders aggressiver Spieler. Mir geht es in Civilization V um größtmöglichen kulturellen Reichtum und Wohlstand. Dafür ist allerdings manchmal auch Krieg nötig, um beides langfristig zu sichern. Es mag wie eine heuchlerische Ausrede klingen, wenn der schwächere Nachbarstaat dem Erdboden gleichgemacht wird, nur weil man selbst glaubt, mit dem Fleckchen Land besseres anstellen zu können. Aber das ist der Lauf der Dinge, wenn die Landmasse ansonsten bereits dicht besiedelt ist, andere Staaten an uns vorbeizuziehen drohen und wir auf kurz oder lang beide untergehen würden.
Mit Civilzation V hat sich der Krieg deutlich gewandelt. Auseinandersetzungen, bei denen durch die schiere Überzahl an Einheiten eine Stadt nach der anderen erobert wurde, sind weniger geworden. Städte haben von Haus aus eine stärkere Verteidigung und pro Wabe ist nur noch eine kriegerische Einheit möglich. Belagerungen fühlen sich damit auch wie welche an und die Bandbreite unterschiedlicher Truppen wird viel besser ausgeschöpft. Um die Verteidungskette des Gegners zu umgehen, muss erst nach einem Schwachpunkt gesucht werden. Masse ist nicht mehr einfach nur Klasse.
Nun geht es mir wiederum vor allem darum, meine Zivilisation möglichst modern und fortschrittlich aufzubauen. Ich spiele übrigens leidenschaftlich gern mit den Ägyptern, weil diese einen Bonus auf den Bau von Weltwundern haben. Dabei geht es mir nicht einmal um den jeweiligen Bonus, die ein solches Gebäude mit sich bringt, sondern vor allem um die Sammelleidenschaft. Eine Anhäufung von Wahrzeichen spiegelt auch die kulturelle Vielfalt wider. Und mit Hilfe von technologischem Vorsprung und einer fokusierten, starken Wirtschaft lässt sich dieses Ziel auch wunderbar verfolgen. In dieses Konzept bereits integriert sind Stadtstaaten, die uns als starke Partner manchmal viel nützlicher sind, als würden wir mühselig gegen sie kämpfen.
Das alles hat noch nichts mit Civilization V: Gods & Kings zu tun, aber ist nötig, um die Änderungen zu verstehen. Es handelt sich nämlich hierbei um eine Erweiterungen, die das Spielen von Anfang bis Ende grunsätzlich beeinflusst. Das beginnt schon bei den neun weiteren Völkern, die Firaxis zur Verfügung stellt. Österreicher verfügen über die Möglichkeit, diplomatisch zu heiraten. Damit lassen sich Stadtstaaten ohne kriegerische Aktivitäten annektieren und die Macht vergrößern. Die Verteidigung der Äthopier steigt um ein Fünftel, wenn der Angreifer über mehr Städte verfügt. Das macht die Nation zu einem harten Brocken im Kampf. Die Kartharger können als einziges Volk über große Berge hinwegziehen, wo andere diese umständlich umgehen müssen. Schweden dürfen über den Nobelpreis den Einfluss auf Stadtstaaten leichter vergrößern.
Und dann gibt es natürlich auch Nationen, die von der nun integrierten Religion profitieren. Byzantiner können einen zusätzlichen Bonus für ihre Religion festlegen. Kelter wiederum erhalten für Waldgebiete ohne Ausbau stärkeren Glauben. Der wiederum ist nötig, um die eigene Religion zu verbreiten und den Einfluss in der Welt zu erhöhen. Durch den Glauben lassen sich Gebäude wie Kathedralen errichten, die für mehr Glück in der Bevölkerung sorgen. Gegen Glauben tauschen wir aber auch Missionare ein, um mehr Schäfchen von uns zu überzeugen.
Eine Religion ist ein bisschen wie ein Baukasten. Wir wählen Symbol, Name und dann die für uns damit verbundenen Annehmlichkeiten. Mehr Kultur, Wissenschaft, Produktion und so weiter - je verbreiteter die Religion ist, desto größer wird der daraus gezogene Nutzen. Und je stärker eine Religion in einem Gebiet ist, desto mehr religiösen Druck übt sie auf andere, umliegende Städte aus. Und damit erklärt sich natürlich auch die politische Dimension. Da war es Askia Mohammad I vom Königreich Songhai etwa ein Dorn im Auge, dass mein Prophet seine Städte konvertierte. So hatte ich schnell einen Krieg angezeltet, den ich eigentlich zu diesem Zeitpunkt gar nicht wollte.
Aber ich hätte natürlich gewarnt sein können. Die spanische Herrscherin - isoliert durch ihre ungewöhnliche geografische Lage und im Grunde auch nur ein Stadtstaat - warnte mich bereits, dass ich mich mit meiner schwachen Armee nicht wundern müsste, irgendwann zum Ziel einen Angriffs zu werden.
Als ich dann noch wagemutig auf Missionierungsfeldzug gehe, folgt eins dem anderen. Daher spielen Religionen im späteren Verlauf einer Partie auch eine eher untergeordnete Rolle. Einen ungewollten Krieg zu riskieren, weil wir Gläubige für uns gewinnen wollen, passiert einfach seltener. Manche Nation ordnet die selbst initierte Religion manchmal auch einfach unter, wenn sie merkt, dass eine andere ohnehin bereits zu stark geworden ist.
Mir allerdings mit meiner Spielweise fiel etwas ganz anderes vor die Füße: die Spionage. Ich konnte gar nicht glauben, was da auf einem auf dem Bildschirm aufpoppte. Die Perser stahlen Technologie und das aus meiner Hauptstadt. Eine Dreistigkeit. Mit Mühe hab ich meine Nation darauf ausgerichtet, rasch einen technologischen Vorsprung zu erringen und das zu Lasten meiner militärischen Stärke - und nun kommt dieser Darius einfach daher und stiehlt mir das? Selbst nachdem ich einen Gegenspion und verteidigende Maßnahmen durch den Bau entsprechender Gebäude unternommen habe, war ich nicht hunderprozentig sicher vor Spionen.
Mir bereitet es noch immer Kopfzerbrechen, wie ich damit umgehen soll. Wenn ich jedem den Krieg erklären würde, der einen solchen Vorstoß unternimmt, hätte ich bald die ganze Welt gegen mich aufgebracht. Lasse ich alles durchgehen, hilft mir das natürlich auch herzlich wenig, bei meinem Problem. Und weil ich den anderen Nationen so weit voraus bin, kann ich sie nicht einmal mit ihren eigenen Waffen schlagen - dort gibt es nämlich nichts zu holen. Meine Spione informieren mich nur über gegnerische Züge, ich erhalte Einblick in die Situation einer Stadt und kann Stimmungswahlen in Stadtstaaten zu meinen Gunsten beeinflussen.
Ein Mittel allerdings habe ich für mich entdeckt. Das öffentliche Denunzieren halte ich für überbewertet, aber die direkte Ansprache eines Herrschers - mit dem Wissen aus Spionage - das ist recht amüsant. Bereitet eine Nationen einen Feldzug gegen eine andere vor, können Spione dies herausfinden und ich petze das dann gleich mal direkt weiter.
Während wir also Zwietracht säen, halten wir uns gleichzeitig ein wenig Stress vom Leib. Diese Entdeckung macht am deutlichsten, was der große Vorteil dieser Erweiterung ist und warum ich gar nicht mehr darauf verzichten will. Die Diplomatie spielt eine größere Rolle, weil es viel mehr Reibungspunkte gibt. Und es ist inzwischen nahezu unmöglich, in allen Bereichen eine führende Rolle einzunehmen. Ohne Spezialisierung gewinnt niemand mehr echte Vorteile.
Wer übrigens noch immer versucht, Stadtstaaten zu ignorieren, dem wird das in Civilization V: Gods & Kings noch schwerer fallen. Die religiösen Städte, die als Bonus Glauben schenken, finde ich nicht einmal so spannend. Aber es gibt nun Handelsstädte, die Luxusgüter liefern und damit unsere Bevölkerung glücklich machen. Wer viele verbündete Stadtstaaten auf der ganzen Welt hat, kann im Krieg mit anderen Nationen Trümpfe ausspielen. Als sich etwa drei Nationen gegen mich verbünden, haben sie auf einen Schlag auch zehn Stadtstaaten gegen sich aufgebracht, die direkt dort liegen, wo es weh tut. Fabelhaft.
Version 2.0 - die Formulierung passt am besten. Die Kritik an Civilization V hat vielleicht nicht jeder geteilt, aber sie war nachvollziehbar. Wer den Vorgänger viel gespielt hatte und die Religionen lieb gewonnen hatte, der konnte einfach nicht verstehen, warum Firaxis darauf verzichtet hat. Mit Civilization V: Gods & Kings ist alles wieder da und das Thema Diplomatie erlebt einen ganz neuen Höhepunkt.
Es sind wunderbare Momente, die nachvollziebar sind und Spaß machen. Mit einem breiten Grinsen ertappt man sich, wenn ein Herrscher demütig vorspricht, weil er unsere Stärke respektiert. Wir werden zornig, wenn man uns verhöhnt. Einher mit diesen Neuerungen geht eine der wichtigsten Eigenschaften von Civilization V: Nur noch eine Runde, wir werden es noch mehr lieben und noch mehr hassen. Aber so einen ungeplanten Sonnenaufgang zu beobachten, das hat ja auch etwas Schönes.