Deutsch
Gamereactor
Kritiken
Asura's Wrath

Asura's Wrath

Über einen Mangel an absurden Spielen muss sich derzeit niemand beklagen. Vergangenen Monat haben wir die Menschheit mit Monogamie und Blöckchen-Puzzleien in Catherine gerettet. Und diesen Monat? Da gibt‘s eine große Geschichte von Göttern, Halbgöttern, Verrat und Wut, die als riesiges Quicktime-Event-Fest wahrhaft epische Schlachten mit Endbossen so groß wie Planeten liefert. Asura‘s Wrath soll unsere Augen schmelzen lassen in einer japanischen Videospiel-Orgie. Wobei Videospiel nicht so ganz stimmt.

HQ

Denn eigentlich müsste es wohl Videoanguck heißen, weil diese Geschichte, die wir mit großen Augen viele Stunden bestaunen, am Ende eher so etwas ist wie ein japanisches Dragon's Lair. Man muss viel gucken, darf aber nur vergleichsweise wenig spielen. Und wenn man spielt, ist vieles ein reines Knöpfedrücken, das sich manchmal Gameplay-Elemente eines God of War oder Bayonetta leiht. Ein bisschen hauen, ein bisschen schießen - dazwischen immer wieder Quicktime-Events, die die Analogsticks rotieren lassen und gutes Timing erfordern.

Asura's Wrath startet mit einer irren Sequenz im Weltall, wo wir zwischen einem Bataillon Weltraumschlachtkreuzer und Planeten-Parasiten hindurchfliegen. Es wummst und kracht und splittert. Das ist alles so fett inszeniert, eine Aneinanderreihung cineastischer Meisterleistungen, allerdings meist mit einfachen Buttonkommandos gesteuert. Die kleinen Momente der direkten Gameplay-Kontrolle inmitten der langen, aber schönen Zwischensequenzen muss man schon fast verzweifelt herbeisehnen. Es gibt auch noch: episodische Pausen, Teaser-Trailer oder durch Artworks illustrierte Übergänge.

Die Überraschung ist aber, dass man quasi jede Sekunde davon eindeutig liebt. Allerdings nur dann, wenn man einer dieser Typen ist, denen bei japanischem Game-Design und Quicktime die Geek-Säfte überkochen. Bei denen ist dann seismische Aktivität außerhalb der Richter-Skala messbar.

Asura's Wrath
Sechs Arme gegen eine Bombe, die man mit einem Tastendruck dem Absender wieder zurück schickt.
Werbung:

Die Geschichte des Halbgottes Asura erzählt von Wut über einen Verrat unter Brüdern. Wir lernen, dass Asura im Kern des Planeten versenkt wird, nur um Hunderte von Jahren später wieder aufzuerstehen und in einer Welt anzukommen, die a.) etwas besser als vorher ist und b.) von Ex-Freunden bevölkert ist, die sich selbst zu Gottheiten ernannt haben und c.) unser eigenes, ziemlich mächtiges Kind gekidnappt haben und als kontinuierliche Dosis Energiedrink benutzen. Irgendwie selbstverständlich, dass man da wütend ist.

Jeder der Kämpfe basiert nach dem ersten Wahnsinnsauftritt im Weltall auf dem gleichen Prinzip: Die Feinde verkloppen, bis die Wut-Anzeige gefüllt ist und dann den ganzen Ärger der letzten 278 Jahre entladen in einem mächtigen Finisher. Das funktioniert entweder über die Quicktime-Momente oder manchmal auch in einer Kombination aus Action-Gameplay und Knöpfedrücken. Technik ist kaum wirklich gefragt, eher Timing und Finger-Workout.

Wenn man sich in den Kämpfen befindet, die man aktiver steuern kann, wird schnell klar, dass die Kamerasteuerung nur suboptimal gelöst ist. Vor allem in Kombinationen des Anvisierens von Gegnern und des Schießens gerät man schnell durcheinander. Angesichts der Schnelligkeit der eigenen Angriffe wird quasi jeder Anflug von strategischen Überlegungen im Keim erstickt. Man ist viel zu sehr mit dem Button-Mashing beschäftigt. Und eine Atempause kriegt man in den selbst spielbaren Passagen dann auch eher nicht gewährt.

Asura's Wrath
Schön ist das Spiel dann, wenn sich Quicktime und freies Spiel zu einem Shooter auf Schienen entwickeln.
Werbung:

Schön ist das Spiel dann, wenn sich Quicktime und freies Spiel zu einem Shooter auf Schienen entwickeln. Dann zeigt Asura's Wrath echte Shoot'em up-Qualitäten. Die reichweitenstarken Schüsse des Helden und der Lock-on-Mechanismus machen aus dem Spiel nun eher ein Rez als einen knallharten Brawler. Es ist ein bisschen so, wie auch Bayonetta einen unverschämten Flirt mit Space Harrier hatte.

Das Problem mit Asura's Wrath ist, dass es eben für eine gehörige Portion seiner Konsumdauer kein wirkliches Spiel ist. Es ist nur kurz ein Action-Adventure, nur manchmal ein Action-Brawler oder eben gelegentlich ein Rails-Shooter. Die meiste Zeit aber ist es ein interaktiver Manga, dessen episodische Struktur zudem logische Probleme hat. Die Story um die Götter, Halbgötter und ihren Gegner ist teilweise so durcheinander erzählt, dass man Gut und Böse nicht mehr sauber auseinander halten kann.

Das Übermaß an Quicktime-Events wird zudem irgendwann einfach zur Qual. Klar, da ist dieser unbestreitbare Nervenkitzel, das einfaches Tastenhämmern eine Galaxie erschüttert und Monsterwürmer zertrümmert, die aus Planeten herausbrechen oder glühende Mammuts einfach zerplatzen lässt. Aber es ist einfach zu gleichförmig, als das es einen wirklich dauerhaft mitreißt. Anders gesagt: Man will einfach mehr mitmachen und weniger zuschauen.

Ist es einmal durchgespielt, wird man es nicht wirklich noch einmal spielen wollen, obwohl unterschiedliche Zwischensequenzen warten, die die Story anders beleuchten. Es ist komisch mit Asura's Wrath. Es ist ein cooles Videospiel, das leider in einem progressiven Art-House-Film gefangen ist. Es ist aber auch Popcorn-Unterhaltung, wie sie nur ein Videospiel liefern kann. Denn das Zeug, das auf dem Bildschirm passiert, könnte kein Filmfonds finanzieren. Es ist einfach zu fett.

HQ
07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
verrückte Bosskämpfe, episches Erlebnis, tolle Story
-
Zu viel Quicktime-Event, verwirrte Erzählstruktur, zu wenig Videospiel
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

Ähnliche Texte

0
Asura's Wrath

Asura's Wrath

VORSCHAU. Von Christian Gaca

Ein Spiel über Hass, Wut, Zorn und Rache. Klingt gut. Wird einigermaßen verrückt. Und man muss viel und schnell Knöpfe drücken.



Lädt nächsten Inhalt