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Ace Attorney Investigations: Miles Edgeworth

Ace Attorney Investigations: Miles Edgeworth

Phoenix Wright ist Vergangenheit, seine Spielserie nicht. Es gibt einen neuen Teil, in dem sein alter Feind MIles Edgeworth die Hauptrolle spielt. In Capcoms Detektiv-Spiel wird wie üblich viel geschnüffelt, untersucht und vor allem: geredet.

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14. März, 1.16 Uhr, ein Büro der Staatsanwaltschaft. Zwei Schatten stehen sich in dem finsteren Zimmer gegenüber. Nur das fade Mondlicht hellt den Raum soweit auf, dass die zwei Personen auszumachen sind. "Aber wozu so weit gehen", fragt der eine Schatten. "Ich sage es dir noch ein Mal: Ein Schuldiger ist alles was zählt", sagt der andere, richtet den Revolver auf sein Gegenüber und drückt ab. Und fügt dann, eher zu sich selbst sprechend hinzu: "Ich bin ein Wunderkind unter den Staatsanwälten."

Das könnte ein prima Intro für eine Tatort-Folge sein. In diesem Fall ist es der Beginn von Ace Attorney Investigations: Miles Edgeworth, dem mittlerweile fünften Teil aus Capcoms Krimi-Reihe. Wie der Titel verrät, schlüpfen wir in diesem Teil in die Rolle von Star-Staatsanwalt Miles Edgeworth, den Freunde der Reihe bereits als Konkurrenten des trotteligen Verteidigers Phoenix Wright kennen. Für alle, ihn nicht kennen: Edgeworth, etwa Mitte 30, ist der Prototyp des perfekten Staatsanwalts. Elegant gekleidet, ein Gesicht wie gemeißelt, hochnäsig, scharfsinnig, redegewandt und praktisch nicht aus der Ruhe zu bringen. Ein wirklich liebenswertes Arschloch.

Unterstützt wird Edgeworth von dem etwas minderbemittelten Polizisten Dick Gumshoe, der ihm bei seinen Ermittlungen zur Seite steht. Die folgen meistens dem gleichen Muster: Es gibt einen Tatort und wir müssen alles, was verdächtig erscheint, unter die Lupe nehmen. Das geht am besten, indem wir einfach mit dem Stylus antippen, was wir untersuchen möchten. Die entdeckten Informationen werden in Edgeworths Organizer gesammelt. Neu in diesem Teil der Serie ist das Logik-Feature, mit dem wir Indizien miteinander verknüpfen können, um zu neuen Schlussfolgerungen zu gelangen.

Neu an Ace Attorney Investigations: Miles Edgeworth ist auch, dass wir uns an den Tatorten frei bewegen dürfen und uns nicht mehr durch starre Bilder klicken müssen. Rein optisch ähnelt das Spiel damit einem klassischen Point'n'Click und ist allein dadurch schon etwas hübscher anzusehen. Der Rest des Spiels ist, verglichen mit den Vorgängern, prinzipiell identisch geblieben. Gefundenen Beweismittel werden untersucht, Beteiligte und Verdächtige verhört und wir versuchen, durch ständiges Nachhaken immer neue Informationen aus ihnen heraus zu quetschen.

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Ace Attorney Investigations: Miles EdgeworthAce Attorney Investigations: Miles Edgeworth
Gerichtssaal war gestern: Verhört wird nun direkt am Tatort.

Einziger Unterschied hier: Austragungsort der Kreuzverhöre sind keine Gerichtssääle mehr, sondern die Tatorte selbst. Haben wir die Befragten endlich so weit, dass sie sich in Widersprüchen verstricken, können wir sie mit den gesammelten Beweisen konfrontieren und sie so zu einer erneuerten Aussage zwingen. Letztlich wird sich jemand geschlagen geben müssen und sich als Täter offenbaren.

Mittels Stylus oder Richtungstasten kann die gesamte Aussage einer Person Satz für Satz durchgeblättert werden. Darin den gesuchten Widerspruch zu finden, gestaltet sich phasenweise sehr knifflig. Denn es muss nicht nur die falsche Teilaussage gefunden werden, sondern auch das dazugehörige Beweisstück, welches die Lüge entlarvt.

Wer meint, an kniffligeren Stellen einfach drauflos raten zu können, bis jede Kombination durchprobiert wurde, wird schnell enttäuscht. Ein Balken, ähnlich einer Lebensenergieanzeige, begrenzt die verfügbaren Versuche. Liegen wir falsch, wird etwas vom Balken abgezogen. Ein Einspruch in die Aussage des Gegenübers muss also gut überlegt sein.

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Hier lauert eines der größten Probleme von Ace Attorney Investigations: Miles Edgeworth. Manchmal ist es einfach nicht klar, wo es hin möchte. Meistens strotzt die ganze Szenerie nur so vor Widersprüchen, sodass wir dem Befragten am liebsten den ganzen Inhalt des Organizers um die Ohren hauen möchten. Lösungswege gibt es jedoch nicht mehrere. Ist die Lösung des Rätsels gefunden, folgt meist ein langer, von eintönigem Gedudel begleiteter Dialog, in dem sich der Verdächtige entweder unter großem Gezeter offenbart oder sich mit haarsträubenden Ausreden aus der Geschichte herausreden will.

Ace Attorney Investigations: Miles EdgeworthAce Attorney Investigations: Miles Edgeworth
Die Möglichkeit, sich frei zu Bewegen, ist eine schöne Neuerung.

Apropos Reden: Die Dialoge des Spiels machen zwar den Charakter und den Humor des Spiels aus und mögen auch wichtig für die Handlung sein, sie sind aber teilweise einfach zu langatmig. Es macht schlichtweg keinen Spaß, lange an eines Rätsels Lösung zu knobeln, um dann auf dem Höhepunkt der Gefühle mit nicht enden wollendem Gequatsche bestraft zu werden. Das ging teilweise soweit, dass ich handgestoppte vier Minuten die A-Taste triggern musste, bis es endlich weiterging. Vielleicht ist das auch einfach kein Videospiel mehr, sondern eher eine etwas verkorkste Form des interaktiven Erzählens.

Dass uns der wahre Täter schon bekannt ist, macht die Ermittlung für uns allerdings nur unangenehmer. Was bei der Krimi-Serie Columbo super funktionierte, weil der Zuschauer sich fragte, wie das scheinbar perfekte Verbrechen aufgedeckt werden kann, wirkt hier eher lächerlich, da sich der Schuldige von Beginn an nur windet wie ein Wurm.

Vielleicht stelle ich mich hier aber auch etwas zu erwachsen an und gehe ich in dieser Hinsicht mit dem Spiel zu hart ins Gericht. Schließlich ist die Präsentation gewollt etwas kindlicher gehalten. Es muss zum Schluss noch gesagt werden, dass die großen Kritikpunkte an Ace Attorney Investigations: Miles Edgeworth schon bei den älteren Teilen der Reihe galten. Wer also an den früheren Episoden seinen Spaß hatte, der wird auch jetzt nicht enttäuscht werden.

06 Gamereactor Deutschland
6 / 10
+
Bewegungsfreiheit an den Tatorten, nettes Logik-Feature
-
Schier endlose Dialoge, starre Lösungswege
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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