Kreative Freiheit in Videospielen ist immer auch ein bisschen heikel. Manche Spieler denken, dass mehr Freiheit auch mehr Auswahlmöglichkeiten bedeutet, was ja tendenziell gut wäre, aber das ist eben schwer umzusetzen, ohne die Spieler zu überfordern oder zu frustrieren. Genau das war eines der Probleme von The Escapists aus dem Jahr 2015 und daher hat der feine Titel nicht jeden Geschmack getroffen. Der Nachfolger will die Grenzen des Gefängnisses noch weiter ausdehnen, ob das gut geht?
Der Titel verrät eigentlich bereits, worum es in The Escapists geht: Wir spielen einen Gefangenen, der aus einem Gefängnis ausbrechen will. Gespielt wird aus der Vogelperspektive in Echtzeit, aber wie brechen wir aus? Das ist tatsächlich die Frage, denn wir müssen experimentieren und selbst herausfinden, wie wir entkommen können und wollen. The Escapists 2 will die Dinge ein wenig erleichtern und es war Team 17s Absicht, das wenig verzeihende Gameplay noch etwas nutzerfreundlicher zu gestalten.
Im Nachfolger hat sich am stärksten das Herstellen von Gegenständen verändert. Früher ging das nur durch Experimente, mittlerweile gibt es ein praktisches Crafting-Menü, das uns zeigt, wie wir an die praktische Schaufel gelangen, mit der wir uns in die Freiheit buddeln. Das System könnte etwas zugänglicher gestaltet sein, aber es erleichtert die Arbeit schon stark und zeigt was wir benötigen, um mit der Welt zu interagieren.
Das Gefängnisleben wird zudem durch ein überarbeitetes Interface erleichtert. Wenn wir um einen Gefallen gebeten werden können wir die gesamte Questlinie durchspielen, ohne einmal in den entsprechenden Menüpunkt nach weiteren Hinweisen suchen zu müssen. Die entsprechenden Orte werden auf der Minikarte angezeigt und dadurch wird es leicht, alle Formalitäten zu klären. Auch wenn alles zugänglicher gestaltet wurde, einfach wird es dadurch noch lange nicht. Das Spiel gibt uns fünf Minuten und erklärt Grundlagen, wie das Graben und das Klettern; danach werden wir ins kalte Wasser gestoßen. Der Umgang mit den unterschiedlichen Werkzeugen, die uns zur Verfügung stehen, ist natürlicher geworden, aber der Gefängnisausbruch selbst bleibt eine echte Herausforderung.
Man kann nur schwer über The Escapists 2 sprechen ohne einige Ausbruchsmethoden preiszugeben. Denn Dinge herzustellen, mit denen wir graben, Kabel durchtrennen oder in Lüftungsschächte kriechen können, bilden nur das Grundgerüst, das uns die nötige Freiheit für den tatsächlichen Ausbruch verschafft. Die etlichen Möglichkeiten sind so viel komplexer als das: Wir können falsche Zäune bauen, Schlüssel abformen und nachbilden oder Enterhaken basteln. Man wird stets ermutigt neue Dinge auszuprobieren, aber man muss sich damit nicht herumschlagen, wenn man das alles nicht möchte.
Schließlich befinden wir uns in einem Gefängnis und es gibt Dinge, die quasi von uns erwartet werden. Man kann nicht von Sonnenaufgang bis zur Dämmerung an seiner Flucht planen. Wir haben unseren Gefängnisjob, es gibt Mahlzeiten, Körperpflege und ein Fitnessprogramm. Fehlen wir an diesen Terminen steigt das Sicherheitslevel. Außerdem sollten wir uns nicht mit allzu vielen Gefängnisinsassen oder Wärtern anlegen - sonst machen sie uns das Leben schwer.
Das gilt nicht für alle Gefängnisse (die Level), denn jedes Gebiet ist anders. In Centre Perks 2.0 oder Rattlesnake Spring müssen wir zu unterschiedlichen Zeiten aufstehen und in Cougar Creek Railroad läuft sowieso alles komplett anders. In diesem sehr kreativen Level, das zu den neuen beweglichen Arealen gehört (siehe Trailer), dürfen wir die Zelle überhaupt nicht verlassen und werden erschossen, falls wir dabei erwischt werden. Natürlich müssen wir den Kerker trotzdem verlassen, denn es ist eben eine Herausforderung nicht entdeckt zu werden und sich während der Planung unseres Ausbruchs nicht frei innerhalb des Gefängnisses bewegen zu können.
Die größte Veränderung von The Escapists 2 ist aber die Optik. Ja, der erste Teil hatte diesen Pixelstil, aber mittlerweile sind ein paar Pixel hinzugekommen. Es sieht immer noch niedlich aus, aber es ist einfach detailreicher, künstlerischer und bunter. Die Atmosphäre ist großartig - von den unterschiedlichen Gefangenen bis zu den amüsanten Gefängnissen. Eine echte Verbesserung gegenüber dem ersten Teil. Trotzdem ist es kein Spiel für jedermann. Niemand hält unsere Hand oder sagt wohin wir gehen sollen. Die Mouldy Toof Studios haben dafür gesorgt, dass die Werkzeuge und Optionen die zur Verfügung stehen offensichtlicher werden, aber es liegt an uns, diese richtig einzusetzen. Das alles verwässert keineswegs die Herausforderung und die ist wirklich groß.