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The Dark Pictures: Little Hope

The Dark Pictures: Little Hope

Dieser außercurriculare Filmeabend bringt euch das Thema Hexenverfolgung im Spätmittelalter auf unangenehme Art und Weise nahe.

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Der zweite Teil der „The Dark Pictures" genannten Horrorspielsammlung von Supermassive Games, den Entwicklern von Until Dawn, beschäftigt sich mit dem Thema Hexenprozesse in einem verschlafenen, kleinen Örtchen namens Little Hope. Nach Man of Medan hatte das Team einiges an Arbeit vor sich, denn die Rezeption des ersten Projekts fiel bei den Spielern und der Presse sehr kritisch aus. Revolutionär anders ist dieses zweite Kapitel nicht, dafür sind allgemeine Verbesserungen eingeführt worden, die ein insgesamt angenehmeres Spielerlebnis zutage fördern.

Little Hope folgt dem Grundkonzept von Man of Medan, denn narrativ schreitet das Horrorspiel parallel auf verschiedenen Ebenen voran. Die vordergründige Geschichte folgt einer College-Truppe, die auf dem Weg zu einem Studienausflug in einen Busunfall verwickelt wird. Die angeschlagene Gruppe sucht nach dem ersten Schrecken in einem nahegelegenen Ort nach Hilfe, doch ein mysteriöser Nebel funkt ihnen dazwischen. Fortan werden die Studenten und ihr Professor zu verschiedenen Orten geführt, an denen sie durch Rückblenden einen Blick in die grausige Vergangenheit dieses Ortes erhalten.

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In Little Hope laufen wir mit verschiedenen Figuren von einer Videosequenz zur Nächsten. Unterwegs gibt es keine Puzzle, nur ein paar blitzende Sammelobjekte.
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Wie sich die einzelnen Figuren in jeder Situation verhalten, bestimmt auf vielfältige Art und Weise über den Ausgang des Abenteuers ab. Eure getroffenen Entscheidungen können lange Schatten werfen und man erkennt das Ausmaß der eigenen Aktionen meist erst spät. Diese beiden Ebenen gehen Hand in Hand, während ein Erzähler - der sogenannte Kurator - nach jedem Akt ein kleines Resümee zieht und dabei unsere getroffenen Entscheidungen kommentiert. Diese allwissende Figur ist ein bestechendes Stilmittel, das bereits im Vorgängerspiel Verwendung fand und in erster Linie dazu dient, die Gedanken der Spieler zu zerstreuen. Ob man diese Meta-Ebene braucht, ist letztlich natürlich Geschmackssache, sie verleiht der Erzählung aber auch das gewisse Etwas.

Beim Gameplay lassen sich im Vergleich zum Vorgänger einige Verbesserungen ausmachen, die von den Fans sicher gut aufgenommen werden. Wenn wir die Umgebung in der freien Erkundung nach Interaktionsmöglichkeiten absuchen, dann sehen wir nun beispielsweise, welche Aktionen uns in der Story voranschreiten lassen. Das gibt neugierigen Spielern zu verstehen, dass sie später, nachdem sie sich in Ruhe umgeschaut haben, hierher zurückkehren müssen. Meist sind die Gebiete nur spärlich beleuchtet, doch wichtige Objekte werden mit einem blinkenden Icon gekennzeichnet.

Auch Quick-Time-Events kündigen sich neuerdings mit einem entsprechenden Symbol an. Nach einiger Eingewöhnung sollte das theoretisch verhindern, dass Spieler aus Versehen eine Fehleingabe tätigen, was eine beliebige Sequenz sofort unwiderruflich fehlschlagen lassen würde. Da virtuelle Menschenleben auf dem Spiel stehen, ist diese Entscheidung zweifellos zu begrüßen, auch weil das Spiel sehr schnell in die Fail States übergeht. Habt ihr eine falsche Entscheidung getroffen, müsst ihr damit leben oder alternativ das aktuelle Kapitel von vorne beginnen.

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Was dieser Gruppe aus sehr unterschiedlichen Charakteren zustößt und wie die einzelnen Mitglieder auf die Schrecken dieses Ortes reagieren, wird im bekannten Stil des Studios eingefangen.

Technisch gesehen wirkt Little Hope insgesamt überzeugend. Atmosphärische Lichtblicke ergeben im Zusammenspiel mit dichten Nebelschwaden einige starke Momente, obwohl die einprägsamsten Szenen deutlich von besseren Horrorfantasien inspiriert wurden. Weniger gut, da immersionsbrechend, sind kurze Ladezeiten, die beim Szenenwechsel in den späteren Teilen des Spiels sporadisch auftreten können, während das System mit Hintergrundberechnungen beschäftigt ist.

Die englische Sprachausgabe war generell sehr überzeugend, an der deutschen Synchronisation hatte ich hingegen weniger Freude. Es traten einige Probleme auf, zum Beispiel war die Tonspur unvollständig oder setzte manchmal aus. Laut Bandai Namco dürften diese verbleibenden Unebenheiten mit dem Installieren des Day-1-Patches ausgebessert werden, aber das kann ich hier und jetzt nicht bestätigen.

Unter den Darstellern finden wir mitunter Will Poulter, der die Rolle des jungen Studenten Andrew übernimmt. Little Hope gelingt es häufig, den markant verdutzten Gesichtsausdruck des Schauspielers einzufangen, doch wenn das Licht nicht perfekt sitzt, dann schwirrt die Präsentation - übrigens nicht nur bei ihm - schnell in Richtung Uncanny Valley ab. Insgesamt hatte ich manchmal das Problem, die übertriebene Gestik der Figuren nicht richtig deuten zu können. Dieser Eindruck wird möglicherweise durch die fragmentierten Kameraaufnahmen zusätzlich verstärkt.

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Die fünf Figuren müssen das Ende dieser Reise nicht erleben, die Story kann auch ohne Überlebende enden.

Unglaublich gruselig empfand ich Little Hope nicht, aber natürlich gibt es einige wirksame Schreckmomente. Erneut verlässt sich Supermassive Games in erster Linie auf Jumpscares, die gerne in Verbindung mit Flashbacks einhergehen und sich daher im Verlauf des Matches abnutzen. Angespannt heruntergekommene Gebäude zu durchsuchen oder durch den finsteren Wald zu schleichen, das werdet ihr in diesem Spiel jedenfalls häufiger machen. Gegen Ende wird die atmosphärische Gruselstimmung zunehmend gegen stumpfe Verfolgungsjagden und Actionszenen eingetauscht, die schnell ins Lächerliche abdriften.

Little Hope könnt ihr allein oder mit mehreren Freunden zusammen erleben. Es gibt einen Online-Modus, in dem ihr die Verantwortung an einen anderen Spieler abtretet, während ihr offline in der "Movie Night" einfach den Controller an eure Mitspieler weiterreicht, sobald jemand anderes an der Reihe ist. Dabei übernimmt jeder eine oder mehrere Figuren und das Spiel pausiert immer kurz, sobald die Kontrolle abgegeben wird. Die Spieldauer von fünf bis sechs Stunden eignet sich gut für ein paar entspannte Filmabende mit Freunden.

Aufgrund der hohen Entscheidungsvielfalt profitiert The Dark Pictures: Little Hope davon, mehrmals gespielt zu werden. Der Verlauf der Geschichte verändert sich allerdings nicht allzu dramatisch, falls euch unterwegs Figuren wegsterben oder ihr euch anders entscheidet. Es geht also vor allem darum, die Akteure besser kennenzulernen und mehr Hintergrundinfos zu erhalten. Die bekannten Fallstricke dieser Form von Narrative Adventure umgeht Supermassive Games mit Little Hope also nicht, doch die Produktionswerte stimmen und die Horroratmosphäre wird solide eingefangen. Um in Gruselstimmung zu kommen, gibt es sicherlich bessere Titel, doch das bestechende Verkaufsargument ist für mich ohnehin die Idee, zusammen mit Freunden einen Filmeabend zu genießen.

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Besonders amüsant ist der Playthrough übrigens dann, wenn ihr euch schlichtweg weigert, Eingaben zu tätigen.
07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
sieht meistens sehr schick aus, fantastischer Originalton, angenehmerer Spielfluss, Wiederspielbarkeit.
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Monster mit hohem Trash-Faktor, kleinere Ladezeiten durchbrechen Film-Immersion, relativ uninspirierte Schockfaktoren. Die Geschichte ist nicht so schlau, wie sie glaubt.
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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