Deutsch
Gamereactor
Kritiken
Stellaris

Stellaris

Paradox greift nach den Sternen, verändert die etablierte Erfolgsformel und ebnet sich damit einen Weg in die Strategiezukunft.

HQ

Stellaris von Paradox nimmt die ganze Erfahrung eines Klassenbesten in seinem Genre und transferiert die erfolgreiche Echtzeitstrategieformel in ein Science-Fiction-Setting - und das Ergebnisse ist fast außergewöhnlich. Allerdings „nur" fast. Stellaris ist zweifellos ein sehr gutes Spiel. Es ist eine Menge los und die Handlung entfaltet sich in einem gleichmäßigen Tempo. Wir müssen viele interessante Entscheidungen treffen und es fühlt sich frisch an trotz einiger auffälliger Ähnlichkeiten mit vorherigen Paradox-Games. Allerdings fühlt sich das Spiel manchmal ein wenig leer an und dies zeigt sich an einigen unnötig ruhigen Momenten.

Paradox unterstützt seine Strategiespiele brillant. Die lange Liste geplanter Erweiterungen bedeutet, dass die Spiele immer weiter verfeinert werden, manchmal auch neu definiert, mit neuen Mechanismen und Funktionen sowohl durch bezahlte als auch kostenlose DLC. Beides verbessert sie Spielerfahrung im Laufe der Zeit. Ich habe wenig Zweifel daran, dass Stellaris für einem Klassiker wachsen wird. Aber die Wahrheit ist auch, dass zur Veröffentlichung einige der Systeme nicht so tiefgehend sind wie sie hätte sein können. Dennoch: Man sollte sich das unbedingt holen, wenn man auf sowas steht. Aber Stellaris wird nach den Downloadinhalten viel besser sein, verbessert sich allerdings von einem hohen Niveau.

HQ
StellarisStellaris
Die verschiedenen Fraktionen sind alle einzigartig und spielen sich deutlich unterschiedlich.
Werbung:

Rein äußerlich betrachtet ist das hier das am besten zugänglichste Paradox-Strategiespiel aller Zeiten. Und es ist auch eines der schönsten. Die Benutzeroberfläche ist nicht immer so intuitiv, wie es im Idealfall sein könnte. Aber alles ist immer noch einfach verständlich. Aber Kenntnisse über die alten Games des Studios geben einem natürlich einen massiven Vorsprung dabei, die Grundlagen in den Griff zu bekommen. Aber man braucht kein Wirtschaftsstudium, um den Einstieg ins Spiel zu überleben. Ein hilfreicher Assistent erklärt die wichtigsten Punkte. Es gibt sogar ein Wiki, dass direkt mit dem Menü verbunden ist. Insgesamt eine erstaunlich reibungslose Einführung.

Der Anfang des Spiels ist aus einer Reihe von Gründen interessant. Die verschiedenen Fraktionen sind alle einzigartig und spielen sich deutlich unterschiedlich. Um das Beste aus der gewählten Option zu machen, muss man das Rollenspiel nutzen und die individuellen Stärken ausbauen. Ein Beispiel: Ich spielte als alienfeindliche, nach innen gerichtete menschliche Fraktion, die nicht gut mit anderen Rassen interagiert. Diplomatische Nettigkeiten waren eine Seltenheit, auch weil es Strafen dafür gibt, wenn man zu nett ist. Andere Fraktionen sind geselliger oder noch aggressiver, vielleicht auch eher intellektuell getrieben. In jedem Fall bleibt uns die Wahl, sehr frei zu wählen, welche Art von Spiel man erleben will. Stellaris ist wesentlich fokussierter als Crusader Kings oder Europa Universalis. Mit den anfänglichen Entscheidungen wird nicht nur früh die Spieltaktik diktiert, diese hallt in der gesamten Kampagne nach. Man kann sogar eine komplett eigene Fraktion aufbauen, die Größe der Galaxie optimieren und die Anzahl der Gegner definieren.

Die erste Schritte beinhalten die Erkundung der Umgebung und das Festsetzen im heimischen System. Wissenschaftsraumschiffe huschen herum und scannen das Umfeld nach bewohnbaren Planeten und Ressourcen. Dann folgen Konstruktionsschiffe, um Stationen verschiedener Art zu bauen, die einem ein stetiges Rinnsal Einkommen bringen. Wissenschaftler arbeiten derweil an verschiedene Projekten. Statt einen Fähigkeitenbaum freizuspielen werden nach Abschluss eines Projekts drei Wege zufällig angeboten - zunächst jedenfalls, auch hier kann man seine Chancen verbessern natürlich. Das erfordert einige interessante Entscheidungen, schränkt aber die Möglichkeiten etwas ein, die eigene Zivilisation exakt in die gewünschte Richtung zu konzentrieren. Aber es hält auch das Spiel dauerhaft interessant, weil man nie wissen kann, was man wann genau erforschen darf.

HQ
Werbung:
StellarisStellaris
Es gibt tödliche Überraschungen, die wir ausrotten müssen und mehr oder weniger freundliche Nachbarn in allen Formen und Größen.

Die Ressourcenverwaltung ist unkompliziert. Es gibt drei wichtige Eckpfeiler (Energie, Mineralien und Einfluss), dazu dürfen wir die Wissenschaft eher in Richtung Physik, Gesellschaft oder Technik ausrichten. Wir identifizieren eine Ressource auf einem Planeten und müssen dann die entsprechende Station einrichten, um sie zu extrahieren. Der andere Weg zu Reichtum kommt über die Planeten. Der Heimatplanet und alle später kolonisierten besteht aus einer bestimmten Anzahl von Feldern, die sich im Laufe der Zeit zunehmend bevölkern. Waren müssen nicht umgeschlagen werden oder Vernetzungen dafür erstellt werden, die Dinge funktionieren einfach. Es ist ein schlichtes und effektives System, wobei das Verbessern der eigenen Spielwelt eine sanfte und angenehme Aufgabe ist.

Sobald man eine bestimmte Anzahl von kolonisierten Planeten besitzt, gilt es damit zu beginnen, ganze Sektoren abzuschotten. Danach sind diese Sektoren ein selbstverwaltetes Gebiet, dem wir Gouverneure zuweisen können, die sanft ihre gesamte Entwicklung steuern. Natürlich können wir Planeten mit spezifischen Erlassen in bestimmte Richtungen drängen, damit sie sich auf eine bestimmte Weise entwickeln. Die wichtigste Änderung ist, dass wir nun nicht mehr einzelne Felder verwalten, sondern alles automatisiert ist. Das verschlankt das Spielerlebnis, während sich das eigene Reich auf die Spielkarte ausweitet.

Die Fraktionen haben unterschiedliche Möglichkeiten, mit Lichtgeschwindigkeit zu reisen - und diese verschiedenen Methoden der Reise haben Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wir die Umgebung erkunden. Die Hauptaufgabe ist es an dieser Stelle, den eigenen Einfluss zu erweitern und so viel wie möglich von der Karte in den eigenen Farbe einzutauchen. Allerdings ist die Karte ja eine ganze Galaxie voller Sterne und Systeme, die erforscht und genutzt werden müssen. Es gibt tödliche Überraschungen, die wir ausrotten müssen und mehr oder weniger freundliche Nachbarn in allen Formen und Größen. Trotzdem dürfte in Zukunft noch einiges an Inhalten hinzugefügt werden.

HQ
StellarisStellaris
Ein Bereich, der etwas schwieriger zu durchdringen ist als der Rest des Spiels, ist der Bau eines Raumschiffs.

Es gibt viele interessante Entscheidungen zu treffen. Was soll man tun, wenn man über eine Spezies aus den Zeiten vor dem Reisen mit Lichtgeschwindigkeit stolpert? Ich bin total Xcom-Amok gelaufen gegen eine Rasse von Maschinenzeitalter-Aliens, als ich sie entdeckt habe. Aber es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Szenario zu spielen. Es gibt gefallene Königreiche, die wie zusammengerollte Schlangen auf der Karte warten, nur um sekundenschnell ihre tödlichen Zähne in einem zu versenken, sollte man der Grenze zu nahe kommen. Später gibt es zufällige Krisen, die als Game-Changer in die Waagschale geworfen werden. In meinem Fall wurde die gesamte Galaxie von einer mächtigen Spezies aus einer anderen Galaxie angegriffen. Nach der Attacke waren die Karten neu gemischt...

Ein Bereich, der etwas schwieriger zu durchdringen ist als der Rest des Spiels, ist der Bau eines Raumschiffs. Wir können voreingestellte Schiffe bauen und sie in eine Flotte eingliedern. Oder wir entwerfen ein eigenes Design mit der Technologie, die durch Forschung freigeschaltet wird. Es dauerte eine Weile, sich mit der Art und Weise zu versöhnen, wie das alles funktioniert. Aber für diejenigen, die gerne basteln, stehen viele Optionen zur Verfügung. Sobald man die eigene Raumstation verbessert, lassen sich auch leistungsfähigere Schiffe bauen. Die schicken wir natürlich in die Schlacht gegen die gegnerischen Flotten (und einen bewaffneten Weltraumtintenfisch).

Das Kämpfen ist gradlinig umgesetzt. Man kann mit Modifikatoren durch verbesserte Waffen und Forschung die Stärke der Schilde und Waffe sowie deren Feuerrate beeinflussen. Aber ist erst einmal alles automatisiert, entscheidet „nur" die jeweilige Stärke einer Flotte darüber, ob eine Schlacht gewonnen wird oder nicht. Alles spielt sich allerdings in Echtzeit aus, noch so eine eine Abkehr von vergangenen Paradox-Spielen. Wir dürfen also nicht nur Zahlen beobachten, sondern echte Weltraumschlachten. Wenn man eine Schlacht gewinnt und zur Welt des Feindes runterfliegt, muss man vor der Landung der eigenen Armee noch die Planetenabwehr ausschalten. Alles fein gemacht - und es gibt wie bei Paradox üblich einen kompletten Score für den Krieg.

HQ
StellarisStellaris
Wer Paradox-Spiele mag, sollte ohnehin unbedingt reinschauen. Es lohnt sich auch ein Blick für all jene, die 4X im Weltall mögen.

Es gibt einen Multiplayer, der uns die Möglichkeit bietet, eine galaktische Karte nach eigener Präferenz einzurichten und dort um die Herrschaft zu kämpfen. Aber Paradox-Spiele sind berüchtigt für ihre lange Spielzeit, und so kann man im Multiplayer nicht mal eben ein paar Stunden ein Match zocken, sondern muss eine Gruppe von Gleichgesinnten finden und sich regelmäßig in geplante Sessions treffen. Der Host speichert dabei den Fortschritt der Partie. Das ist ein durchaus nettes System, das die Community zu schätzen weiß.

Die Hauptkritik an Stellaris ist eigentlich nur, dass das noch deutlich mehr kommen müsste. Verhandlungen und Handel müssen differenzierter sein, es gibt aktuell weder Religion noch Spionage. Wir erwarten mehr Szenarien und Zufallsevents gegen Spielende, um erneute Durchgänge interessant zu machen. Da ist einfach dieses leichte Ungleichgewicht zwischen Erregung und Routine, und es gibt ein oder zwei unnötige Flauten in jeder Spielrunde. Das klingt negativer als es tatsächlich ist, weil Stellaris in jedem Fall ein feines Spiel mit viel Charme ist. Wer Paradox-Spiele mag, sollte ohnehin unbedingt reinschauen. Es lohnt sich auch ein Blick für all jene, die 4X im Weltall mögen.

Wir können nicht erwarten zu sehen, wohin sich das Spiel in den kommenden Monaten und Jahren weiter entwickelt. Es ist bereits ein sehr gutes Spiel, aber es dürfte noch brillanter werden. Vielleicht ist es nicht der große Klassiker, aber Stellaris liefert eine starke Basis, auf der Paradox aufbauen wird.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
alte Paradox-Werte gut ins neue Setting übertragen, zugänglich und spaßig, macht süchtig, Fraktionen mit viel Persönlichkeit
-
braucht noch mehr Inhalte, manchmal etwas langatmig
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

Ähnliche Texte

0
StellarisScore

Stellaris

KRITIK. Von Mike Holmes

Paradox greift nach den Sternen, verändert die etablierte Erfolgsformel und ebnet sich damit einen Weg in die Strategiezukunft.



Lädt nächsten Inhalt