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Spider-Man

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Sony und Insomniac Games wollen Spider-Man mit ihrem neuem Spiel auf der PS4 cool und gekonnt zum Leben erwecken. Wir haben zwei intensive Stunden mit Spidey verbracht.

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Wir haben uns also in Berlin selbst einen Eindruck vom neuen Abenteuer der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft verschafft und die ersten beiden Stunden des PS4-Exklusivtitels Spider-Man gezockt. In Vorbereitung darauf habe ich meinen alten Nintendo Gamecube rausgekramt und mal wieder Spider-Man 2 angeworfen - noch immer eines der besten Lizenzspiele, die eine Filmvorlage je hervorbrachte. Ein verwöhnter Spieler kann heutzutage sicher nur über viele der uralt erscheinenden Eigenheiten lachen. Doch das Game ist meine persönliche Referenz, wenn es um Peter Parker geht.

Das neue Spider-Man erzählt eine Coming-of-Age-Geschichte, ein Abenteuer über das Erwachsenwerden. Inspiriert ist die Handlung Creative Director Bryan Intihar zufolge lose von der TV-Serie "Der ultimative Spider-Man". Wir bekommen es also mit einem erfahrenen Charakter so Anfang bis Mitte 20 zu tun. Im Spiel wird sich dieser Ansatz zum Beispiel in Spideys Entwicklung widerspiegeln. Denn unser Held muss lernen, anderen zu vertrauen und seine Freunde um Hilfe zu bitten. Auf der anderen Seite steht die Figur Peter, die nicht länger für ihr Alter Ego einstecken und auf der Strecke bleiben kann. Dieser innere Konflikt soll weite Teile der Story bestimmen, denn dem jungen Erwachsenen soll ebenso viel Platz eingeräumt werden wie der Person im rot-blauen Anzug. Sagt jedenfalls der Studiochef.

Peter sucht nach Vorbildern, zu denen er aufschauen und von denen er lernen darf. In seinen Missionen kümmern wir uns um die Menschen und um ganz normale Probleme. In einer spielbaren Labor-Sequenz haben wir super simple Minispiele gelöst. Später besuchten wir unsere Tante May, die in einem Wohltätigkeitsheim Obdachlosen Essen serviert. Die Beziehung mit Mary Jane fällt natürlich ebenfalls ins Gewicht, denn sie wird ein weiterer, spielbarer Charakter sein. In einem ihrer frühen Abschnitte erlebten wir durch MJs Augen einen kurzen Flashback in einem abgegrenzten Areal. Da gab es Stealth-Gameplay und Detektivarbeit zu sehen.

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Spider-Man selbst spielt sich noch genauso, wie ich es von damals kenne. Wir vermöbeln böse Jungs, weichen mit unserem Spinnensinn akuten Gefahren aus und helfen dem NYPD mit unseren speziellen Fähigkeiten bei der Verbrechensbekämpfung. Der Kampf orientiert sich stark an den Arkham-Spielen, im Guten wie im Schlechten. Die Kombos sind herrlich flüssig und gewinnen mit wachsender Kraft und neuen Gadgets an Komplexität. Ein früher Bosskampf war auch ohne überzeichnetes Interface charmant und schön inszeniert.

Verschiedene Gegnerklassen fordern uns zur kreativen Nutzung der Umgebung auf. Selbst überlegtes Vorgehen wird in den dafür vorgesehenen Missionen belohnt: In einem Museum durften wir auf keinen Fall Aufsehen erregen und mussten dafür Wachen im Verborgenen ausschalten. Obwohl diese Mission aufgrund sehr linear verlief, ist Insomniacs Vision und Inspirationsgrundlage überaus deutlich und zumindest bislang sauber umgesetzt.

Wer mit dem Netzhänger durch Manhattan schwingt, trifft auf eine farbenfrohe Kulisse. Insomniacs New York ist in acht Distrikte eingeteilt, die sich optisch und spielerisch voneinander unterscheiden sollen. Die Session war allerdings viel zu kurz, um dieses Versprechen eingehend überprüfen zu können. Marvel-Fans werden einige nette Überraschungen vorfinden, denn unter den New Yorker Wahrzeichen finden Liebhaber auch Eigenheiten aus den Comicvorlagen wie zum Beispiel den Stark-Tower aus Iron Man.

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Mit R2 schwingt sich Spidey von allein durch die Stadt, wir geben dabei im Grunde nur die Bewegungsrichtung vor. Doch da diese Art der Fortbewegung viel zu langsam ist und der Vorlage in Sachen Akrobatik keinesfalls gerecht wird, gibt es etliche Möglichkeiten, damit die Sache im wahrsten Sinne des Wortes an Fahrt aufnimmt. Wenn wir uns in Häuserschluchten hinabstürzen, nehmen wir das Tempo durch den freien Fall mit in den nächsten Schwung und gewinnen dadurch an Höhe. Weite Distanzen überwinden wir hingegen mit Zugkraft oder indem sich Spider-Man von beweglichen Objekten abstößt. Sehr schön anzusehen sind die Animationen beim Start: Wenn Spider-Man vom Boden abhebt, zieht er sich mehrere Male am initialen Faden nach oben, bevor die Höhe genügt und er den nächsten Schwung einleitet. Fans werden diese Kleinigkeiten schätzen, denn dadurch wirkt die Bewegung unglaublich lebendig.

Viele Aktivitäten werden mit voranschreitendem Story-Verlauf freigeschaltet, das wird dem einen oder der anderen Spielerin an die offenen Welten von Ubisoft erinnern. Spider-Man wird nach ein paar Missionen etwa dazu aufgefordert, spezielle High-Tech-Überwachungstürme neu zu synchronisieren, um aktive Verbrechen und die dazugehörigen Kartenbereiche in der Nähe aufzudecken. Mit einem Klick auf den rechten Stick lassen sich anschließend sämtliche Missions- und Sammelgegenstände auf dem HUD darstellen. Ebenfalls an den Fortschritt der Geschichte gekoppelt sind neue Erfindungen, mit denen wir Spideys Effizienz in unterschiedlichen Bereichen steigern. Da wäre zum Beispiel ein starkes Geschoss aus Spinnenfäden, das Gegner komplett einspinnt und somit ausschaltet. Der Einsatz dieser Projektile ist limitiert, doch wer Fleiß und Sammelaufgaben nicht scheut, wird schnell an die nötigen Verbesserungen gelangen.

Anpassung und Charakterentwicklung sind zwei wichtige Säulen des Spiels. Gelöste Aufgaben und erreichte Meilensteine versorgen uns mit Erfahrungspunkten, die wiederum in einen dreiteiligen Talentbaum fließen und Spider-Mans Fähigkeitenrepertoire erweitern. Wir dürfen zudem Spideys Anzüge wechseln, denn die hautengen Lederrüstungen besitzen individuelle Kräfte. Der Standardanzug etwa lädt, sobald aktiviert, über einen kurzen Zeitraum hinweg automatisch unsere Fokus-Leiste auf. Die wird normalerweise mit wachsendem Kombozähler aufgebaut und für Fähigkeiten wie Heilung oder für Finisher-Moves benötigt. Bis zu drei Modifikatoren lassen sich obendrein in die Rüstungen stecken. Und mit den entsprechenden Marken lässt sich alles noch weiter aufwerten.

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Selbst ohne den Vergleich mit dem eingangs erwähnten Gamecube-Spiel aus dem Jahre 2004 ist es klar, was für ein visuelles Spektakel Insomniac Games mit Spider-Man auf den Bildschirm zaubern wird. Das hier wird ein protziger Actionblockbuster mit Superhelden und Superschurken, mit Witz und starken Schauspielern. Obwohl die Testversion noch Mikroruckler und kleinere Tonprobleme hatte, werden sich gemütliche PS4-Spieler auf ein fettes Programm freuen dürfen. Leider gelingt es dem Entwickler bei all diesem Geprotze nicht, all die kleinen Schummeleien und technischen Limitierungen des Schmelztiegels zu überdecken. In der freien Bewegung fällt zum Beispiel auf, dass ein großer Teil der Passanten nur Kulisse sind. Menschen auf einer Parkbank verziehen keine Miene, wenn wir sie bedrängen oder ein Chaos anzetteln. Im Gegensatz zu den Passanten auf den Straßen, die schockiert zur Seite springen, wenn wir mit großer Wucht in ihrer Nähe einschlagen, bleiben sie regungs- und teilnahmslos.

Ähnlich verhält es sich mit Spideys Aversion vor Wasser. 2004 hat es uns Entwickler Treyarch nicht erlaubt, die menschliche Spinne im East River zu versenken. Denn sobald der er in den Fluss stürzte, spawnte er wieder an Land. Auch 14 Jahre später scheint Spidey die Abkühlung nicht gut zu vertragen. Er bewegt sich im New Yorker Wasser nämlich keinen Millimeter vorwärts und Boote fahren knallhart durch uns hindurch. Sie können auch nicht als Ankerpunkt für Spinnenfäden eingesetzt werden, es bleibt folglich nur der Rückzug auf festes Gelände...

Das sind jedoch kleine Schnitzer, die jeder ganz unterschiedlich betrachtet. Die Hauptsache ist, dass Spider-Man noch immer ein echter Spinner ist. Zu Beginn des ersten Kapitels herrscht ein herrlich befreiender, selbstgefälliger Ton, den sich der junge Erwachsene über die Jahre hinweg angeeignet hat. Es wird eine Weile dauern, bis wir die neue Schwung-Mechanik verinnerlicht und uns an die Sammelwut-Formel der US-Amerikaner gewöhnt haben. Aber es ist ein vielversprechender Start. Es gibt zwar so einige Dinge, die mich stören. Doch mit dem hochkarätigen Sinister-Six-Line-Up und Insomniacs eigenem Wahnsinn werden diese Sorgen sicherlich schnell in den Hintergrund geschossen.

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