Ich bin ein großer Fan des Charakters Miles Morales, aber wenn ich an den Comichelden Spider-Man denke, dann fällt mir immer zuerst Peter Parker ein. Das liegt natürlich nicht daran, dass Miles ein zweitklassiger Charakter wäre, vielmehr ist es ein Ergebnis meiner eigenen Vergangenheit, die Peter und Spider-Man eng miteinander verbindet. Doch seit der Animationsfilm Into The Spider-Verse veröffentlicht wurde, habe ich diese Perspektive mehrmals in Frage gestellt und nachdem ich Spider-Man: Miles Morales auf der PS5 durchgespielt habe, kann ich mit Sicherheit sagen, einen neuen Lieblings-Netzschwinger gefunden zu haben.
Dieser Titel knüpft an die Ereignisse von Spider-Man (2018) an, in denen Miles als Nachfolger von Peter Parker eingeführt wird. Die Geschichte dieser Standalone-Erfahrung spielt im Winter, während Peter mit MJ im Urlaub ist und New York in den Händen von Miles verbleibt. Da das Verbrechen niemals schläft, beginnt ein böses Unternehmen namens Roxxon einen Gebietskrieg mit einer neuen kriminellen Fraktion namens The Underground. Die Action findet größtenteils im Distrikt Harlem statt und Miles muss auf die harte Weise lernen, wie schwer das Überleben in einem solchen Umfeld sein kann. Ihr dürft deshalb viele emotionale Charaktermomente erwarten.
Da dieses Spiel in gewisser Hinsicht nur eine sehr dicke Erweiterung des Hauptspiels darstellt, teilen sich Miles und Peter viele Spielmechaniken. Die Schwungmechanik ist die Gleiche, der Kampf ähnelt sich sehr und der Hauptunterschied ist letztlich, dass Peter primär technische Geräte verwendet, während Miles eine Reihe neuer Fähigkeiten einsetzt, die auf Bioelektrik basieren. Diese mächtigen Fertigkeiten heißen Venom-Angriffe und sie ersetzen Peters Ultimates (wodurch sie das Original ehrlich gesagt etwas blass aussehen lassen, weil Miles mit diesen Talenten zu einer wahren Bestie wird). Der Titelheld dieses Games hat aber noch weitere Asse im Ärmel, die uns dabei helfen, ihn aus schwierigen Situationen herauszuhauen.
Um diesen neuen Fähigkeiten Rechnung zu tragen, wurden die üblichen Straßenschläger im Wesentlichen mit Exo-Anzügen vom Militär ausgestattet oder durch futuristische Neopunk-Technologien der Fraktion The Underground ersetzt. Beide Fraktionen verfügen über unglaublich fortschrittliche Waffen, wie die programmierbaren Tech-Schwerter, die uns vom Himmel holen oder elektrische Felder, die Miles' Fähigkeiten einschränken. Um dieser Gefahr zuvorzukommen, müsst ihr schneller und stärker sein als je zuvor.
Dank der beiden neuen Feinde hat sich New York mittlerweile natürlich ein bisschen verändert, doch der größte Unterschied ist das kalte Winterklima. Abgesehen davon warten neue Aktivitäten und Verbrechen darauf, von Spider-Man aufgelöst und vereitelt zu werden. Viele großartige Nebenmissionen zielen darauf ab, Miles Morales als einflussreiche Figur für New Yorks Hip-Hop-Szene zu installieren, was sich im gesamten Spiel sowie in Into The Spider-Verse widerspiegelt. Darüber hinaus gibt es im Laufe der Geschichte neue Anzüge zu entdecken, die unsere Fähigkeiten und das Erscheinungsbild, sowie dazugehörige Animationen verändern. Auf diese Weise könnt ihr die Kampagne euren Vorstellungen anpassen.
Einer der größten Unterschiede zwischen diesem Spiel und dem ursprünglichen Spider-Man geht auf die Technik der PS5 zurück. Ihr dürft zwischen zwei Spielmodi wählen, die ein wunderschönes Spielerlebnis bei nativem 4K mit Raytracing und 30 fps anbietet, während der Performance-Modus ein flüssigeres Spielerlebnis in 4K auf 60 fps hochskaliert (dann aber leider ohne Raytracing). Dank der neuen PS5-Hardware sind die Ladezeiten dieses Spiels lächerlich gering und wir reisen innerhalb von zwei oder drei Sekunden von einem Ende der Karte auf die andere Seite. Die U-Bahn-Ladesequenz aus dem Original existiert in diesem Spiel deshalb gar nicht mehr, weil das alles so schnell ist.
New York fühlt sich dank des Dualsense- Controllers und dem Tempest-3D-Audiosystem außerdem unglaublich lebendig an. Das haptische Rumble-Feedback des Controllers kommt beim Schwingen durch die Skyline der Stadt zur Geltung und mit dem neuen Surround-Sound wird die Hektik der geschäftigen Metropole wie nie zuvor erfasst.
Wie eingangs erwähnt ist Spider-Man: Miles Morales nicht so vollgepackt und rund, wie Spider-Man aus dem Jahr 2018. Die Geschichte ist kürzer und es gibt weniger Dinge zu erledigen, da die Erfahrung kleiner gehalten wurde. Die Handlung und alle Nebenaktivitäten sind eng miteinander verbunden: Die Haupterzählung ist actionreich und emotional packend, jede Aktivität - sei es eine Nebenmission oder ein Sammlerstück - ist vollgepackt mit Hintergrundinfos und Fan-Service. Jeder Marvel-Fan wird hier auf seine Kosten kommen und nach soliden zwölf Stunden widmet ihr euch zufrieden etwas Neuem. Natürlich steht euch New York danach noch im New Game+ mit einem höheren Schwierigkeitsgrad zur Verfügung, falls ihr die anderen Anzüge von Miles ausprobieren wollt.
Spider-Man: Miles Morales ist genau das, wonach Fans von Spider-Man suchen könnten, wenn sie vom Hauptspiel einfach nicht genug bekommen. Die brillanten Bewegungs- und Kampfsysteme sind zurück und sie wurden auf Miles' einzigartigen Stil abgestimmt. Für zukünftige Handlungsstränge stehen nun also zwei freundliche Spinnen aus der Nachbarschaft bereit und das kann nur eine Bereicherung sein, da die Beiden sehr unterschiedliche, kulturelle Hintergründe haben. Außerdem stellt dieser Titel auf atemberaubende Weise die Technik der PS5 zur Schau und ich bin deshalb sehr gespannt, wohin uns Insomniac Games als Nächstes führen wird. Bis dahin reicht dieses Abenteuer aber vollkommen aus, um den brennenden Hunger der Fans zu stillen.