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Red Dead Redemption 2

Red Dead Redemption 2

Nach vielen Jahren anstrengender Entwicklung ist Rockstar zurück mit einem Spiel, das neue Höhen erklimmt.

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Ab und zu wird unsere Wahrnehmung von Geschichten und Kunst transformiert und ist anschließend nicht mehr die Gleiche. Wir alle erinnern uns an die sich verbiegende Stadt in Inception oder an unsere erste Nacht in der neonfarbenen Stadt Vice City. Sie bedeuten uns etwas, diese Erfahrungen, und es braucht wahre Meister, um sie zu erschaffen. Genau aus diesem Grund hat Rockstar einen besonderen Platz in dieser Industrie, denn nahezu jeder von uns hatte zumindest einen solchen Moment in einem ihrer Projekte - egal ob ein Banküberfall in GTA V oder die Rettungsmission für die Band Love Fist in Vice City.

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Das Feuer der Industrialisierung vertreibt den alten, wilden Westen. Arthur Morgan lässt sich davon aber nicht beirren.

Für viele Spieler dürfte die Flucht von John Marston über die mexikanisch-US-amerikanische Grenze, die von José González' mit „Far Away" begleitet wurde, zu einem der stärksten Momente gehören, die dieses Medium in seiner bisherigen Zeit hervorgebracht hat. Solche Momente sollen das Fundament für Rockstars Nachfolger Red Dead Redemption 2 bilden. Es ist der Versuch von Verbesserung, dem Willen mehr für unsere Immersion zu tun und uns somit vollends zu packen. Während Red Dead Redemption 2 einige offensichtliche Ähnlichkeiten mit Grand Theft Auto und dem originalen Red Dead Redemption aufweist wird sofort klar, dass einige mechanische Grundlagen früherer Titel verworfen wurden, um Platz für etwas Neueres, etwas Wichtigeres zu schaffen. Rockstars neues Projekt mag etwas Eigenes sein, es wurde aber aus dem gleichen Material geschmiedet, das wir bereits so gut kennen.

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Das Feuer der Industrialisierung vertreibt den alten, wilden Westen. Das Land bekommt eine neue Bedeutung und verändert sich, um den Bedürfnissen einer moderneren Bevölkerung zu dienen. Die Zeit der Geschäftsleute ist gekommen, Amerika ist nicht länger ein Land der Opfer, die Gesellschaft verlangt Macher statt Denker. Es gibt einen Staat, eine Legislative und Gesetze - Rahmenbedingungen die für Sicherheit sorgen sollen. Dafür schwinden die Freiheiten, nach denen sich europäische Siedler so gesehnt haben. Diese Denkweise passt nicht zu Dutch Van der Linde. Er versucht den Druck der Regierung, Gesetze und das Establishment zu umgehen. Das will er erreichen, indem er allem physisch aus dem Weg geht. Mit der Zeit sammelt er Gleichgesinnte, die sich mit ihm zusammen in ungezähmte Gebiete begeben, um sich vor dem modernen Denken zu schützen.

Und hier finden wir uns als Arthur Morgan wieder, Dutchs rechter Hand. Morgan wurde als Junge von Dutch gefunden und nach seinen Idealen erzogen - seine Loyalität kennt keine Grenzen. Aber natürlich erleben wir kein Märchen über die Suche nach Glück oder dem Ruhestand. Das hier ist eine Tragödie. Eine Geschichte darüber, so dicht an etwas zu sein, dass man es fast greifen, letztlich aber niemals erreichen kann.

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Die hervorragenden Einzelschicksale unserer Mitstreiter sind nur ein Grund, der uns mit ihnen mitfühlen lässt.
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Zunächst einmal leistet Red Dead Redemption 2 hervorragende Arbeit dabei, uns die Charaktere vorzustellen, die nicht nur interessante Dinge zu sagen haben, sondern auch mit Arthur agieren und auf diese Weise wiederum eigene Erzählstränge schaffen. Im Zentrum steht der ernste, loyale Arthur, der eine väterliche Verantwortung für die Gruppe fühlt - genau wie seinerzeit Dutch. Sei es der betrunkene Bill Williamson, der weise Hosea Matthews oder der ruhige Charles Smith - wir kümmern uns um diese Leute und sie sich um uns. Während der Geschichte fluchen sie sich an, erleben intime Momente an Lagerfeuern und begehen gemeinsam grauenhafte Taten, um danach ein Bier miteinander zu teilen. Es sind keine Helden, aber die Gruppe wird langsam zu einer Einheit, die uns am Herzen liegt. All das wird durch kluge Skripts aufgebaut, die uns regelmäßig an vergangene Ereignisse erinnern, denen wiederum wichtige Story-Elemente folgen. Es ist eine erzählerische Aufmerksamkeit für Details, die man selten findet. In dieser Form auch nicht in anderen Rockstar-Titeln.

Das Camp unserer Gang zieht immer weiter durch die Spielwelt, wodurch sich die Geschichte von Akt zu Akt entwickelt und sich ein starkes Gefühl von Fortschritt und Momentum aufbaut - von Anfang bis zum Ende. Hat sich unser Lager niedergelassen, dürfen wir verschiedenste Spielsysteme nutzen. Obwohl uns Rockstar-Spiele schon immer eine Basis, ein Haus oder zumindest ein Heim für unseren Charakter angeboten haben, ging bislang kein Titel so weit, wie es das Lager in Red Dead Redemption 2 tut.

Von dort agieren wir mit jedem einzelnen Charakter, die alle ihre einzigartigen Geschichten zu erzählen haben. Wir können das Aussehen von Arthur nach unseren Wünschen anpassen, von den Klamotten bis hin zu den Schuhen. Arthurs Haar wächst nämlich in Echtzeit, wir werden ein paar Tage nach der letzten Rasur also stoppelig. Zusätzlich warten Minispiele auf uns, wie Kartenspiele oder Domino. Das Lager wird wachsen und gedeihen, wenn wir es unterstützen. Wenn wir ein paar Tiere abliefern und ein wenig Geld spenden, dann bekommen wir vom Koch bessere Mahlzeiten, was wiederum für mehr Ausdauer sorgt. Die Bewohner des Lagers bieten uns zudem unterschiedliche Munitionstypen zum Kauf an. Wir können das Zelt eines jeden Bewohners verbessern, was Auswirkungen auf die verfügbare Medizin, das Essen und die Munition hat. Mit Pelzen lässt sich sogar das Aussehen des Camps verändern.

Ja, das Lager ist eine bekannte Spielmechanik. Es liefert einen systematischen Sinn für den Spieler und verankert Arthur durch sein taktiles Design weiter in der Spielwelt. Aber noch wichtiger ist die bereits erwähnte Verbindung, die uns mit dieser Bande Gesetzloser eint. Dieses Camp liegt uns am Herzen und noch wichtiger: Es wird unser Zuhause. Wenn Arthur loszieht und das Lager verlässt, dann treffen wir auf eine Welt, die wir so noch nicht erleben durften. Das Setting ist unglaublich authentisch und weicht kaum von der historischen Periode ab, die Rockstar porträtieren will. Trotzdem ist das Ergebnis so erschaffen worden, dass für ständige optische Abwechslung gesorgt wurde - von reißenden Flüssen hin bis zu schneebedeckten Berggipfeln, über staubige Wüsten und Sümpfen voller Alligatoren. Die unterschiedlichen Landschaften überzeugen uns mit ihrer individuellen Fauna und alles fühlt sich eigenständig an.

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Wer ein echter Halunke werden will, muss sich mächtig ins Zeug legen und sich eben auch selbst die Hände schmutzig machen.

Außerdem lässt sich fast alles erjagen. Felle werden in den Städten verkauft und Fleisch dient dem Camp als Nahrung. Jagt Tiere mit eurem Bogen, findet und zähmt Pferde oder fischt in den Flüssen und Seen. Die Welt ist noch wild und ungezähmt. Wir jagen, sammeln Kräuter und angeln an abgelegenen Orten, außerhalb der Zivilisation - zumindest eine Zeit lang. Nie bekommen wir das Gefühl an einem leeren Ort zu sein. Dafür braucht es gutes Design, dafür benötigt man Talent.

Selbst wenn wir uns für einen Naturburschen halten, es ist wichtig von Zeit zu Zeit eine Stadt zu besuchen. Rockstar hat ein paar Systeme geschaffen, die uns mit der Zivilisation verwurzeln: In der Wildnis verdreckt Arthurs Kleidung und seine Ausdauer nimmt ab, wenn er nicht schläft. Unsere Waffen verschmutzen auch, wenn sie nicht gereinigt werden. Es ist eine Notwenigkeit Siedlungen zu besuchen und obwohl es oberflächlich unwichtig erscheinen mag, es ist eine tolle Gelegenheit diese Zeitperiode kennenzulernen, kleine Aufgaben zu erledigen und neue Leute zu treffen. Das Lager, die Wälder, die Flüsse und die Berge sind unser Zuhause, während kleine Städte, wie Valentine, und Metropolen, wie Saint Denis, eine Notwendigkeit, ein notwendiges Übel sind.

Sind wir erst dort, können wir unsere Waffen verbessern und zwar jedes einzelne Teil. Egal ob schicke goldene Griffe oder schnelleres Nachladen. Solltet ihr arm sein, was häufig passiert, reicht ein einfaches Bad, um Missverständnisse zu vermeiden. In den Hotels können wir Räume mieten, unsere Ausdauer auffüllen und ein Bad nehmen. Die Geschäfte versorgen uns mit Gerüchten und allerhand nützlichen Dingen und der Doktor verkauft Tränke. All diese Aufenthalte sind notwendig, wenn wir ein erfolgreicher Gesetzloser werden wollen, sie fühlen sich aber nie mühsam an. Es ist reine Immersion, geschäftiger Einbezug des Spielers.

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Zu sehen wie das eigene Lager wächst und gedeiht, ist ungemein befriedigend.

Die Missionen selbst dürften euch mindestens 50 Stunden beschäftigen. Die Camp-Bewohner und andere Charaktere, denen wir auf unserem Abenteuer begegnen, versorgen uns währenddessen mit großen und kleineren Aufträgen, die von Überfällen bis hin zu Jagdausflügen reichen. Oder wir fliehen vor den gefährlichen Pinkerton-Leuten oder gehen einfach mit einem unserer Kumpels in der Stadt etwas trinken. Die Geschichte hat ein tolles Tempo mit ruhigen Momenten, in denen Arthur mit den anderen Mitgliedern der Gang spricht, und knallharten Schusswechseln, in denen jede Kugel zählt. Die Abwechslung ist größer denn je, noch größer sogar, als im großartigen Grand Theft Auto V, das schon hervorragend gezeigt hat, wie man lineare Missionen mit einer offenen Welt kombiniert. Das Spiel wechselt meisterhaft zwischen epischen, linearen Missionen und der offenen Spielwelt. Es ist schwer hier über Details zu sprechen, ohne einige denkwürdige Momente preis zu geben. Aber eins steht fest: Keine zwei Missionen fühlen sich gleich an.

Was für wahre Abwechslung sorgt, ist die Vielzahl an Möglichkeiten mit der Welt zu interagieren. Arthur kann Reisende grüßen, Spannungen abbauen oder auf Raubzug gehen. Jede einzelne Waffe unterscheidet sich stark und das Feuern und Nachladen fühlt sich wirklich knackig an. Jede Knarre hat ein gefühltes Gewicht, einen Sinn und das macht das Schießen so realistisch. Das gilt auch für Arthur - er bewegt sich zielstrebig, aber geduldig und selbst wenn die Bewegungen und die Action langsamer wirken, als wir es vielleicht gewohnt sind, so zeigt es im Grunde nur, wie seltsam schnell und unnatürlich sich Charaktere in anderen Videospielen bewegen.

Neben den Story-Missionen finden wir auf der Karte Nebenmissionen, die durch einen größeren Aktionsradius markiert werden, in dem wir nach unserem Auftraggeber suchen müssen. Bei einer solchen Gelegenheit fand Arthur in meiner Spielsitzung einen Brief von seiner ehemaligen Freundin. Das Lesen dieses Briefes eröffnete eine ganze Reihe von Missionen, die nicht aufgetaucht wären, wenn wir diesen Brief nicht gelesen hätten. Es gibt die typischen Fremden, die uns nützliche Dinge finden lassen, und es gibt Kopfgelder, die wir uns verdienen können. Eine unserer Camp-Bewohner schickt uns manchmal los, um Schuldner davon zu „überzeugen" ihre Schulden zu begleichen. Für fast all diese Aktivitäten werden zudem Medaillen verliehen, ganz wie in GTA V.

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Die Wildnis von Red Dead Redemption 2 zu zähmen ist eine ebenso gefährliche, wie unterhaltsame Aufgabe.

Egal für welche der Aktivitäten wir uns auch entscheiden - es gibt eine Konstante - das hier ist eins der schönsten Spiele, die je gemacht wurden. Das ist kein Statement, das aus meinem Mund auf die leichte Schulter genommen werden sollte. Natürlich gibt es grafische Verbesserungen zu vergangenen Rockstar-Projekten, aber in Wirklichkeit machen Design, meisterliches Handwerk und eben die Atmosphäre den Unterschied aus. Auch das sind zugegeben recht vage Begriffe, aber Rockstars Red Dead Redemption 2 ist eben ganz offensichtlich handgemacht. Während wir uns durch die Wildnis schlagen, halten wir plötzlich inne und entdecken einen kleinen See in einer Lichtung. In Momenten wie diesem wird klar, dass hier ein Designer jedes einzelne Objekt platziert hat. Das Gebiet mag keinem bestimmten mechanischen Zweck dienen, das tun sie oft nicht, aber sie sind da und jemand hat sie erschaffen.

Das soll nicht heißen, dass Red Dead Redemption 2 kein Spiel ist, das aus technischer Sicht nicht überzeugen kann. Die Gesichtsanimationen wurden drastisch verbessert und die Unmenge an Animationen sorgt für konstantes, taktiles Feedback, das uns in der Spielwelt hält. Es gab ein paar Stellen, an denen die Framerate auf der PS4 Pro gelitten hat, aber das hat nie die Immersion ruiniert. Bill Elm und Woody Jackson sind mit einem triumphalen Soundtrack zurück, der aus 192 einzelnen Stücken besteht, die natürlich sensibel auf Arthurs Aktionen reagieren. Das mag kein neuer Trick sein, ist aber nach wie vor extrem effektiv. Gerade die Melancholie der Musik in tragischen Momenten dürfte für die eine oder andere Träne sorgen.

Ich hab dutzende Stunden in dieser atemberaubenden Welt verbracht und Red Dead Redemption 2 ist für mich sofort zum Klassiker geworden und ein weiterer Höhepunkt des Studios, das schon seit Jahrzehnten grandiose Abenteuer abliefert. Es ist der bisherige Höhepunkt einer Reise. Es ist der nächste Schritt dabei eine interessante und lebendige Welt zu schaffen, in die wir uns völlig verlieren können. Und genau deswegen ist Red Dead Redemption 2 für uns ein echtes Meisterwerk.

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10 Gamereactor Deutschland
10 / 10
+
Unendliche Empathie, erstaunliche Waffen, in sich geschlossene, offene Welt, göttliche Animationen, Spieler wird in Spielwelt verankert.
-
Bildrate bricht an einigen Orten ein.
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

Zweite Meinung

Red Dead Redemption 2. Die Anspielsession ein paar Wochen vor dem Release war episch gut. Nun laden schon seit Stunden gigantische 90 GB auf die PS4 - und ich bin nervös, will spielen. Wird aber heute nichts mehr, ich schlafe übermüdet ein. Und bin am nächsten Tag krank, arbeite aber trotzdem noch und will abends spielen. Ich schaffe das Intro, die ersten beiden Missionen. Bin überwältigt von der Schönheit der Landschaft, der überzeugenden Darstellung der Charaktere. Es klickt sofort, ich will mehr. Aber ich gebe morgens um kurz nach Eins erschöpft auf. Am nächsten Tag bin ich komplett krank, liege im Bett und habe keinen Nerv zum Spielen. Ich fahre übermorgen mit der Gang in Urlaub. Mit der echten. Nach Dänemark - und nicht in den Wilden Westen. Es schmerzt, dass ich die große Kritik dem Kollegen überlassen muss und das Spiel nicht annähernd durchgespielt habe. Aber mir war schon aufgrund der Anspielsession klar, dass hier nur eine Zahl als Wertung stehen wird. Für ein Meisterwerk, dessen ganze Schönheit ich erst nach dem Urlaub werde erleben können.

Meint: Christian Gaca und wertet 10/10

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