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Rainbow Six: Siege

Rainbow 6: Patriots

Heute ist kein normaler Arbeitstag. Die Mitarbeiter bieten kaum mehr als Höflichkeitsfloskeln. Eine konzentrierte Ernsthaftigkeit hängt in der Luft. Nicht so extrem angespannt, mehr so der Typ "erhöhte Aufmerksamkeit". Intensive und komplexe Arbeit scheint hier geleistet zu werden an den vielen Schreibtischen auf mehreren Etagen. Es ist die Arbeit am Neustart einer gestandenen Shooter-Serie.

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Dieses ambivalente, etwas angestrengte Gefühl setzt sich in der Präsentation fort. Die zeigt einen Pomp und Prunk, der in der Regel bei solchen Studio-Touren nicht aufgefahren wird. Wir sollen denken, dass das gerade Erlebte etwas sehr Wichtiges ist. Über den Bildschirm flackern Nachrichten aus der realen Welt. Nachrichten über reale Terroranschläge.

"Die Bedrohung kommt von innen in diesen Tagen. Und wenn Terrorismus entsteht, werden wir uns ihm entwickeln." Schon durch diese Ansage wird sichtbar, dass Rainbow 6: Patriots mit einem deutlich stärkeren Skript als in den früheren Tagen der Serie an den Start geht. Damals wurden Charaktere und Dialoge sofort vom Gameplay verdrängt, dass nach kurzer Spielzeit absolut im Mittelpunkt stand.

Den Nachweis, dass das nun anders ist, kriegen wir sogleich in der Demo serviert. Es werden gleich eine ganze Reihe ethisch-moralischer Fragen thematisiert. Da ist dieser üble Schlamassel, als patriotische Extremisten einen gewöhnlichen Mann mit seiner Frau entführen und den Mann zwingen, terroristische Handlungen zu verrichten, um das Leben seiner besseren Hälfte zu retten. Das Rainbow-Team ist gezwungen, ihn zu stoppen. Aber wie macht man das am besten? Wie kann man ein Problem lösen, wenn klar ist, dass Dialog und positive Verstärkung nicht ausreichen werden? Wer will schon wirklich einen unschuldigen Mann erschießen, um einen großen Terroranschlag zu verhindern?

Rainbow Six: Siege
Das Spiel wird mit einem deutlich stärkeren Skript als in den früheren Tagen der Serie an den Start gehen.
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Einen Moment lang erwarten wir fast, in einer psychologischen und sozialen Debatte mit Stichworten wie Utilitarismus und multikulturelle Vielfalt zu enden. Stattdessen aber beginnt die Demo. Okay, alles in der Egoperspektive. Ein Mann sitzt zu Hause vor dem Fernseher und schaut Nachrichten, seine geliebte Frau in der Nähe. Dann klopft es an der Tür.

Die dramatischen Ereignisse entfalten sich sofort. Der Mann und seine Frau weinen, schreien. Die Kidnapper, die irren Patrioten, machen Ansagen. Sehr deutliche Ansagen. Wenn er das Leben seiner Frau retten wolle, müsse der Mann zum Selbstmordattentäter werden. Oha. In der folgenden Sequenz steht er auf der New Yorker Brooklyn Bridge, die Hand fest am Griff des Zünders und steif vor Schreck. Im Hintergrund werden unschuldige Zivilisten erschossen, das beständig eskalierende Chaos ist deutlich sichtbar und hörbar.

Als der unfreiwillige Terrorist einen bestimmten Punkt auf der Brücke erreicht, erhaschen wir einen Blick auf einen Trupp schwarz gekleideter Männer. Und zack, schaltet die Kamera rüber zum Rainbow-Team. Stolpernde Schritte, ruhige und geschmeidige Bewegungen sind grad nicht möglich. Hoffnung kämpft gegen Panik. Durch Zielfernrohre schauen wir hinunter auf einen Terroristen, eine wandelnde Bombe mit dem Vorsatz von Zerstörung und Tod. Das Rainbow-Team weiß nichts vom Leben dieses Mannes, ahnt nichts von seiner misslichen Lage. Sie sind nicht eingeweiht in seinen Schrecken und seine Angst. Die duale Perspektive des Konflikts erzeugt ein enormes Gefühl des Unbehagens.

Rainbow Six: Siege
Die duale Perspektive eines Konflikts erzeugt ein enormes Gefühl des Unbehagens, denn wir spielen zwar als Rainbow-Team, kennen aber auch die Vorgeschichte unserer Ziele.
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Wenn wir uns nun entscheiden, den Mann nicht zu erschießen, aus dem einfachen Grund, dass die anschließende Explosion zivile Opfer fordern würde, präsentiert uns das Spiel das nächste Dilemma. Der Bombenträger bettelt um sein Leben, während wir den Befehl kriegen, ihn übers Geländer hinunter in den Hudson zu werfen. Während des Entscheidungsprozesses tickt die Uhr. Die Wahl liegt bei uns. Während die Folgen dieser Entscheidung nicht ganz so drastisch sind wie in modernen Rollenspielen, ist das Konzept doch ziemlich innovativ für das Egoshooter-Genre.

Die Präsentation endet. Die folgenden dreißig Minuten verbringen wir mit der enormen Auswahl taktischer Möglichkeiten für jede Kampfsituation. Das ist nun wieder Rainbow wie immer. Ein Beispiel: Da ist ein einziger Raum, in dem acht Terroristen und eine einzige Geisel hocken. Wir lernen, dass die idealen Ziele jene mit Waffen sind und jene, deren Körpersprache Angst statt Aggression ausstrahlen. Dann noch fix überlegen, welcher Eingang der beste ist, wo man die Schützen positioniert, welche Ziele ihnen zugewiesen werden und wann genau sie schießen.

Jede Bewegung, jede Platzierung, jede Wahl ist stark detailliert. Alles in Kombination wird dann zu einem herausfordernden Puzzlespiel, in dem Einfallsreichtum, ein schneller Finger am Abzug und Taktik flüssig miteinander verschmelzen. Ganz so wie es bei einem Rainbow-Spiel sein sollte.

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