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Pyre

Pyre

Obwohl sie aus dem Commonwealth verbannt wurden, beschließen diese ungleichen Champions, ihre Ehre in den Riten wiederherzustellen.

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Die Spiele von Supergiant Games haben schon immer etwas Besonderes an sich und das liegt nicht nur an ihrer einzigartigen Ästhetik. Das Studio hat kein Problem damit, bekanntes Terrain neu zu erforschen. Das ist positiv gemeint und gilt insbesondere für Pyre, dem nach Bastion und Transistor dritten Titel des Studios.

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Ob wir in den Riten verlieren oder gewinnen ist am Ende gar nicht wichtig, es geht vielmehr darum, wie wir mit den Figuren umgehen.

Pyre spielt auf dem Downside, einer jämmerlichen Welt in der die Exilanten leben, die aus dem Commonwealth verbannt wurden. Hier wird der Spieler von einer Gruppe Wanderer aufgefunden. Es stellt sich heraus, dass wir in der Lage sind ein besonderes Buch zu lesen und somit den Exilanten bei ihren Ritualen helfen können, die sie erfolgreich absolvieren müssen, um ihren Platz im Commonwealth zurückzugewinnen.

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In Pyre dreht sich alles um genau diese Rituale. Es kämpfen Teams aus jeweils drei Exilanten darum, eine Kugel mit dem gegnerischen Pyre zu entzünden. Ganz grob gleicht dieses Prinzip einem Basketball-Match, in dem jedes Team drei Spieler auf den Platz stellt. Jedes Pyre brennt mit 100 Punkten, Items und spezielle Fähigkeiten der Exilanten beeinflussen diese Ausgangslage. Befördert ein Exilant den Orb ins Pyre, verliert das Feuer an Kraft in Abhängigkeit vom Ruhm-Wert des Schützen.

Ein Schlüsselaspekt ist die Tatsache, dass sich in jedem Team nur ein einziger Spieler bewegt (das ist natürlich der Charakter, den wir steuern). Diejenigen Spielfiguren, die nicht im Ballbesitz sind, werden von ihrer Aura umgeben, die der feindliche Ballträger tunlichst vermeiden sollte. Gelingt ihm das nicht, verbannt ihn die Aura des gegnerischen Teams für kurze Zeit aus dem Spiel. Wie genau das funktioniert, unterscheidet sich bei jedem der acht Klassen sehr stark - es gibt also viele Varianten und Taktiken.

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Die meisten Charaktere schließt man schnell ins Herz und die Art und Weise, wie wir mit ihnen interagieren verändert ihren Weg.
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In den Riten geht es also darum, eine Lücke in der gegnerischen Formation zu schaffen, in dem man beispielsweise die Spieler des anderen Teams vom Platz nimmt oder sie ausmanövriert. Derjenige der das gegnerische Pyre entzündet, ist für die nächste Runde gesperrt, taucht in der Folgerunde aber wieder auf. Vorerst spielen wir allerdings mit zwei Figuren gegen drei Charakteren weiter. Man kann den Orb auch ins Pyre werfen und macht dabei mehr Schaden, je länger der Wurf aufgeladen wird. Das ist eine Art Drei-Punkte-Mechanik, die sich auszahlen kann, wenn man geschickt ist. Das Spiel ist schnell und manchmal sehr verwirrend, aber es funktioniert schon nach kurzer Zeit intuitiv und ist damit eine ganz neue Art, die ewigen Kämpfe in Action-RPGs auszutragen.

Wie in einer ganz normalen Sportart kämpfen die Teams gegeneinander und am Ende der Saison stehen wir (unser Team ist besonders und landet immer im Finale) dem Team mit den meisten Punkten im Befreiungs-Ritual gegenüber. Das Siegerteam kann seinen gesalbten Spieler zurück ins Commonwealth schicken, um ihn von seinen Sünden reinzuwaschen.

Bei der sportlichen Natur dieser Rituale könnte man glauben, dass alles von Fähigkeiten und schnellen Reflexen abhängt, aber das ist nicht die ganze Wahrheit. Die fähigen Spieler werden sich durchsetzen, wenn alle anderen Umstände gleich sind, aber sein Team so aufzustellen, dass es gut kontert, ist schon der halbe Sieg. Die meisten Teams im Downside haben nur eine Klasse von Spielern - Nomaden, Harpyien oder Würmer. Wir können solche Formationen mit gut gewählten Charakteren kontern und die ausgerüsteten Talismane spielen dabei eine wichtige Rolle.

Ein Talisman kann in einem Match den Unterschied machen. Die Talismane und Skills des anderen Teams im Auge zu behalten ist also extrem wichtig. Vielleicht haben die Feinde versteckte Perks, die es sinnlos machen sie zu verbannen (weil sie sehr schnell zurückkehren oder explodieren und uns mit ausschalten) - dann ist ein offensives, schnelles Team die erste Wahl, das eher punkten als verbannen will.

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Anfangs habe ich begierig alle Infos verschlungen, doch am Ende habe ich die Texte einfach weggeklickt und auch einige Nuancen verloren.

Das mag sicher verwirrend klingen, wenn man es noch nicht selbst versucht hat. Pyre ist eines dieser Spiele, die man erst wirklich versteht, nachdem wir man sie selbst erlebt hat. Das Für und Wider der Rituale ist schwer zu erklären. Diese Ritual-Duelle können schnell vorbei sein oder lange andauern, falls es taktisch zugeht. Man kann offline gegen einen Freund antreten oder misst sich mit der CPU. Die Rituale zu überleben, während alle Titanen-Sterne aktiviert sind (das sind passive Boni für das andere Team, die uns mit Erfahrung belohnen) ist eine echte Herausforderung. Obendrauf gibt es drei Schwierigkeitsgrade, die wir jederzeit wechseln dürfen.

Zwischen den Ritualen bereisen wir das Downside, ähnlich wie etwa in The Banner Saga, und stolpern über Ereignisse, die unserem Team entweder helfen oder es behindern. In der ersten Hälfte des Spiels treffen wir auf weitere Exilanten für unser Nightwings-Team, denn da wir die einzelnen Mitglieder dieser Truppe befreien wollen (ein befreiter Exilant steht unserem Team nicht länger zur Verfügung), brauchen wir zwangsläufig auch mehr Spieler. Das Tempo zwischen den Ritualen kann ein bisschen ins Stocken geraten, besonders in der ersten Hälfte.

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Ganz grob gleichen die Riten einem Basketball-Match, in dem jedes Team drei Spieler auf den Platz stellt.

Bezüglich der Ästhetik liefern Supergiant Games wie gewohnt ab. Von der wunderschönen Downside-Karte bis hin zu den Charakteren und den visuellen Effekten - es ist ein echter Genuss, sich darin zu verlieren. Aber es ist der Soundtrack, der das Spiel zu etwas ganz Besonderem macht. Darren Korb und Ashley Barrett verleihen der Spielerfahrung mit ihren Stimmen so unglaublich viel Magie, das wir uns manchmal einfach zurückgelehnt haben, um mit geschlossenen Augen zu lauschen.

Das Schöne am Design von Pyre ist, dass man auch nach einem gescheiterten Ritual weitermachen kann. Man bekommt nicht besonders viele Erfahrungspunkte (und das macht es schon schwerer), aber das Spiel passt sich an und das gilt selbst für das Finale. Unser Weg in die Freiheit wird ganz anderes, als der unserer Freunde. Ob ihr jetzt eure Teamkameraden in den Ritualen befreit oder eben nicht - der Zyklus setzt sich fort.

Im Kern ist es eine Geschichte über Freiheit, Gerechtigkeit, zweite Chancen, Freundschaft und Betrug. Die meisten Charaktere schließt man schnell ins Herz und die Art und Weise, wie wir mit ihnen interagieren verändert ihren Weg. Mir haben besonders Sir Gilman und seine Fehde gegen den feigen Schurken Sir Deluge, Rukey und Volfred gefallen. Aber mein Favorit ist wohl Ti'zo, der liebenswerte Kobold. Es gibt viele Geschichten in den zwölf bis fünfzehn Stunden der Kampagne und sie gehen alle in das Buch der Riten mit ein.

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Pyre spielt auf dem Downside, einer jämmerlichen Welt in der die Exilanten leben, die aus dem Commonwealth verbannt wurden.

Das Konzept hinter dem Buch der Rituale ist interessant. Indem wir mehr über die Hintergründe von allem erfahren, schalten wir neue Seiten frei, die sehr mystisch noch einmal verdeutlichen, was im Downside geschieht und was es mit den Ritualen auf sich hat. Doch am Ende gelingt es der Welt nicht, uns über die komplette Dauer hinweg mitzureißen. Anfangs habe ich begierig alles verschlungen, doch am Ende habe ich die Texte einfach weggeklickt und auch einige Nuancen verloren. Die Geschichte hätte vielleicht ein bisschen gekürzt werden müssen, um die Spieler bei der Stange zu halten. Aber das ist nur eine Kleinigkeit, denn ich habe meine Reise von Anfang bis Ende sehr genossen.

Meine Abenteuer im Downside waren aber nicht ohne Gefahren, auch wenn man in dem Spiel eigentlich nicht scheitern kann. Bei der PS4-Version stieß ich auf einige kleinere Probleme, die Pyre nicht unspielbar gemacht haben, aber doch andeuten, dass vorher vielleicht etwas mehr getestet hätte werden müssen. Ein paar Mal ist das Spiel abgestürzt oder eingefroren, auch auf dem PC kommt es ab und zu zu Rucklern. Dazu kommen noch ein paar Grafik-Fehler auf der Weltkarte. Diese Probleme haben das Spiel nicht ruiniert und man verliert auch keine Fortschritte, aber vielleicht solltet ihr noch ein oder zwei Patches abwarten.

Insgesamt ist Pyre ein starkes Spiel der kreativen Köpfe bei Supergiant Games. Es ist eine einzigartige, visuell und orchestral vollkommen einnehmende Spielerfahrung, die manchmal unter den Textmengen leidet. Vielleicht ist die Natur der Rituale am Ende doch nicht das Richtige für alle RPG-Fans, zum Schluss ist Pyre dann aber ein Spiel, an das man sich noch lange erinnern wird.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
Wundervoller Ästhetikstil; clevere Art und Weise, die Riten zu spielen; erinnerungswürdige Charaktere; eine fesselnde Geschichte, bewegender Soundtrack.
-
Die Narrative wirkt etwas gestreckt; einige Probleme in der Erzählgeschwindigkeit; der Versus-Modus kann nur offline gespielt werden und bietet wenig Motivation; einige kleinere technische Schwierigkeiten.
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

Zweite Meinung

Pyre ist ein einzigartiges Erlebnis, das von seiner audiovisuellen Inszenierung lebt. Ich bin ein riesiger Fan der Präsentation und muss gesondert den Soundtrack loben - Supergiant bekommt das einfach fantastisch hin. Dass nicht jeder Spieler in dieser Kunst aufgehen kann oder will, das ist verständlich. Aber Pyre verdient es, gespielt zu werden.
Meint: Stefan Briesenick und wertet 8/10

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