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Port Royale 3

Port Royale 3

Wenn der Sommer kommt, stellt sich automatisch die Urlaubsstimmung ein. Wir wollen raus und nicht unbedingt an der Flimmerkiste hängen. Aber Port Royale 3 bedient sich eines Tricks. Es holt die Urlaubsidylle in Form der Karibik auf Schirm und fesselt uns dann mit einer Wirtschaftssimulation der alten Schule, von der wir uns nur schwer losreißen können.

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Wir starten in das Inselabenteuer mit einem Schiff und ein wenig Geld. Um unseren Reichtum zu vergrößern, müssen wir zunächst anfangen mit Waren zu handeln. Also kaufen wir Waren günstig in den Städten ein, in denen sie produziert werden und verkaufen sie teurer dort, wo sie benötigt werden. In dieser Anfangsphase lernen wir im Wesentlichen die Karibik kennen und bringen in Erfahrung, was in welcher Stadt produziert wird. Und wir entdecken weitere Städte, die für uns bis dahin noch unbekannt waren. 60 Städte sind im Spiel und es gibt 20 unterschiedliche Güter. Pro Stadt können maximal fünf von ihnen produziert werden und natürlich werden das nie Güter sein, die einander bedingen.

In einem zweiten Schritt wird es erlaubt, selbst Güter zu produzieren. Wenn wir die entsprechende Lizenz erwerben, können wir Wohnhäuser, Lager und Betriebe errichten. Mit unseren Schiffen richten wir dann Handelsrouten ein, um die gewünschten Warenkreisläufe in Gang zu setzen. Allerdings müssen wir beim Aufbau von eigenen Strukturen berücksichtigen, dass die Entwicklung der Stadt ihre Zeit braucht. Wenn wir also Arbeitsplätze schaffen oder die Stadt mit Gütern versorgen, wird sie nicht sofort aufblühen, sondern immer nur langsam wachsen.

Eine starke Einschränkung in der schönen, neuen Welt, betrifft die Werften. Für Reperaturen sind die bestens geeignet, aber der Bau von Schiffen wird leider nicht unterstützt. Wollen wir unsere Flotte vergrößern, können wir nur warten, bis das gewünschte Schiff zum Kauf angeboten wird. Oder wir müssen eins kapern. Das Wachstum eines Händlers wird also an dieser Stelle etwas eingeschränkt.

Port Royale 3
Die Karibik bietet 60 Städte und 20 Handelsgüter, um uns bis an die Spitze hochzuarbeiten.
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Dafür allerdings gibt es fabelhafte automatisierte Routen, auf die wir unsere Schiffe schicken können, die selbsttätig den größten Profit heraussschlagen oder für allgemeinen Wohlstand sorgen. Auf diese Weise machen wir anfangs rasch Geld, ohne uns detailliert mit dem Handel auseinandersetzen zu müssen. Die volle strategische Tiefe kosten wir im Verlauf des Spiels jedoch gern aus. Leider gehört auch dazu, dass Schiffe, die sich automatisch abnutzen, selbst repariert werden müssen. Für eine Automatisierung dieser Handlung fehlte dann wohl der Denkanstoss.

Eine weitere Ebene, die eine Rolle spielt, ist unser Verhältnis zu den vier Nationen, die Städte und bestimmte Bereiche der Karte kontrollieren. Erledigen wir für Gouverneure und den jeweiligen Vizekönig Aufgaben, stehen uns im Spiel neue Optionen zur Verfügung. Wollen wir etwa in einer fremden Stadt aktiv werden, so wird unser Verhältnis zur jeweiligen Nation rasch entscheidend.

Doch das Leben als Händler ist nicht das einzige. Wie schon in Port Royale 2 können wir zum Piraten mutieren oder aber als Abenteurer Missionen für die Bevölkerung oder die Stadtoberen erfüllen. Meist aber vermischen sich die drei Spielvarianten ohnehin miteinander. Und auch wenn so ein freies Leben auf dem Meer spannend klingt, sind die Aufgaben eher langweilig und wiederkehrend, dass der Händler doch der spannendste Hafen für Spieler bleibt.

Komplett neu in der Serie ist der Mehrspieler-Modus für bis zu vier Spieler via LAN oder Internet. Gespielt werden kann nur gegeneinander und direkter Austausch von Waren oder Schiffen ist auch nicht möglich. Wirklich spürbar wird der menschliche Gegenspieler aber bei selbst ausgetragenen Seegefechten. Die sind ganz nett umgesetzt und bieten ein paar nette taktische Spielereien. Aber sobald eine Künstliche Intelligenz ins Spiel kommt - etwa für unsere Begleitschiffe - fällt der Spaß schon wieder etwas ab.

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Port Royale 3
Um auf einzelne Funktionen zurückzugreifen, müssen wir das jeweilige Gebäude in der Stadt anklicken.

Und obwohl das Wirtschaftssystem noch immer funktioniert, das Spiel mit Angebot und Nachfrage ganz gut umgesetzt wurde und etwa durch Blockaden beeinflusst werden kann, fühlt sich dieser Teil von Port Royale 3 dennoch träge an. Aber kein Wunder, das Spielprinzip basiert auf dem von Patrizier IV und schon da war es ein schmaler Grat zwischen den immergleichen Tabellen-Rechnereichen und einer modernen Präsentation. Es gibt erstaunlich wenig Neuerungen und die meisten davon fanden lediglich im Detail statt. Etwas verkürzt formuliert handelt es sich bei Port Royale 3 um eine Mischung aus Port Royale 2 und Patrizier IV.

Und das führt auch zu einem eigentlich eher nüchternem Fazit. Wer bei Port Royale 3 auf irgendeinen großen Wurf gehofft hat, ist wahrscheinlich enttäuscht. Die Wirtschaftssimulation bietet sehr solide Unterhaltung und liefert uns einfach mehr von dem, was wir von der Serie erwarten. Bestimmte Funktionen könnten noch einfacher und benutzerfreundlicher konzipiert werden, auch wenn die grafische Oberfläche durchaus als hübsch bezeichnet werden darf. Es fühlt sich eben ein bisschen so an, als hätte man ein altes Auto frisch lackiert und poliert, unter der Haube aber treibt immer noch der gleiche Motor das Fahrzeug an.

Für Freunde von Wirtschaftssimulationen ist Port Royale 3 trotzdem leckerer Nachschub. Es ist beispielsweise der Multiplayer und die kleinen Veränderungen im Detail, die es trotzdem zu einem unterhaltsamen Spiel machen. Es ist eine Wirtschaftssimulation der alten Schule in hervorragender Qualität, mit der wir im Grunde gern unsere Zeit verschwenden und von der wir uns noch schwer losreißen können. Aber wer einmal darauf achtet, der wird die Fallen erkennen und dabei vielleicht leider auch den Spaß am Spiel verlieren.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
Einführungskampagne, Mehrspielermodus, abwechslungsreiche Spielmechaniken
-
kaum Neuerungen, kleine Fehler im Spieldesign
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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