Moonrise Kingdom

Aber echte Cineasten wissen das natürlich - und lassen sich gerade deswegen gerne auf überdrehte Ausflüge nach Absurdistan - oder in diesem Fall ins Moonrise Kingdom - ein. Wir befinden uns auf einer Insel vor der Küste Neuenglands, Mitte der sechziger Jahre. Eine isolierte Puppenstubenwelt, heimelig und gleichzeitig beklemmend eng. Sam Shakusky ist ein 12-jähriger Pfadfinder, der in allem gut ist, was auch in den Sechzigern schon hochgradig uncool war. Trotzdem verliebt sich die auto-aggressive Suzy in ihn. Gemeinsam reißen sie aus und bauen sich mit Hilfe von Sams Pfadfinderwissen am Rand ihrer Welt, dem Inselstrand, eine romantische Zuflucht.

Sie werden verfolgt von einer ganzen Meute Erwachsener, allesamt noch verschrobener als die beiden Teenager: Suzys Eltern (Bill Murray und Frances McDormand), der Inselsheriff (Bruce Willis), das Jugendamt (Tilda Swinton) und ein ehrgeiziger Oberpfadfinder (Edward Norton). Aus dieser Aufzählung darf man niemanden herausstreichen: Es ist Wes Andersons brillanteste Gabe, in einem überbordend großen Cast jedem Charakter den gleichen Raum zu geben, es gibt bei ihm schlicht keine Haupt- und Nebenrollen. Und sie alle füllen ihren Raum großartig aus.

Mit Moonrise Kingdom bleibt Anderson seinem Hang zum modernen Märchen voller absurder Charaktere und hanebüchener Komik ein weiteres Mal treu. Die fast krankhaft symmetrischen Bilder, die er erschafft, sind seit den Royal Tenenbaums und spätestens seit Darjeeling Limited zu Recht Kult. Fragt sich nur, wie lange die Variationen seines immer gleichen Stils noch funktionieren werden - bevor sie auch den Cineasten irgendwann zu langweilig werden.