Manchmal muss man ein Problem nur aus einem anderen Blickwinkel betrachten, um eine Lösung zu finden. Und manchmal muss man den Mut haben, weiterzumachen oder sich von einem falschen Weg abzuwenden. Das klingt jetzt kitschig, aber Monument Valley liefert den brillanten und konkreten Beweis dafür, dass es stimmt.
Wir müssen die kleine Spielwelt drehen und wenden, um Ida dabei zu helfen, sie zu durchqueren. Was zunächst wie eine Sackgasse wirkt, kann sich unter Umständen in den richtigen Weg verwandeln - wenn wir die Perspektive verändern. Scheinbar weit entfernte Plattformen formen so plötzlich eine Brücke, wenn wir sie aus dem richtigen Winkel betrachten. Das Konzept gleicht Fez, doch statt sich auf die Jump'n'Run Aspekte zu fokussieren, setzt Entwickler Ustwo auf geometrische Gedankenspiele und schwierige Rätsel. Das Ergebnis ist einfach großartig.
Wie auf den Bildern und in dem Video zu erkennen ist, sieht Monument Valley dabei so wunderschön aus, dass wir am liebsten jeden noch so kleinen Streckenabschnitt in Bildern festhalten und an die Wand hängen wollen. Die Farb- und Formenwahl bieten ästhetische Perfektion von Anfang bis Ende. Hand in Hand mit dem Design gehen auch die Spielmechaniken, sodass sich selbst die wunderlichsten Formen ganz unvermutet als funktionell erweisen. Dazu ein kleines Beispiel.
Erinnert ihr noch an das erste Mal, als ihr das Illusionsbild "Penrose-Treppe" gesehen habt? In diesem Bild wurde ein Stufenverlauf so gezeichnet, dass man ihm ohne Unterlass sowohl herauf wie auch herunterfolgen kann - obwohl er im Kreis verläuft. Die Rätsel von Monument Valley folgen einem ähnlichen Prinzip. Allerdings lassen sich einzelne Elemente bewegen, sodass sie wiederum neue Elemente formen. So wird eine Plattform für Ida ein Standpunkt oder ein neuer Weg.
Obwohl das Tempo recht langsam ist, scheint das Spiel schon zu Ende zu sein, gerade als wir richtig in Fahrt kommen. Für 3,59 Euro gibt es zehn Rätsel, die für etwa eine Stunde unterhalten. Effizient. Besonders die ersten Rätsel sind allerdings so einfach, dass sie kaum zum Reflektieren einladen. Andererseits ist das Spielkonzept so speziell, dass es bei längerer Spielzeit ermüdend sein könnte.
Gegen Ende hin, als ich ein komplexes Rätsel von Innen und Außen untersuche, oder als ich einer Treppe runter zum Meer und in die Unterwelt folge, während unterschwellige Musik meinen Fortschritt in Echtzeit zu kommentieren scheint, bin ich mir sicher. Es braucht keine weitere Überzeugungskraft. Diese letzte Strecke ist die cleverste und lustigste von allen. Danach kann ich nur meinen Kopf schütteln und lachen. Schließlich habe ich gerade eine der besten Spielsessions des Jahres hinter mir. Vielleicht sogar die beste. Trotzdem ist Monument Valley nicht perfekt, zumindest nicht für mich.
Zunächst einmal fehlt es an einer erkennbaren Form eines merkbaren Handlungsverlaufs. Erklärt wird, dass sich Ida auf eine Reise nach Vergebung befindet und stetig gibt es ein Wiedersehen mit einem Vogel, der uns subtil psychologisch zusetzt. Am Ende aber wirken die Dialoge wie von Google Translate übersetzt. Nichts treibt mich an, für das es sich zu kämpfen lohnt. Allein der Wunsch bleibt, das nächste Rätsel zu lösen.
Und auch die Kürze des Abenteuers spielt eine Rolle. Denn obwohl es großartig ist, fällt es eben doch ein bisschen zu kurz aus. Die erste Welt lösen wir innerhalb von 15 Sekunden, den zweiten und dritten Abschnitt lassen wir nach jeweils anderthalb Minuten hinter uns. Erst zum Ende hin wird das Geschehen auf dem Bildschirm fordernder. Es wird sogar beeindruckend und richtig clever - und dann ist es aber im Grunde schon wieder vorbei.
Am Ende wird das aber nicht der entscheidende Faktor sein. Deshalb: Solltet ihr nach Nachschub für iPad und iPhone suchen, ladet euch Monument Valley auf jeden Fall runter. Android-Besitzer müssen sich allerdings noch ein bisschen gedulden.