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Monaco: What's Yours is Mine

Monaco: What's yours is mine

Meine Damen und Herren, Uhrenvergleich bitte. Indie-Darling Monaco: What's yours is mine wird Ihnen die Zeit stehlen und das Schöne daran ist - niemand will sie zurück.

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Monaco ist der Traum für jeden Einbrecher. Die Reichen und Hässlichen mit ihren riesigen Villen, Juweliere, internationale Banken, Museen, königliche Paläste und natürlich das Casino. In Monaco im Knast zu sitzen, dürfte dagegen für jeden ehrenwerten Ganoven an Folter Grenzen, selbst wenn dort die Betten mit ägyptischem Leinen bezogen werden sollten. Also: Ausbrechen, ein Team von Spezialisten zusammenstellen, das ganz große Ding durchziehen und danach in den verdienten Ruhestand an einen schneeweißen Strand verschwinden.

Wenn nach kleineren Einführungsmissionen unser Team komplett ist, haben wir eine illustere Schar von acht Ganoven versammelt. Alle sind Spezialisten auf ihrem Gebiet. Der Panzerknacker: versiert im schnellen Öffnen von Schlössern aller Art. Der Taschendieb: vor seinem flinken Äffchen ist nichts Glänzendes sicher. Der Aufpasser: analysiert die Lage und ist stets über die Patrouillen der Wachposten im Bilde. Der Cleaner: als schweigsamer Killer fackelt er nicht lange und schickt unvorsichtige Wachmänner in das Reich der Träume. Im Laufe des Spiels wird das Team noch um den Gentleman, einen Meister der Tarnung, die verführerische Rothaarige, den Hacker und den Maulwurf, seines Zeichens Spezialist im Tunnelbau, erweitert.

In Monaco: What's yours is mine werden die Einbrüche aus der Vogelperspektive ausgeführt. Auf einem zunächst sehr dunklem Grundriss des Zielgebäudes decken wir mit unseren Ganoven langsam mehr Details auf. Wichtigstes Element ist dabei die Sichtlinie, aber natürlich auch die der Wachmänner und Sicherheitsposten. Das visuelle Ereignis, das dabei entsteht, ist mit Worten kaum zu erklären. Aber Monaco: What's yours is mine ist mit seiner stilisierten Grafik ein optischer Hochgenuss. Während sich die Spielfiguren bewegen, hat man das Gefühl, den Reflektionen einer Discokugel bei ihrem Tanz aus Licht und Farben zuzusehen. Immer wieder versperren Hindernisse die Sicht und der Meisterdieb ist in Bewegung quasi ständig von einer rotierenden Aura umgeben, wenn auf dem dunklen Grundriss die knallbunte Sicht auf die Realität frei wird.

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Monaco: What's Yours is MineMonaco: What's Yours is Mine
Auf einem zunächst sehr dunklem Grundriss des Zielgebäudes decken wir mit unseren Ganoven langsam mehr Details auf.

Wenn mehrere Spieler gemeinsam den Einbruch planen, wird es noch psychedelischer. Monaco: What's yours is mine kann mit bis zu vier Spielern online und offline im Koop-Modus gespielt werden. Wobei da ganz unterschiedliche Spielerfahrungen entstehen werden. Mit einem unkoordinierten Team wird das alles schnell zum wilden und hektischen Partyspiel. Aber mit der nötigen taktischen Absprache kann auch jederzeit am ruhigen und perfekten Verbrechen gefeilt werden.

Freunde von Schleicheinlagen werden den Singleplayer bevorzugen. Hier tritt man mit vier Leben an und wenn es richtig schiefgeht geht, kann man mit einem neuen Mitglied des Teams wieder einsteigen. Und es geht eigentlich immer was schief. Nachdem man sich für den vermeintlich richtigen Mann oder die einzige Dame im Team entschieden hat, steht häufig am Anfang des Level noch eine Auswahl an Gadgets zur Verfügung. Von denen darf aber immer nur eins aufgenommen werden.

Das Angebot reicht von EMP-Granaten und C4 über Pflaster bis zu offensiven Waffen wie ein Armbrust mit Betäubungspfeilen oder einer Schrotflinte. Doch die Munition ist knapp und muss erst schwer verdient werden. Über einen Level sind etliche Goldstücke verteilt und jeweils zehn davon ergeben eine Gadgetladung. Ein gewaltsamer Amoklauf mit der Shotgun wird höchstens in einem der Einführungslevel erfolgreich sein.

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Monaco: What's Yours is Mine
Freunde von Schleicheinlagen werden den Singleplayer bevorzugen.

Nur wer die Wachmänner im Auge behält und an den Rechnern diverse Sicherheitsvorkehrungen kurzfristig lahmlegt, wird unbemerkt genügend Munition aufstocken und dabei auch der eigentlichen Beute näherkommen. Gutes Timing ist sehr wichtig, denn die meisten Aktionen verbrauchen kostbare Zeit. Beim Knacken von Schlössern oder beim Einschleusen eines Virus verstreicht immer etwas Zeit, bevor die Aktion ausgeführt wird. Viel Spielraum für Fehler oder unangenehme Überraschungen ist nicht - und so bricht häufig schnell die Hölle los.

Man sollte also stets einen einigermaßen sicheren Rückweg im Hinterkopf haben, denn mit dem Auslösen des Alarms wird Monaco: What's yours is mine schnell zu einem Pac-Man-Klon. Hektisch versucht man, die Sichtlinie mit den Wachmännern zu unterbrechen, damit wieder Ruhe einkehrt. Wer da die falsche Richtung einschlägt, wird gnadenlos von verschlossen Türen ausgebremst, die in der Kürze der Zeit kaum mehr zu knacken sind. Oder man löst ständig wieder einen neuen Alarm aus.

Die große Leistung von Monaco: What's yours is mine ist vor allem, wie variabel die Spielerfahrung ist - je nachdem, ob man alleine oder im Team spielt, aber in erster Linie definiert durch die Wahl des eigenen Charakters. Der Maulwurf ermöglicht absurde Taktiken, indem man viele Hindernisse einfach mit Tunneln umgeht, während der Cleaner vergleichsweise offensiv unvorsichtige Wachen ausschalten kann. Dabei ist es völlig unwichtig, dass die Spezialisten vielleicht nicht unbedingt ausbalanciert sind. Hier geht es um die persönlichen Präferenzen und um Spaß.

Monaco: What's Yours is Mine
Man sollte also stets einen einigermaßen sicheren Rückweg im Hinterkopf haben, denn mit dem Auslösen des Alarms wird das hier schnell zu einem Pac-Man-Klon.

Gerade in den späteren Level stellt das Spiel unfassbar hohe Anforderungen. Wer alleine spielt, plant fest ein, dass Mitglieder des Teams nacheinander das Zeitliche segnen und arbeitet an der optimalen Reihenfolge, um einen Level überhaupt abzuschließen. Aber dann kommt man doch noch mal wieder, denn neben dem ersten Kapitel, erzählt aus der Sicht des Panzerknackers, lässt sich noch ein zweites Kapitel freischalten, in dem der Taschendieb von seiner Realität erzählt. Diese Level lassen sich aber nur freischalten, wenn alle Goldstücke eines Szenarios eingesammelt werden - und das ist nochmals eine ganz andere Herausforderung.

Monaco: What's yours is mine liefert eine einzigartige Spielerfahrung. Die Gameplay-Elemente greifen ineinander wie bei einem gut geölten Getriebe und lassen einem viel Freiraum für interessante Experimente. Die stilisierte Grafik ist ein visuelles Ereignis, das seinesgleichen sucht, ohne das die Übersicht je zu kurz kommt. Unterstützt wird das Spiel von einem dynamischen Klavier-Soundtrack aus der Feder von Austin Wintory, der für seinen Journey-Soundtrack letztes Jahr einen Grammy eingeheimst hat.

Das Spiel lässt einem tatsächlich unglaublich viel Freiraum und erlaubt es jedem Spieler, seine gänzlich eigenen Erfahrungen zu machen. Stealthmeisterwerk, großes taktisches Planspiel, manisches Partyvergnügen und süchtigmachender Zeitfresser - Monaco: What's yours is mine ist alles in einem. Um ernsthaft Kritikpunkte zu finden, muss man sich schon sehr anstrengen. Vielleicht hätte die ein oder andere Spielmechanik noch etwas ausführlicher erklärt werden können, aber kleine Details selbst zu entdecken kann auch eine große Freude sein. Die Künstliche Intelligenz der Sicherheitsleute hat mit den selbstgegrabenen Tunnel manchmal ihre Probleme, aber da kann man sich nie sicher sein und diese Unvorhersehbarkeit macht auch viel von der Spannung aus. Schließlich werden die Laufwege der Wachposten bei jedem Neustart auch leicht variiert. Taktik ist ein großer Faktor, aber wer in den hektischen Situationen nicht schnell kluge Entscheidungen trifft, wird nie alle Level zu sehen bekommen. Denn der Indie-Hit von Andy Schatz ist ein verdammt forderndes Meisterwerk.

10 Gamereactor Deutschland
10 / 10
+
Fantastisches, forderndes und spannendes Gameplay, das viel Freiräume für Experimente lässt. Visuelles Ereignis, grossartiger Koop-Modus, dynamischer Soundtrack, hoher Wiederspielwert
-
Nichts
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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