Wenn mich jemand nach meinem Lieblingsfilm von Disney fragt, ist meine Antwort nicht Der König der Löwen, Lilo & Stich oder ein Pixar-, Marvel- geschweige denn Star-Wars-Film, sondern Nightmare Before Christmas von Tim Burton. Es ist kein typischer Disney-Film, aber mir hat der tolle, makabre Look schon immer sehr gefallen. Als ich das erste Mal Zoink Games' 3D-Plattformer Lost in Random gesehen habe, ist mir gleich der Stil des berühmten Filmproduzenten aufgefallen und ich war sofort neugierig.
Die düstere Welt von Random wird von einer mächtigen Königin regiert, die das Land mit ihrem magischen Würfel fest im Griff hat. Laut dem Gesetz der Königin müssen die Zwölfjährigen mit einem Würfelwurf bestimmen, in welcher der sechs Regionen des Landes sie den Rest ihres Lebens verbringen werden. Zu Beginn des Spiels muss Odd, die Schwester der Protagonistin Even, den entscheidenden Würfelwurf vollziehen und endet in Sechstopia (der schicksten Region Randoms). Even sorgt sich um ihre Schwester und macht sich deshalb auf den Weg, um Odd zurück nach Einsfelden zu holen.
Das ist eine kaum zu bewältigende Aufgabe für Even, aber sie bekommt Hilfe in Form von Dicey, einem der verbliebenen, lebenden und sehr mächtigen Würfel, die durch die Königin fast ausgerottet wurden. Dicey ist eine niedliche Kreatur, die vor sich hinmurmelt und ständig in Schwierigkeiten gerät. Genau wie die Königin und ihr schwarzer Würfel, sind auch Dicey und Even miteinander verbunden - eine ähnliche Bindung, wie die Pokemon zu ihren Trainern haben. Und diese Verbindung ist so wichtig, weil Dicey die Welt beeinflussen und manipulieren kann. Das ist aber nur dann möglich, wenn Even genug Energie gesammelt hat und anschließend mit ihm würfelt.
Diese Mechanik ist ein wichtiger Bestandteil in den Kämpfen, die in Echtzeit ablaufen. Wir schießen mit unserer Steinschleuder leuchtende Kristalle von den mechanischen Feinden ab, mit denen wir wiederum Dicey aufladen. Unser Begleiter benötigt diese Aufladungen, weil es in Lost in Random ein Kartensystem gibt. Diese Karten verbildlichen Evens Optionen, als ob sie Waffen oder Fähigkeiten einsetzen, Heiltränke nutzen oder Bomben legen kann.
Dicey braucht die Energie, um uns eine Auswahl an Karten zu präsentieren. Anschließend wird gewürfelt und die Augenzahl bestimmt, wie viele Punkte wir haben, um unsere Karten auszuspielen. Mächtige Karten haben höhere Kosten, wie etwa der starke Hammer aus Zwei-Stadt, der mit drei Punkten zu Buche schlägt, während ein Heilelixier nur einen Punk kostet.
Das klingt nach einem recht komplexen Kampfsystem, doch in Wahrheit ist es das genaue Gegenteil. Denn bis wir genug Energie für Dicey gesammelt haben, weichen wir eigentlich nur aus und schießen auf die leuchtenden Kristalle der Gegner. Dann rollen wir Dicey, die Zeit friert ein und wir planen unsere Strategie. Wenn wir die Karten ausgespielt haben und bereit für die Action sind, läuft die Zeit wieder normal weiter und wir bekämpfen die Gegner, ehe das große Sammeln von Kristallen wieder von vorne beginnt.
Zoink Games hat dieses System noch weiter auf die Spitze getrieben, denn in manchen Begegnungen wird das Ganze zu einer Art Brettspiel, in dem wir unsere Figur nur bewegen dürfen, wenn wir mit Dicey gewürfelt haben. Das sorgt für viel Abwechslung in den Kämpfen, weshalb die normalen Begegnungen irgendwann fast schon ein wenig langweilig wirken (obwohl sie das eigentlich nicht sind).
Die Kämpfe spielen in Lost in Random eine große Rolle, doch die Story und das Erkunden der bizarren, einzigartigen Welt ist genauso wichtig. Die Handlung ist spannend, sodass ihr immer wissen wollen werdet, wie es weitergeht. Die Welt fühlt sich frisch an und der gotische Stil verleiht dem Spiel eine ganze eigene Identität. Manchmal geht es jedoch auch etwas finsterer zu.
Trotz der tollen Geschichte und der packenden Kämpfe hat Lost in Random auch Schwächen. Random ist ein aufregender Ort, aber das lineare Level-Design lässt die Neben-Quests manchmal sehr eindimensional wirken (das Sammelzeug ändert daran auch nicht viel). Ihr werdet mit eurer Schleuder häufig auf Tonkrüge schießen, um Gold zu verdienen, damit ihr mehr Karten kaufen könnt. Alternativ findet ihr Seiten eines Buches, das euch mit zusätzlichen Hintergrundinfos versorgt. So richtig aufregend ist das alles ehrlich gesagt nicht.
Trotzdem ist Lost in Random ein großartiges Indie-Game, mit einem wirklich einzigartigen Konzept, das noch dazu toll umgesetzt wurde. Das Spiel bietet so viel Tiefe, dass ihr einfach immer weiterspielen wollt. Das Konzept mag nicht auf den ersten Blick überzeugen, doch Lost in Random ist ein Spiel, das aus etablierten Genres etwas wahrlich Einzigartiges schafft, ohne sich verbiegen zu müssen. Dieses Abenteuer wird euch sicher nicht enttäuschen.