Das Karnickel Ash, Prinz der Hölle, sinnt nach Rache: Irgendjemand hat kompromittierende Fotos von ihm und seinem Quietsche-Entchen ins Hellternet hochgeladen und die einhundert Views auf dem Videoportal können nur eins bedeuten - die feigen Mitwisser müssen für immer zum Schweigen gebracht werden. Also schwingt sich Ash zur Schadensbegrenzung auf sein Kreissägen-Jetpack und durchsucht die Hölle nach den hundert Monstern, die sein süßes Geheimnis kennen.
Wenn man bedenkt, dass alle Monster im Laufe des Spiels einen grausamen Comic-Tod erleiden werden, der von einer Art Wario Ware-Minispiel eingeleitet wird und dann in einem bildschirmfüllenden Fatality-Move endet, könnte man glauben, Hell Yeah: Der Zorn des toten Karnickels dürfte gerade in Deutschland so ziemlich jeden Sittenwächter auf den Plan rufen.
Arkedos quietschbunte 2D-Hölle ist dann doch mehr Spongebob als Itchy und Scratchy und die finalen Moves von Ash eher ein Äquivalent des Zehn-Tonnen-Amboss, der eine Comic-Figur aus heiterem Himmel erschlägt - nur viel bunter und mit bildschirmfüllenden Animationen. Für die hundert unterschiedlichen Monster gibt es knapp vierzig verschiedene Minispiele, die eher eine schnelle Aufassungsgabe als Geschicklichkeit erfordern.
In einem dieser Minispiele muss mit simplem Knopfdruck eine Münze in einen Arcade-Automaten eingeworfen werden, schon macht sich eine Armada aus Space Invadern auf den Weg und fällt in einem discoartigen Inferno über das ahnungslose Opfer her. In diesen Sequenzen feuern die Freaks von Arkedo immer wieder unterschiedliche und wirklich surreale Animationsorgien ab. Die offensichtliche Ausgelassenheit und die kindlichen Freude, mit der sie dabei zu Werke gegangen sind, überträgt sich sofort auch auf einen selbst.
Aber Hell Yeah: Der Zorn des toten Karnickels ist keine Minispiel-Sammlung, sondern ein klassischer 2D-Plattformer, der uns auch knallhartes Trial & Error-Gameplay abverlangt. Die einzelnen Abschnitte der Hölle sind durch Tore versperrt, die sich erst nach einer bestimmten Anzahl erledigter Monster öffnen. Ash macht sich mit seinem Kreissäge-Jetpack auf die Suche und hüpft und springt durch die abwechslungsreichen Zonen. Später kommt noch ein ganzes Arsenal an Waffen dazu, um beispielsweise elektrisch geladene Gegner auszuschalten, bei denen Ash mit seiner Kreissäge nichts ausrichten kann.
Hinter die Funktionsweise des Jetpacks kommt man allerdings erst nach und nach. Ein bisschen verleitet einen das Spiel leider auch zum falschen Umgang mit dem Gerät. Man kommt am Anfang relativ lange in dem Glauben klar, man hätte eine Art Doppelsprung und ärgert sich dann über die unpräzise Steuerung. In Wahrheit kann das Jetpack aber auf Knopfdruck eine bestimmte Höhe halten und wenn man dieses Grundprinzip erstmal verinnerlicht hat, gehen die Aufgaben um einiges leichter von der Hand. Während die ersten Gegner noch leicht niedergemäht werden können, muss man sich später einiges einfallen lassen und auch die nähere Umgebung ins Vorgehen mit einbeziehen.
Die Areale sind abwechslungsreich und zwischendurch bemannt Ash immer wieder mal unterschiedliche Fahrzeuge. Er bekämpft etwa ein Unterwassermonster mit einem kleinen U-Boot oder das Karnickel wird für eine längere Passage komplett seiner Hilfsmittel beraubt. Dann stehen Ash nur ein echter Double-Jump und ein Wall-Jump zur Verfügung, allerdings machen sich auch hier kleine Macken bei Präzision und Ausführung bemerkbar. Berührt Ash nach einem Doppelsprung eine Wand, springt er bei gedrücktem Knopf immer wieder erneut ab. Das ist in kaminartigen Aufstiegen sehr praktisch, wird aber zum tödlichen Ärgernis, wenn man nach einem einfachen Doppelsprung nur zufällig eine Wand berührt. Super Meat Boy hat vorgemacht, wie sich eine präzise Steuerung anfühlen muss und da hat Hell Yeah: Der Zorn des toten Karnickels eindeutig seine Schwächen.
Trotzdem ist Hell Yeah: Der Zorn des toten Karnickels eine knallbunt animierte Achterbahnfahrt durch die surrealen Visionen der französischen Indie-Entwickler von Arkedo. Die haben mit dem Geld von Publisher Sega scheinbar einfach in kindlicher Ausgelassenheit alles animiert, was ihnen in den Sinn gekommen ist und gerade auch dadurch fühlt sich das Game nach einem echten Sega-Titel aus der Hochphase des ehemaligen Konsolenherstellers an - nämlich einfach auch ein bisschen anders als die anderen und mutig.
Funktioniert hat es nicht an allen Stellen. Es gibt eine Art Meta-Game, in dem auf einer kleinen Insel alle Monster angesiedelt werden, die man bisher erledigt hat, was soweit eigentlich auch ganz nett gemacht ist. Den Monstern können Arbeiten zugewiesen werden und so versorgen sie uns mit zusätzlicher Gesundheit, arbeiten an der Entwicklung von Waffen-Upgrades oder raren Gegenständen in Form von Geschenken. Da wir im Hauptspiel nach und nach die hundert Monster abarbeiten, bekommt unsere kleine Insel stetig Zuwachs. Kranke Monster kommen zur Erholung an den Strand, die Frechen werden für erzieherische Maßnahmen ins Verließ geworfen.
Nach einer gewissen Zeit können wir dann unsere Geschenke oder Verbesserungen auf der Insel abholen und genau da ist der Haken. Die Insel ist nur aus dem Hauptmenü zu erreichen, was eigentlich nicht das Problem sein müsste - wären da nicht die wirklich unerträglichen Ladezeiten beim Start des Hauptspiels. Beim Ladevorgang werden zwar ein paar Tipps und Witze eingestreut, aber der Ladebalken ist eine echte Ausgeburt der Hölle. So verliert man an der kleinen Insel schnell das Interesse und schaut höchstens mal beim nächsten Neustart des Spiels kurz vorbei. Da haben die Jungs von Arkedo bei ihrer ausgelassenen Entwicklerparty ein bisschen die Pflicht vergessen, das merkt man auch an eher kleinen Dingen wie die fehlende Option, die Musik auszustellen. Die ist soweit zwar total okay, aber man weiß, wie nervig das manchmal auch sein kann - erst recht, wenn man ihr zwangsweise ausgesetzt ist.
Auch wenn jetzt viel gemotzt wurde: Hell Yeah: Der Zorn des toten Karnickels ist ein schönes Spiel, besonders wenn man sich an den prächtigen Animationen erfreut. Aber es ist eben auch nicht ohne Fehler - ihr seid gewarnt.