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Guacamelee

Guacamelee

Und wie aus dem Nichts erscheint plötzlich ein Skelett.

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Als mich die dunklen Augen anstarren, weiß ich sofort, was ich zu tun habe. Wie von selbst ballen sich meine Luchador-Finger zu Fäusten und mit aller Kraft schleudere ich sie meinem knochigen Gegner entgegen. Der Schlag sitzt und schleudert ihn zu Boden. Unentwegt rinnt der Schweiß unter meiner Maske und langsam wende ich meinen Blick zu den Horden von Untoten, die sich in um mich scharen.

Drinkbox Studios, die Macher des Playstation Vita-Hits Tales from Space: Mutant Blobs Attack melden sich zurück und liefern mit dem Jump'n'Run Guacamelee ihre ganz eigene, sehr mexikanische Version des Metroidvania-Genres. Wie man sich denken kann, hat der Titel eine ganze Menge Charme. Abgerundet wird das Konzept von Guacamelee aber von einem tiefgründigen Kampfsystem, jeder Menge Jump'n'Run-Elementen und einer richtig schicken Comic-Optik.

Kurz zur Hintergrundgeschichte: Juan ist ein einfacher Mann aus einem kleinen mexikanischen Dorf, dessen Jugendliebe von Skeletten entführt wurde. Um das Böse zu besiegen, muss sich Juan nun die Luchador-Maske überziehen und die Liebe seines Lebens retten. Obwohl die Geschichte im Laufe des Spiels über Texte erzählt wird, schafft es Drinkbox, den Guacamelee-Figuren Tiefgründigkeit zu verleihen. So wird Juans Gelassenheit wunderbar durch die fesselnden Dialoge mit seinen Feinden und Verbündeten ergänzt. Die Geschichte mag zwar simpel wirken, fesselt uns aber dank ihres Charmes und der Charaktere während der gesamten Spielzeit. Eigenwillige Persönlichkeiten wie den Fiesling Jaguar-Javier und Flame-Face werden man wohl nie mehr vergessen.

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GuacameleeGuacamelee
Gerade der Grafik-Stil überzeugt mit jeder Menge Abwechslung und richtig viel Charme.

Der herausragendste Aspekt des Spiels ist aber die Grafik. Das Design erinnert an Serien wie Samurai Jack oder Star Wars: Clone Wars und hebt Guacamelee aus der Masse anderer Spiele des Genres hervor. Wie ein roter Faden zieht sich das Konzept durch das gesamte Spiel und schließt selbst feuerspeiende Drachen und die Form wandelnde Zauberer ein. Die Umgebungen sind abwechslungsreich und führen uns von großen Tempeln durch dunkle Wälder zu gemütlichen Dörfern. Ebenso herausragend sind die Kampfmoves. So springen etwa Juans Fäuste regelrecht lebhaft und farbenfroh, wenn sie auf einen Gegner treffen. Toll!

Das farbige und übertriebene Konzept findet sich auch in der musikalischen Untermalung wieder. Passend unterstützt der Sound die Optik mit einem Mix typisch mexikanischer Klänge wie etwa Bass und Maracas. Gerade die Musik verwandelt jeden Kampf in eine Szene aus Zorro, in der es so scheint, als sei jede Handlung Teil einer ausgeklügelten Choreografie. Obwohl das vordergründig vor allem das mexikanische Konzept abrundet, trägt es auch jede Menge zum Spaßfaktor bei und bringt uns immer wieder zum Lachen.

Leider werden die unterhaltsamen Töne aber zu oft wiederholt. Schade, denn die qualitative Grundlage ist ohne Zweifel da, es fehlt lediglich an Variation. Weil alle Dialoge in Textboxen vermittelt werden, unterbrechen nicht einmal Stimmen die Monotonie der Musik. Ein bisschen mehr Einsatz der Soundverantwortlichen hätte da kaum geschadet.

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Guacamelee
Die Bosskämpfe sind ordentlich herausfordernd. Um einige Gegner zu besiegen, müssen wir sogar Dimensionen verschieben.

Guacamelee setzt sich aus zwei wesentlichen Komponenten zusammen: Einem klassischen Jump'n'Run und einem soliden Kampfsystem. Unterstützung gibt es dazu in Form einer offenen Spielwelt, in der wir ungehindert von Dorf zu Dorf reisen, Wüsten und Wälder erforschen und mit neuen Fähigkeiten vorher unzugängliche Wege beschreiten. In dieser meist feindlichen Welt springt und rollt Juan voller Elan und setzt vor allem seinen Kopf ein, um sich Gegner mit Schlägen, Tritten und Greif-Angriffen vom Leib zu halten. Dabei meistern wir jede Menge unterschiedliche Kombinationen und schalten weitere Tricks und Angriffe frei, die das Spiel sowohl vereinfachen als auch verkomplizieren. Trotzdem: Alles motiviert einen, immer neue Fähigkeiten zu finden.

Neben Juans Luchador-Fähigkeiten steht uns außerdem ein Dimensionssystem zur Verfügung. Zu verdanken haben wir das der finsteren Galaxa, die Hauptgegnerin im Spiel. Durch die Kollision der Welt der Lebenden und der Toten hat sie die Ordnung der Dinge vollkommen durcheinander gebracht. Neben vielen Nachteilen bringt das aber auch Vorteile mit sich: Wir verschieben nämlich nun Welten und Dimensionen.

Das macht die Kämpfe natürlich noch komplexer, denn um bestimmte Gegner zu besiegen, müssen wir die Dimensionen richtig verschieben. Gerade zu Beginn ist das keine leichte Aufgabe. Guacamelee ist schwer und manchmal wirklich frustrierend. Um die Herausforderungen zu meisten, müssen wir nicht nur schnell sein, sondern auch klug vorgehen. Gerade das führt aber auch dazu, dass wir jede besiegte Bande von Gegnern als echten Triumph feiern.

Guacamelee
Die Kämpfe sind komplex. Um die untoten Feinde zu besiegen, müssen wir nicht nur schnelle Reflexe haben, sondern auch mit Köpfchen vorgehen.

Immer wieder müssen wir an bereits bekannte Orte zurückkehren und uns vorher unlösbare Rätsel mit neuen Fähigkeiten vornehmen. Gekennzeichnet werden die damit verborgenen Wege mit farbigen Blöcken. Gerade neben der drei- bis fünfstündigen Kampagne gibt das weiteren Ansporn, die Spielwelt zu erkunden. Die Zahl der Nebenmissionen ist allerdings überschaubar und die meisten absolvieren wir ohnehin schon während der Hauptgeschichte.

Das ist wirklich enttäuschend. Nicht etwa wegen des Preis-Leistungs-Verhältnisses, sondern weil Guacamelee so gut gemacht ist und so voller Leben steckt, dass wir gern mehr Zeit in der farbenfrohen Spielwelt verbracht hätten. Es gibt zwar einen Koop-Modus, in dem Juan und sein Partner gemeinsam auf die Reise gehen - vorbehalten ist der aber Spielern auf der Playsation Vita. Obwohl Guacamelee vornehmlich für Solospieler konzipiert ist, sorgt das Koop-Abenteuer für weiteren Anreiz zum Spielen und funktioniert ebenso reibungslos.

Drinkbox Studios hat wieder eine Jump'n'Run-Perle hervor gebracht. Das tiefgründige Kampfsystem ist leicht zu erlernen, aber schwer zu meistern. Die Herausforderungen werden nicht nur mit schnellen Reflexen, sondern auch mit Köpfchen gelöst. Das großartige Design verleiht Guacamalee etwas ganz eigenes und um das Ganze noch etwas attraktiver zu gestalten: Die Playstation 3- und Playstation Vita-Version gibt's zum Preis von einem Spiel und das Speichern ist über beide Plattformen hinweg problemlos möglich. Guacamelee ist ein Muss für jeden Jump'n'Run-Fan. Und wem der Name Drinkbox Studios vorher nichts gesagt hat, sollte von nun an ein Auge auf die Entwickler haben.

09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
tiefgründiges Kampfsystem, brillanter Grafikstil, herausfordernde Bosskämpfe
-
Musik wiederholt sich zu oft, eher kurzes Abenteuer
overall score
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