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Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske

Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske

Wenn man unseren Redakteur Mike fragt, ist das Abenteuer mit Corvo und Emily ein heißer Kandidat für das Spiel des Jahres 2016.

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Es gibt so viele Arten, auf die man Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske spielen kann. Es ist eine enorme Leistung der Arkane Studios, dass sie eine Welt mit Spielsystemen erschaffen haben, die so viele Spielstile zulässt. Man kann schleichen oder mit der Klinge nach vorne losziehen und alles töten, was sich bewegt. Oder man lässt Gnade walten. Es spielt keine Rolle, wie man spielt, denn alles wurde getan, damit die Spielerfahrung authentisch bleibt.

Der erste Durchgang ist wie immer der schwerste, aber nach dem Abspann kann man direkt erneut loslegen und einen anderen Weg wählen, diesmal mit besseren Kenntnissen bezüglich der Umgebungen und Spielmechaniken. Es gibt zwei Spielfiguren, jede mit ihren eigenen Fähigkeiten, die auf unterschiedliche Art und Weise genutzt werden können, wobei alle jeweils ihre bedeutenden und weitreichenden Konsequenzen haben. Uns steht eine wirklich beeindruckende Anzahl von Möglichkeiten offen und trotz der fast schon überwältigenden Optionen hat es Arkane hinbekommen, dass sie dennoch genau so funktionieren, wie man es sich wünscht.

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Arkane hat dafür gesorgt, dass ein pazifistischer Stil bedeutungsvoll mit der Geschichte verwoben wurde und dabei geht es nicht nur darum, jemanden am Leben zu lassen.
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Corvo Attano, Lord Protector of the Empress of the Empire of the Isles, kehrt für das beeindruckende Sequel zurück und wieder fühlt man sich dank seiner magischen und physischen Fähigkeiten in seiner Rolle sehr mächtig. Aber für die meisten wird der gute alte Corvo wohl erst beim zweiten Durchgang die Hauptrolle spielen, denn diesmal schlüpfen wir wahlweise auch in die Rolle seiner Tochter Emily Kaldwin - und man muss sich früh entscheiden, welche Rolle man für den Rest der Geschichte übernehmen will.

Dishonored: Die Maske des Zorns war eines der atmosphärischsten Spiele der letzten Konsolengeneration. Der Nachfolger behält diese Essenz bei und versucht gleichzeitig neue Ideen, entwickelt die Reihe weiter. Dunwall hatte seinen eigenen Charakter, gleichermaßen trostlos und opulent, dabei bevölkert von grotesken Figuren, die lange in Erinnerung blieben. In Karnaca dominiert nun ein hellerer, eher kontinentaler Stil. Die Pest in Dunwall vor all den Jahren hat Platz für tödliche Blutfliegen gemacht und es herrschen Ungerechtigkeit und Konflikte, die die Atmosphäre noch weiter aufladen. Karnaca ist eine Stadt im Niedergang und die Ungleichheiten zwischen Arm und Reich werden immer größer.

Die Ereignisse führen entweder Corvo oder Emily von Dunwall nach Karnaca, um Jagd auf einen mörderischen Schurken zu machen. Während unseres Aufenthalts in der Stadt gilt es, so einige Leute zu besuchen. Wie schon im Vorgänger hat man die Wahl, wenn man auf andere Charaktere trifft. Arkane hat dafür gesorgt, dass ein pazifistischer Stil bedeutungsvoll mit der Geschichte verwoben wurde und dabei geht es nicht nur darum, jemanden am Leben zu lassen. Man muss häufig neue Wege gehen, um zu sehen, wie unterschiedlich sich die Dinge entwickeln können.

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Dishonored 2: Das Vermächtnis der MaskeDishonored 2: Das Vermächtnis der Maske
Bleiben wir im Schatten und schleichen von Deckung zu Deckung? Oder jagen wir aggressiv die Wachen, schlagen sie bewusstlos oder schlitzen ihre Kehlen auf?

Alles wird aus der Egoperspektive erlebt. Man kann das Tempo verlangsamen, wenn man das Kreismenü öffnet, in dem sich die Waffen und Spezialkräfte finden. Es gibt eine Armbrust, die mit verschiedenen Pfeilen ausgestattet werden kann. Wer eine Spur aus Leichen hinterlassen will, muss sich nicht um Munition sorgen, aber wer leise vorgehen will, sollte sich mit Betäubungspfeilen bewaffnen oder Leute vergifteten, die dann in Panik fliehen werden. Es gibt auch eine Pistole, ein stumpfes Werkzeug, dass nur geeignet ist, wenn man ein wenig Lärm machen will.

Aber es gibt nicht nur Projektile - und viele Unstimmigkeiten werden mit der Klinge gelöst. Die Kämpfe sind fordernd und gegen mehrere Gegner braucht man immer Köpfchen. Eine gut abgestimmte Parade eröffnet die Möglichkeit zum Konter, aber man wird schnell überwältigt, wenn man es mit zu vielen Gegnern gleichzeitig zu tun bekommt oder nur wenig Platz zum Kämpfen hat. Vielleicht hätte es noch mehr Abwechslung bei den Takedown-Animationen geben können, aber es gibt schon einige und man muss sich den Situation immer wieder neu anpassen.

Minen und Granaten runden die Optionen im Kampf ab, aber die Spezialkräfte haben die größte Auswirkung auf den Kampf. Corvos Blink erlaubt es ihm, sich über kurze Distanzen zu teleportieren, während Emily sich mit Far Reach schnell zwischen zwei Orten bewegen kann. Beide Figuren bewegen sich geschickt durch die Welt - und die Level spielen sich dank der Fähigkeiten ganz unterschiedlich. Besonders beeindruckend ist, wie nahtlos die verschiedenen Fähigkeiten kombiniert werden können. Ihre Vielseitigkeit macht uns zum Autor der Action. Bleiben wir im Schatten und schleichen von Deckung zu Deckung? Oder jagen wir aggressiv die Wachen, schlagen sie bewusstlos oder schlitzen ihre Kehlen auf? Mit der Zeit kommen immer mehr Werkzeuge dazu, die die jeweilige Spielweise immer mehr unterstützen.

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Dishonored 2: Das Vermächtnis der MaskeDishonored 2: Das Vermächtnis der Maske
Die Stadt ist einfach beeindruckend, aber eine Handvoll Gebäude bringen die Präsentation noch mal auf ein ganz anders Niveau.

Die potente Mischung aus Waffen und Fähigkeiten wird durch die Bonecharms noch weiter verstärkt. Man kann etwa die Laufgeschwindigkeit mit gezogener Waffe leicht verbessern oder den Explosionsschaden etwas verringern. Es gibt eine Menge unterschiedlicher Knochenamulette zu finden, oder man stellt sie mit den nötigen Ressourcen selbst her. Und wer sich die Zeit nimmt die Welt zu erforschen wird mit einem immer größer werdenden Repertoire an Tricks belohnt.

Und tatsächlich lohnt es sich nicht nur für das freischaltbare Zeug, die Spielwelt zu erkunden. Besonders beeindruckt die Aufmerksamkeit für Details, die in die Konstruktion der Welt geflossen ist. Alles wurde bis zum kleinsten Detail durchdacht. Es gibt Briefe, Zeitungen und Ausschnitte aus Büchern, die allen Teilen des Spiels einen Kontext verpassen - und dazu Unmengen an Geheimnissen. Dankbarerweise ist da aber keine Überdosis an Sammelzeug: Statt nach Sinnlosem zu suchen, hat alles, was man finden kann, eine Bedeutung oder einen sonstigen Wert.

So funktional die Spielwiese auch ist, sie ist gleichermaßen auch ein Kunstwerk. Wertvolle Bilder hängen an den Wänden, Zeichnungen liegen herum und selbst die Kunst wurde in die Geschichte eingebettet. Dunwall war einer meiner liebsten digitalen Orte - und Karnaca kann da locker mithalten. Alles wurde bewusst erschaffen mit einem Bewusstsein für Stil, das kann halt kaum scheitern. Die Stadt ist einfach beeindruckend, aber eine Handvoll Gebäude bringen die Präsentation noch mal auf ein ganz anders Niveau. Ich will nicht zu viel verraten, daher spreche ich nur über das Clockwork Mansion, eine Mission über die man schon vor der Veröffentlichung viel gehört und gesehen hat. Das Gebäude ist einzigartig und kann dank der eingebauten Mechaniken seine Räume drastisch verändern.

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So viele Ebenen arbeiten gemeinsam und sorgen für ein zusammenhängendes Spielerlebnis, das einen immer weiter in die Geschichte saugt.

Egal für welche Spielfigur man sich entscheidet oder wie man sie spielt - die Geschichte passt immer nahtlos zu den eigenen Entscheidungen. Sie hätte vielleicht noch ein wenig mehr Raum zum Wachsen verdient, aber was da ist, es ist sehr gut, vielleicht wird manchmal einfach nur zu viel in zu kurzer Zeit erzählt und das wirkt dann gelegentlich etwas zusammengetackert. Das gilt auch für die Figuren, die mehr Zeit gebraucht hätten. Nicht nur Corvo, mit dem wir ja schon etwas Zeit verbringen konnten, aber auch Emilys Fortschritte sind immer mal wieder bis zum Unnatürlichen beschleunigt. Wer nicht jedes Stück Papier sucht, bekommt vielleicht nicht genug Hintergrundinfos zu den Hauptfiguren.

Technisch gibt es keinen Grund zur Klage, aber vielleicht hatten ich auch einfach etwas Glück. Ich haben auf zwei verschiedenen PC gespielt, einer mit einer Nvidia-Grafikkarte und der andere mit einer AMD-GPU - und es kam zu keinerlei technischen Problemen, von denen die PC-Community allerdings berichtet - abgesehen von seltenen Abfällen mit der Framerate. Es ist dennoch sehr enttäuschend, dass die Bethesda-Politik bezüglich Vorabkopien für die Presse auch bedeutet, dass diese Probleme erst nach Erscheinen des Spiels an die Öffentlichkeit gelangen und die Early Adopter unter Problemen leiden, das tut mir wirklich leid. Ich habe mir auch kurz die PS4-Version angesehen: Die Ladezeiten schienen akzeptabel und es sah ziemlich gut aus.

Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske bietet also eine Reihe an Mechaniken, die alle ganz natürlich zusammenpassen. Man findet viel Freude und Freiheiten in diesem befriedigendem Spielsystem. So viele Ebenen arbeiten gemeinsam und sorgen für ein zusammenhängendes Spielerlebnis, das einen immer weiter in die Geschichte saugt. Außerdem werden Kreativität und Experimentierfreudigkeit permanent belohnt. Arkane Studios hat ein exzellentes Schleich-Action-Abenteuer erschaffen, das ohne jeden Zweifel zu den besten Spielen des Jahres 2016 gehören wird. Es ist ein würdiger, verbesserter Nachfolger des brillanten Originals, der für noch mehr Abwechslung sorgt. Der Stil sorgt für ein durchgehend hübsches Spiel, das Leveldesign hat allerhöchste Qualität und die verschiedenen Systeme passen so effektiv zusammen, dass sie einem eine einzigartige Autonomie über das Spielerlebnis geben. Es ist vielleicht nicht ganz perfekt, aber verdammt nah dran. Es werden heute kaum Spiele gemacht, die viel besser sind als das hier.

10 Gamereactor Deutschland
10 / 10
+
wunderschöne und detaillierte Spielwelt, einnehmende Story, interessante Fähigkeiten mit brillanter Abstimmung, reichlich Wiederspielwert
-
Charaktere hätten noch etwas besser entwickelt werden können, Probleme für einige Spieler mit PC-Fassung
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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