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Tomb Raider

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"Ganz ehrlich... das ist ein großartiger Vergleich", erzählt Karl Stewart und lacht. "Das ist das erste Mal, dass ich es in dieser Form höre. Ich werde das selbst benutzen." Dabei haben wir gerade lediglich angemerkt, dass die aktuelle Verkörperung von Lara Croft eine komplette Neuerfindung ist.

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Eine neue Kreation, die die letzten sechzehn Jahren kontinuierlicher Entwicklung gegen eine völlig neue Geschichte und einen neuen Charakter tauscht. Und im Vergleich mit der Uncharted-Reihe von Naughty Dog werden Parallelen zu James Bonds Rückkehr spürbar. Auch dort galt es, einen Charakter für die Zeit nach Jason Bourne zu formen. Nein, das ist keine Fortsetzung hier. Das ist die Wiederbelebung der Serie.

"Ich habe verschiedene Marken dafür herangezogen, um ein wirkliches Gefühl dafür zu bekommen, was es ist, dass Teil unseres Erbes ist", erklärt der Global Brand Director bei Crystal Dynamics. "Was gehört von Natur aus dazu, woran müssen wir festhalten und wovon müssen wir uns lösen, damit es sich frisch anfühlt? James Bond ist ein Typ, den wir sehr viel studiert haben und wenn wir uns 007 im Laufe der Zeit anschauen, dann geht es im Kern immer um eines - kulturell relevant zu sein."

Relevant zu sein, ist die wahrscheinlich schwierigste Herausforderung für unsere gutgebaute Archäologin - trotz ihrer erfolgreichen Abstecher in die höheren Kreise. Denn obwohl die Serie sich fortwährend mühte, großartig zu sein, trägt eine Umfrage unter Spielern eher zu Tage, dass es um zwei coole Waffen, den T-Rex und natürlich um Titten geht - Gewalt, Horror und Sex. Genau das ist es, was mit der Serie in Verbindung gebracht wird und nicht etwa einzelne Orte, Feinde oder fantastische Momente. Lara Croft ist weniger ein Charakter als ein Karikatur ihrer Zeit und das seit dem Moment, als Mitarbeiter von Core Design bei der Entwicklung des Originals die Brustgröße um 150 Prozent aufpumpten, statt lediglich um 50.

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Die 21-jährige Lara und die Crew der Endurance erleiden während eines Sturms Schiffbruch.
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Natürlich hätte Crystal Dynamics einfach weiter machen können, wo die Serie aufgehört hat. Vielleicht wären sie damit auch erfolgreich gewesen, aber die gewünschte Tiefe, die hätte immer gefehlt: "Wir konnten das mit der alten Lara einfach nicht erreichen", sagt Stewart. Wieder fett zu sein, dass war der Schlüssel für den Neustart - derselbe, der schon Batman und Star Trek bei den neuen Kinofilmen geholfen hat. Lara Croft sollte die Serie nicht wieder relevant machen. Nein. Sie sollte selbst wieder relevant werden. Sie sollte menschlich und mit Fehlern sein, jemand, für den man Empathie empfindet.

Emotionen sind es tatsächlich, die wir in der Demo immer wieder spüren und laut Stewart sollte der neue Charakter dafür den Übermittler spielen. Allein die ersten drei Minuten packen: Schwarz, Begeisterung, Angst, Aufregung und wahrhaft intensive Klaustrophobie. Eine Intensität, die unseren Atem stocken lässt und alles um uns herum vergessen macht.

Kurz lässt sich die Geschichte hinter dem Spiel zusammenfassen: Die 21-jährige Lara und die Crew der Endurance erleiden während eines Sturms Schiffbruch - bevor wir uns mit ihr in ein Abenteuer stürzen, das jegliche Verbindung mit der Vergangenheit, jegliche Vertrautheit vermeidet. Es wird ein richtig widerlicher Horrortrip ums Überleben.

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Eine Fackel beleuchtet die feuchte Höhle, in der Lara nach dem Sturm gestrandet ist.
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Die Präsentation beginnt damit, das Lara kopfüber von der Decke einer Höhle herab hängt. Neben ihr baumelt ein Sack, dessen Insasse wahrscheinlich bereits begonnen hat zu verwesen. Eine Fackel beleuchtet die feuchte Umgebung und uns werden die ersten grundlegenden Spielmechaniken erklärt - in diesem Fall sind es Physik und Feuer.

Schwingen wir uns gegen den Sack, stößt dieser ins Feuer und entzündet sich. Schwingen wir uns weiter, fangen unsere Fesseln ebenfalls Feuer und wir fallen auf den Boden. Die Kamera folgt uns auf den mit Schutt bedecktem Boden und zeigt einen scharfen, rostigen Nagel. Laras Körper landet direkt darauf und stöhnt schmerzvoll, während wir zusammenzucken. Als wir dann den Nagel selbst entfernen, verschwimmt der Bildschirm. Lara schreit und wir verziehen unser Gesicht. Jetzt stolpert ihr schmutziger und gezeichneter Körper in Richtung der anderen Fackel, sie greift nach ihr und kann sie mit jeder beliebigen im Höhlensystem zu findenden Fackel erneut anzünden. Überlebenswerkzeuge wie im Mittelalter.

Immer wieder werden wir darin erinnert, dass sich dieses Spiel abseits der ausgetretenen Indiana Jones-Pfade bewegt und sich nicht weiter an ein Genre klammert, dass in den letzten Jahren immer mehr an Halt verloren hat. Tomb Raider holt sich seine Anleihen beim erwachsenen Survival-Horror, erinnert mehr an ein Resident Evil 4 - und das nicht nur, weil die Kamera so nah über Laras Schulter hängt. Diese Vergleiche sind so wichtig, um deutlich zu machen, welchen großen Schritt Crystal Dynamics gegangen ist und warum sich das alles hier frisch und spannend anfühlt. Allein visuell betrachtet, wenn Lara durch Höhlen kriecht und später die vom Regen gezeichneten Berge erklimmt, ist es kaum vorstellbar, dass dahinter dieselbe Engine steht wie hinter der letzten Trilogie sowie dem tollen Download-Game Lara Croft and the Guardian of Light.

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Aus der Dunkelheit packt uns plötzlich eine Gestalt und will uns zurückziehen.

Wir kriechen durch einen Tunnel, als uns durch die Dunkelheit plötzlich eine Gestalt packt und uns zurückziehen will. Wenn wir nicht schnell reagieren, dann rammt sie uns bald eine Hacke ins Genick und Lara stirbt qualvoll. Doch selbst wenn uns die Reaktion gelingt, bleibt für eine Weile das Gefühl der Verzweiflung und der Angst zurück, zusammen mit stark erhöhtem Herzschlag. Ja, so gut sind in diesem Spiel echte Gefühle von Ekel, Angst und Furcht mit den bekannten Effekten aus den besten Horror-Filmen verwoben. Die Parallelen zu den großen Werken der letzten zehn Jahre sind eindeutig sichtbar.

Dieser unwirkliche Ort zeigt aber auch, dass Lara nur ihren Verstand und ein paar Muskeln braucht, um zu überleben und uns wieder an ihre wahren Stärken zu erinnern. Denn neben diesen ganzen Momenten, in denen unsere Brust wummert, gibt es natürlich Puzzle. Bei einem etwa müssen wir einen blockierten Ausgang freiräumen, aber die explosiven Fässer und die Fackel trennt ein Wasserfall. Wer sich ein bisschen umschaut, findet schnell die Lösung und flieht am Ende mit Lara in einer hübschen, kleinen Filmsequenz aus der einstürzenden Höhle.

Im zweiten Teil der Demo befinden wir uns in einem wirklich, kleinen Bergdorf, dessen Bevölkerungszahl sich durch die Anwesenheit von Endurance-Kaptain Conrad Roth und uns mal eben verdoppelt hat. Roth hat seine Ausrüstung und einen Großteil seiner Wadenmuskulatur an ein hungriges Rudel Wölfe verloren. Wir schlucken unsere Angst herunter und jagen die Tiere durch das Dorf zurück in die Höhle, aus der sie gekommen sind.

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Der unwirkliche Ort fordert Laras Verstand heraus, denn um zu überleben müssen wir Puzzle lösen.

In dieser Szene bewegen wir uns erstmals wieder auf vertrautem Gebiet - besser gesagt, wir klettern. Kein anderes Abenteuer zuvor hat einen durch den Sturm verwüsteten Berghang so atemberaubend gemacht, noch gab es je eine solche Bewegungsfreiheit. Das hier ist weit von dem steifen und glattgebügelten Klettern der Vorgänger entfernt. Wir können Wände hochklettern, uns auf Dächer ziehen oder verzweifelt am Rand festhalten, wenn ein Sprung nicht gesessen hat.

Das Dörfchen an der Küste ist nicht groß, aber wir lernen hier auch den Survival Instinct-Modus kennen. Auf Knopfdruck sind alle relevanten Objekte mit einer Kontur versehen - wie zum Beispiel die Fährte eines Wolfs. Wir folgen ihnen und das Radio wird in der Ferne lauter. Bald darauf blicken wir in Laras von Reue erfülltes Gesicht. Es ist das erste Mal, dass sie jemanden umgebracht hat. Lara tötet nur, um zu überleben - auch das ein Novum.

Die Insel liegt im Südosten von Japan und ist eine fiktionale Kopie des Bermuda-Dreiecks. Sie dient als Startpunkt und es wird mehrere riesige Gebiete geben, die alle ihre eigenen Geheimnisse bergen und erst entdeckt werden können, wenn die richtige Ausrüstung dabei ist. Mit dieser Form von offener Welt überzeugten auch das letzte Metroid oder Castlevania: Lords of Shadow. Und es gibt Punkte für Upgrades, von denen wir aber noch nicht wissen, wie sie funktionieren. Nachdem sich Crystal Dynamics so reingehangen haben, können wir aber auch nicht glauben, dass sie uns mit etwas Vergleichbarem zu den Stärke-Upgrades aus dem Sündenfall Tomb Raider: The Angel of Darkness langweilen.

Aber es dauert noch eine Weile, bevor wir in diese Erfahrung eintauchen können. Die Veröffentlichung ist für irgendwann im Jahr 2012 geplant und es vergeht bis dahin sicher noch ein ganzes Jahr im Entwicklungszyklus. Was wir gesehen haben, ist ziemlich beeindruckend und wir hoffen, dass das ganze Spiel die jetzt geweckten Erwartungen hält.

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