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Final Fantasy XV

Final Fantasy XV - Episode Duscae angespielt

Ein erster Ausflug in das neue Abenteuer einer ehrwürdigen Rollenspielserie, die seit vielen Jahren auf der Suche nach ihrer neuen Identität ist.

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In den 1990ern habe ich (bitte nicht gleich jedem weitersagen!) eine Raubkopie der Final Fantasy VIII-Demo von einer Reise nach Singapur mitgebracht und durch diesen alten Trick auf der PS1 gestartet. Ein Nebeneffekt war, dass das Spiel nur in schwarz-weiß lief, aber egal. Ich war glücklich. Schließlich war das die spielbare neue Vision der Macher von Final Fantasy VII, meinem Lieblingsspiel aller Zeiten, damals 1997.

Es ist ziemlich einfach, wieder in diesen Rausch zu verfallen, den das Spiel damals in mir ausgelöst hatte. Ein schlichtes Facebook-Posting eines Artworks aus Final Fantasy VII brachte letzte Woche meinen Arbeitstag kurzzeitig zum Stillstand, weil ich gemeinsam mit anderen Videospielschreibern in Erinnerungen an unsere schönsten Momente schwelgte. Es ist natürlich Nostalgie, aber die Wichtigkeit der Serie rekrutiert sich auch daraus, dass der westliche Markt so etwas damals einfach noch nicht gesehen und erlebt hatte. Seltsam, wie sich die Zeiten ändern.

Final Fantasy hat eine Art unangenehmen Übergang erlitten in den letzten Jahren. Fast alle Änderungen am Gameplay wirkten gezwungen und sollten wohl dafür sorgen, die Marke aktuell zu halten. Die Entwickler haben gekämpft, um ihre epischen Welten beizubehalten, obwohl sich neue Technologien durchsetzten und die vorgerenderten Hintergründe durch Echtzeitlandschaften ersetzt wurden. Vieles hat den Fans nicht gepasst. Und während Gamedesign sich natürlich weiterentwickeln muss, um zu verhindern, dass eine Serie alt wird, bleibt gerade bei Final Fantasy ein Gefühl, dass es bis heute darum kämpft, eine neue Identität zu finden. Die letzten Teile wirkten auf mich jedenfalls eher wie die Resultate verpfuschter Schönheitsoperationen.

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Final Fantasy XVFinal Fantasy XV
Die drei NPC tun, was gute NPC tun sollen: Sie kommentieren die Situation, halten nach interessanten Dingen Ausschau und helfen wacker im Kampf.

Nun also viel Hoffnung in Final Fantasy XV zu investieren, 18 Jahre nachdem jenes Spiel der Serie erschien, das vielen als wegweisend gilt, muss mit Vorsicht geschehen. Genau das denke ich auch, kurz bevor ich jene Demo für vier Stunden starte, die Käufer von Final Fantasy Type-0 Ende des Monats auch bekommen. Sofort ist ersichtlich: Korridore sind hier durch große, frei erkundbare Areal ersetzt, die anfangs in einer ländlichen Umgebung angesiedelt sind. Alles sieht gleichermaßen freundlich und einnehmend aus und ist mit einer Menge von Wildtieren, Nebenmissionen und Geheimnissen gefüllt.

Ich starte an einer unbekannten Stelle ins Spiel. Meine Gruppe hockt wegen einer Autopanne am Straßenrand. Sie stecken fest hier, bis sie sich eine Fahrt aus diesem Bereich heraus leisten können. Infolgedessen müssen sie natürlich Geld verdienen, praktischerweise hat die örtliche Bevölkerung eine Belohnung für die Jagd nach einem Behemoth ausgesetzt, der die Gegend terrorisiert.

Das wäre dann auch die zentrale Quest dieser Demo. Aber man kann jederzeit frei erkunden, sich alles andere anschauen, was einem interessant erscheint. Es gibt tiefe Wälder, Ruinen, riesige und blutige Sumpfgestalten. Überall warten Nebenaufgaben und kleinere Schätze. Wir spielen die Rolle des Prinzen Noctis, der gemeinsam mit Ignis, Gladiolus und Prompto unterwegs ist. Die drei NPC tun, was gute NPC tun sollen: Sie kommentieren die Situation, halten nach interessanten Dingen Ausschau und helfen wacker im Kampf.

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Final Fantasy XV
Die schlichte Kameradschaft zwischen den vier Protagonisten ist das sichere Zeichen für eine klassische Final Fantasy-Seifenoper.

Der Kampf... nun, es schwebte ein großes Fragezeichen über dem Kampf nach dem ersten Gameplay-Trailer. Und die Demo sorgt für mehr Debatten. Garantiert. Final Fantasy XV setzt das Design aus Lightning Returns fort, mit voller Kontrolle der Bewegung im Kampf, wobei unterschiedliche Fähigkeiten den einzelnen Buttons zugeordnet sind. Aber FFXV rückt den Übergang von Spielwelt und Schlachtfeld in den Mittelpunkt. Der Kampf findet genau dort statt, wo er gestartet wurde. Entweder durch einen eigenen Angriff oder weil ein Feind uns als Ziel ausgemacht hat. Das Spiel warnt vor Gegnern und lässt die Möglichkeit zur Flucht. Zufällige Begegnungen gibt es nicht mehr.

Man kann (fast immer) wählen, ob man kämpft oder nicht. Aber ohne Erfahrungspunkte spielt es sich natürlich nicht gut. Es gibt einen Tages- und Nachtzyklus in der Demo - und die Dunkelheit bringt härtere Gegner mit sich. Wir können nun ein Lager aufschlagen, was ein vernünftiger Vorschlag ist aus gleich zwei Gründen: Einerseits werden alle erkämpften Erfahrungspunkte nur auf die Charakterwerte angerechnet, nachdem man einmal geruht hat. Anderseits sorgen herzhafte Mahlzeiten am Lagerfeuer für Buffs bestimmter Eigenschaften, die einem am gesamten Folgetag zur Verfügung stehen. Wer in der Nacht für härtere Herausforderungen aufbleiben will, kann das natürlich tun. Kann man sich quasi seinen eigenen Schwierigkeitsgrad basteln, wenn man will.

Buffs spielen eine größere Rolle im Kampf, da jede Waffe immer bestimmte Effekte in sich trägt. Eine füllt MP auf, eine andere legt die feindliche Verteidigung lahm. Wir können jede Waffe frei einem Button auf dem Controller zuordnen. Die Idee ist es, auf diese Art einzigartige Kombos zu ermöglichen. Das System verlangt Zeit und Hingabe. Es ist unmöglich im Rahmen der kurzen Session herauszufinden, wie gut es funktioniert. Den größten Teil der Demo verbringt man ohnehin damit, mit den Ereignissen Schritt zu halten. Denn die Kämpfe sind schnell. Man kann mit R1 einzelne Ziele in den Fokus nehmen, durch die Gegner huschen mit Hilfe des Analogsticks und mit einem Klick ein oder mehrere Ziele fest einloggen.

Final Fantasy XV
Die wunderschöne Hügellandschaft lässt uns auf Anhöhen kämpfen, an Klippen, auf Felsformationen und in weitläufigen Ebenen.

Aber selbst mit diesen Hilfen dominiert das Chaos. Die anderen Gruppenmitglieder machen ihr ganz eigenes NPC-Ding. Feinde zaubern wild rum. Und man selbst steht in der Magie-Disco und sucht nach seiner Orientierung. Ich jedenfalls bin stärker an Kingdom Hearts erinnert als an Final Fantasy von diesem Kampfsystem. Ich wünsche mir dringend eine Zeitlupen-Option ähnlich wie in Dragon Age: Inquisition, um wenigstens etwas die Taktik planen und koordinieren zu können.

Magie war schon immer der Kern der Final Fantasy-Schlachten und in FFXV diktiert der Magiebalken immer die Strategie. Quasi alles außer einem traditionellen Schwerthieb knabbert den Magiebalken an, der sich erst im Laufe der Zeit wieder auflädt. Wer Angriffe mit Kombos verkettet, macht den Balken binnen Sekunden komplett leer. Wer L1 drückt, geht in den Dauerblock-Modus, wobei selbst hier das Ausweichen zur Seite noch Magie verbraucht. Es gibt auch eine Parade/Konter-Spielmechanik, mit der sich bestimmte Herausforderungen frühzeitig beenden lassen.

Die wunderschöne Hügellandschaft lässt uns auf Anhöhen kämpfen, an Klippen, auf Felsformationen und in weitläufigen Ebenen. Das Klettern auf einen nahe gelegenen Felsen schützt dabei maximal vor einem endgültig tödlichen Schlag, während man sich einen Heiltrank einpfeift. Ansonsten ist kein Nutzen des Standorts erkennbar. Eine höhere Position vereinfacht maximal den Blick über das gesamte Kampfgeschehen, sonst ist kein Vorteil erkennbar.

Final Fantasy XV

Nach einer Weile geht es hinunter in ein "Dungeon", tatsächlich eher ein nebliger, verschneiter Wald, in dem wir nach Hinweisen auf den Behemoth suchen sollen. Die Kamera kämpft die ganze Zeit damit, die Gruppe im Auge zu behalten und sich korrekt zu zentrieren. Schnelle Gegner, und viele davon, bringen sie leicht aus dem Konzept und lassen uns schwindlig zurück. Bei den Bosskämpfen nervt die Kamera nicht so stark, weil eben nur ein Gegner da ist, der zudem riesig ist und sich eher langsam bewegt.

Der Moment vor dem großen Bosskampf ist einer der Höhepunkte der Demo. Wie man sich langsam an den Behemoth heranpirscht durch den dichten weißen Nebel, das ist schon toll gemacht. Die Kreatur ist wahrhaft furchterregend, quasi ein hungriger Panther von der Größe eines Trucks. Das akustische und optische Design erhöht die Spannung, als ein tiefes Grollen aus dem Wald vor uns zu hören ist.

Der Kampf selbst endet für mich vorzeitig, weil ich schnell zu Tode gestampft werde. Das Ausweichmanöver ist nicht so meins, merke ich schmerzhaft. Hätte ich meine Demo-Zeit mal nicht mit dem Bummeln durch die Felder, sondern dem Erlernen und Meistern des Kampfsystems verbracht. Nun, wenigstens habe ich den Behemoth überhaupt gesehen.
Auch wenn ich Vorbehalte gegen die Kampfmechaniken habe, fasziniert mich die Spielwelt ungemein. Ich genieße die Aussicht und das Versprechen der leicht zu Fuß erreichbaren Bereiche.

Die schlichte Kameradschaft zwischen den vier Protagonisten ist das sichere Zeichen für eine klassische Final Fantasy-Seifenoper. Aber die vier wirken so, als ob sie tatsächlich zusammen gehören, als ob sie wirklich ein Team wären. Jedenfalls im Kontext der Story. Ich muss aber erst viel mehr Zeit mit ihnen verbringen, um das wirklich zu verifizieren. Denn heute erwartet man im Rollenspiel-Genre große Geschichten und Spielmechaniken, die auf den Punkt genau passen. Ob es Final Fantasy gelingt, seine neue Identität zu finden, oder das Spiel ein weiteres Kapitel in der schwierigen Übergangsphase wird, bleibt abzuwarten.

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