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Splinter Cell: Conviction

Splinter Cell: Conviction

Splinter Cell: Conviction steht kurz vor der Veröffentlichung. Wir haben die ersten drei Level der Solokampagne und zwei Multiplayer-Episoden gespielt. Und die neuen Features genau ausgeleuchtet, aus dem Schatten heraus.

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Der Sam Fisher, den wir kannten, der ist tot. Ein besoffener Autofahrer hat ihn getötet, weil der seine Tochter Sarah überfahren hat. Amerika hat ihn getötet, denn Third Echolon verlangte, dass Sam seinen besten Freund in einem ranzigen Keller abknallt. Er starb durch Fishers Hand und danach starb Fisher. Innerlich. Er tauchte ab. Dann kam das Gerücht auf, dass der Unfall seiner Tochter gar kein Unfall war, sondern das jemand dahinter steckt. Binnen Sekunden hat Sam eine neue Mission, die aus dem eiskalten Stealth-Agenten einen grabeskalten und sehr sehr sehr wütenden Menschen macht.

Die ersten drei Episoden der elf Level starken Kampagne, zwei Koop-Storymissionen und einige der neuen Features von Splinter Cell: Conviction haben wir nun in Ruhe mit einer 360-Vorschauversion selbst ausprobiert. Ohne zu viel über Storydetails zu verraten: Sam Fisher ist auf seinem persönlichen Rachefeldzug für Sarah mitten zwischen die Fronten von Third Echolon und ihren Widersachern geraten. Das steckt ihm gleich am Anfang eine altbekannte Doppelagentin, die ihm verspricht, dass seine Tochter lebt und außerdem erklärt, dass Third Echolon etwas damit zu tun hat. Das wir an dieser Stelle das erste Mal in einem Videospiel sehr bewusst und intensiv eine hübsche Frau verprügeln, ist ziemlich hart. Weil es so direkt inszeniert ist. Aber sie wollte es nicht anders, die Doppelagentin.

Valetta auf Malta. Der sonnendurchflutete Marktplatz ist mit friedlich flanierenden Touristen bevölkert. Sam sitzt in einem Straßencafé, als der Kellner ihm seine Vergangenheit auf dem Tablett serviert. Ein Mobiltelefon liegt drauf, dran ist die Third Echolon-Lady Grim. Sie bietet uns eine Option zur Flucht über den Marktplatz. Sam zieht mit.

Splinter Cell: Conviction
Das Spiel mit Schärfe und Unschärfe in den durch das Markieren und Auschalten-Feature ausgelösten Zeitlupe-Sequenzen ist sehr hübsch inszeniert.
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Die folgende Flucht spielt sich als Tutorial, das zudem immer wieder eine Rückblende von 20 Jahren macht, und uns ins Haus von Sam Fisher und seiner kleinen Tochter bringt. Schon damals muss Sam sich und seine Tochter gegen Einbrecher verteidigen. Die kleine Sarah sieht damals Dinge, die Kinder nicht sehen sollen. Aber kurz vorher, in einer ruhigen Sequenz, zeigt Sam seine väterliche, liebevolle Seite, als er Sarah erklärt, wie man sich in der Dunkelheit des Kinderzimmers gegen Monster aus der Nacht zur Wehr setzt. Fisher-Style, versteht sich.

Dunkelheit und Schatten spielen auch im neuen Splinter Cell weiter die zentrale Rolle, bieten sie doch den besten Schutz vor den Gegnern. Das Spiel pendelt zwischen farbiger und schwarz-weißer Darstellung hin und her, je nachdem, ob Sam gerade auf dem Präsentierteller oder gut getarnt unterwegs ist. Gegner und wichtige Fallen bleiben aber immer in Farbe. Das ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, macht aber komplett Sinn.

Am Ende der Marktplatzmission wartet das erste Verhör. Verhöre sind diese sehr speziellen, in räumlich abgeschlossenen Bereichen angesiedelten Schlägereien, die für den Befragten selten gut enden. Ein übel dreinschauender Kerl namens Gramko, weiß Sam, kennt Details über Sarah. Sein Verhör im Klo ist ein einziger, wutentbrannter Gewaltakt eines betrogenen, wütenden Vaters auf der Suche nach Informationen. Der Kopf schlägt im Spiegel ein, danach die Zähne im Waschbecken und die Fresse in der Kloschüssel. Wild und direkt. Es knackt, klirrt, kracht. Glas und Knochen splittern, Keramik zerberstet und Blut spritzt an die Kacheln. Übel, mächtig und auch ein bisschen befremdlich fühlt sich das an. Dennoch, das Resultat stimmt. Gramko spuckt einen neuen Namen aus: Andrij Kobin. Der ist Maltas heimlicher König - und Sam muss nun in seine Villa rein.

Splinter Cell: Conviction
Koop-Multiplayer im Splitscreen - grafisch immer noch erstklassig und ein großer Spaß für Action-Strategen.
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Das geht am besten ganz leise. Denn Splinter Cell: Conviction ist im Herzen immer noch ein Stealth-Game. Aber mittlerweile eines, dass mühelos wie ein hervorragender Poker-Profi im Minutentakt seinen Spielstil und sein Tempo ändert. Zuerst schleichen wir uns durch eine Tür an eine Villa-Wache ran, greifen sie und machen sie zum menschlichen Schutzschild. Mit gezogener Knarre, die Wache vor der Brust herschiebend, schleichen wir weiter auf seine zwei Kollegen am Haupteingang der Villa zu. Durch das Ergreifen des Gegners haben wir zwei Bonuspunkte für das neue Markieren und Ausschalten-Feature kassiert. Mit einem Druck auf die rechte Schultertasten sind fix die Köpfe der Wachen markiert. Ein Druck auf die Y-Taste löst eine automatische Exekution aus, die in Zeitlupe und etwas herangezoomt präsentiert wird. Optisch eindrucksvoll inszeniert.

Mit Markieren und Ausschalten lassen sich aus der sicheren Deckung (aber auch mitten aus der Action heraus, auch wenn das natürlich sehr schnell gehen muss) je nach Waffentyp und Upgradestatus bis zu vier Gegner oder Gegenstände markieren und danach per Knopfdruck automatisch auslöschen. Die dafür nötigen Punkte müssen immer wieder neu erspielt werden durch schlaue Stealth-Aktionen, so dass einen das Spiel freundlich zwingt, sich mal dem Tarnmodus zu widmen und mal der Action.

Im Tarnmodus verschwindet Sam Fisher nun auch wieder, als er sich mit einem Tastendruck ein Abwasserrohr schnappt und die Fassade hochklettert. Dann das Fenstersims entlang und am ersten Fenster schnell eine Wache eliminiert, indem wir sie mit einem Knopfdruck zwei Etagen nach unten schicken. Fix um die Ecke geklettert, im nächsten Fenster die zwei ahnungslosen Agenten markiert und binnen Sekunden erledigt. Das würde auch anders gehen, quasi mit der Tür ins Haus. Den Typen am ersten Fenster nicht töten, sondern reinspringen und ihn als Schutzschild mitnehmen. Ihn dann mit dem Kopf vorwärts als Türaufbrecher benutzen und die Wachen im Raum dahinter konventionell wegschießen wie in jedem Actionshooter.

Splinter Cell: Conviction
Satellite Dish steht auf dem Sockel - nur ein Beispiel, wie beiläufig Missionsziele in das Leveldesign integriert sind.

Genau solche Momente und Optionen machen Splinter Cell: Conviction so grandios. Es kann auch wie ein reinrassiger Actionshooter gespielt werden oder eben nicht. Aber Tarnung und überlegtes Handeln ist immer besser, denn insbesondere auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad ist man in Nullkommanix tot, wenn mehr als drei Gegner am Start sind. Die agieren nämlich bisweilen ausgesprochen schlau, nehmen Deckung und greifen vor allen Dingen schnell und rücksichtslos an. Die einzige Rettung ist in solchen Situation, irgendwie das Licht auszulöschen oder am besten gleich komplett abzutauchen. Über ein Geländer aus dem Blickfeld zu verschwinden. Oder schnell eine Brüstung hoch. Hauptsache weg.

Für den Gegner und uns selbst sichtbar bleibt nur eine Silhouette von Sam Fishers letzter bekannter Position. Die nehmen die Gegner erst einmal eine kleine Weile unter Beschuss. Eine kleine Weile, die wir dazu nutzen müssen, hinter den Gegner zu kommen oder ihn von oben zu überraschen. Etwa, indem wir an ein Deckenrohr springen, uns hochziehen und es entlang hangeln, um dann von oben mit einer tödlichen Fallattacke für Klarheit zu sorgen.

Schleichmodus und Brechstange wechseln sich also quasi automatisch und irgendwie ohne merkliche Unterbrechung ab. Ein bisschen erinnert diese Herangehensweise an die Mischung aus aktiver und passiver Steuerung in einem Fallout 3 oder Mass Effect 2 - aber hier ist das alles wesentlich natürlicher und flüssiger integriert. Dazu kommen die immer wieder beiläufig auf Mauern projizierten Missionsziele, die ebenso nahtlos in die Umgebung integriert sind. Mal als Typografien, mal als Videos, aber immer extrem schick.

Splinter Cell: Conviction
Kurz vor der Fallattacke, die der Mann mit der Taschenlampe nicht überleben wird.

Splinter Cell: Conviction spielt sich, das ist nach den drei Solo-Episoden klar, von Anfang an wie das intuitive Spiel überhaupt. Es fühlt sich natürlicher an als alles andere, was ich bisher gespielt habe. Irgendwie richtig fühlt es sich an. Es ist schwierig, die Faszination genau zu beschreiben. Die Mischung aus Freiheit in der Steuerung und bei der Wahl der Lösungswege hilft dabei ungemein. Jeder Lösungsweg ist auf seine Art gut und entwickelt sich fast immer aus der Situation heraus weiter. Trotz der linearen Story, die gespielt werden muss, wirkt das eigentliche Spielen frei wie selten zuvor.

Toll sind auch Details wie das System, dass man für bestimmte Taktiken im Spiel Punkte bekommt. P.E.C.-Herausforderungen nennt sich das. Dazu zählen zum Beispiel das lautlose Verschwinden aus brenzligen Situation, das Entkommen mit Hilfe von Blendgranaten oder die Wiederbelebung von Teammitgliedern im Koop. Ein Teil der Herausforderungen hat sogar mehrere Levelstufen. Die Punkte lassen sich in diverse Waffenupgrades ummünzen, die dann sowohl für den Solo- als auch den Koop-Modus gelten. Drei Erweiterungen gibt es für jede Waffe, meistens nach dem Muster, dass eine die Zahl der Markierungen für Markieren und Ausschalten erhöht, eine die Zielgenauigkeit und die dritte die Effektivität der Munition verbessert.

Der Koop-Modus für zwei Spieler (Splitscreen oder online) erzählt eine isolierte Geschichte, die der Prolog zur Solo-Story ist. Hier übernimmt ein Spieler die Rolle des US-Agenten Archer, einer die des Russen Kestrel. Das Koop-Gameplay ist etwas reduzierter als im Solomodus. Aber der Modus glänzt dadurch, dass die wesentlichen Ideen übertragen wurden - im Idealfall sogar etwas verfeinert. Sind etwa via Markieren und Ausschalten von einem Spieler zwei Gegner markiert, kann er darauf warten, bis der Mitspieler in einer guten Position ist. Dann wird das Ausschalten zum Dual-Ausschalten und die beiden Agenten machen auf Knopfdruck gemeinsame Sache.

Splinter Cell: Conviction
Hangeln und schießen, das kann Sam Fisher hervorragend. Danach schnell die Brüstung hoch - und niemand weiß mehr, wo der Stealth-Agent steckt.

Dabei kommen immer wieder unglaubliche, coole Momente zustande, die beiden Spielern ein breites Grinsen ins Gesicht zaubern, egal ob sie nebeneinander auf der Couch hocken oder via Netzwerk zocken. An manchen Punkten müssen sie zusammenarbeiten, etwa um Türen aufzubrechen. Es ist also sinnvoll, eher nahe beieinander zu spielen, als dass jeder isoliert agiert. Besonders nützlich ist das auch, weil die Gegner einen Spieler in die Mangel nehmen und dann als menschlichen Schutzschild benutzen können. Dann muss der andere Spieler schnell hin und den Kompagnon befreien. Stirbt ein Spieler, kann er eine gewisse Zeit lang wiederbelebt werden.

Nebenmissionen sind ein weiterer Teil der Koop-Strategie. Hier müssen im Jäger-Modus eine fest definierte Zahl an Gegnern ausgeschaltet werden oder es wird gemeinsam im letzten Gefecht gegen Gegnerwellen gekämpft. Im Multiplayer gibt es mit Duell eine Variation dieses Modus, wo zwei Spieler gegeneinander antreten und es beide noch zusätzlich mit Gegnerwellen zu tun bekommen. Eine sehr kurzweilige Angelegenheit ist das.

Was alle Spielvarianten gemein haben, ist die wunderbare Optik. Ein bisschen düster ist es zwar streckenweise, aber nie zu dunkel. Das neue Splinter Cell wirkt außerdem so herrlich authentisch. Das Spiel mit Schärfe und Unschärfe erzeugt eine ungemeine Dynamik, weil es primär während der Tempowechsel eingesetzt ist. Die drei Sololevel hatten optisch alle etwas sehr eigenes, das Spielgeschehen pendelt zudem gekonnt zwischen drinnen und draußen hin und her, was wiederum zur Glaubwürdigkeit beiträgt. Der Soundtrack ist reduziert und technisch emotional. Die Synchronisation gehört zu den besseren der letzten Monate, ist glaubwürdig und vielschichtig, auch wenn die Lippen manchmal ein bisschen schneller oder langsamer sind, als das von ihnen gesprochene Wort.

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KRITIK. Von Christian Gaca

Betrogen, verraten und verlassen - Sam Fisher kämpft in seinem neuen Abenteuer gegen Freunde, Gegner und sich selbst.



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