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Bericht beleuchtet schwierige Entwicklung von Anthem

Kotakus Jason Schreier sprach mit Quellen innerhalb von Bioware über umfassende Probleme, das Leiden der Mitarbeiter und über Orientierungslosigkeit.

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Der Kotaku-Journalist Jason Schreier hat einen neuen Bericht veröffentlicht, der Aufschluss über den Entwicklungsprozess von Anthem gibt. Der Artikel beruft sich angeblich auf 19 anonyme Personen, die in den vergangenen Jahren entweder direkt am Spiel mitgewirkt haben oder auf eine andere Weise mit der Produktion vertraut sind oder waren. Obwohl Anthem laut EA bereits vor sieben Jahren erschaffen wurde, soll das Spielgerüst, das wir im Februar bekommen haben, nicht älter als 18 Monate alt sein. Die umfassende Vorproduktion soll sich laut Schreier negativ auf die Entwickler ausgewirkt haben. Einige Quellen seien unter der ständigen Belastung an Formen von Depression und Angstzuständen erkrankt, was in verschiedenen Studios weite Teile des Arbeitsklimas infizierte. Ein Entwickler erklärte im Bericht, dass es einen privaten Raum "zum Weinen" gab und dass "die Leute die ganze Zeit so wütend und traurig waren". Ein anderer fügte hinzu, dass er "die Anzahl der 'Stressopfer', die [sie] bei Mass Effect: Andromeda oder Anthem hatten, tatsächlich nicht zählen" könne.

Der Bericht enthält detaillierte Informationen zu den Features, die in Anthems frühen Entwicklungsstadien entworfen wurden, es aber nicht in die Release-Version schafften. Das Game war beispielsweise nicht immer ein Loot-Shooter, eine frühe Idee stellte deutlich stärkere Survival-Aspekte in den Fokus und war thematisch der Bergung von Alien-Technologie zur Verbesserung der eigenen Ausrüstung untergeordnet. Die frühen Entwicklungsjahre seien laut Kotaku darüber hinaus von internen Streitigkeiten geplagt gewesen. Anthems Designleiter Preston Watamaniuk, der das Studio 2016 wieder verließ, gesteht große Probleme mit der Haltung seiner federführenden Kollegen ein: "Es gab eine Menge Leute, die über Anthems Geschichte mitreden wollten und die immer wieder den Wunsch äußerten, etwas 'anderes' zu tun, ohne sich darüber klar zu werden, was [das eigentlich bedeutete]. [...] Aus meiner Sicht war es ziemlich frustrierend." Solche Bedenken soll die Management-Etage vielerorts zurückgewiesen haben, obwohl selbst sie keine einheitliche stilistische Ausrichtung von Anthem vorbringen konnten, so einige Mitarbeiter. Die konzeptionelle Uneinigkeit ist etwas, das sich durch den gesamten Artikel zieht.

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Der Einsatz der Frostbite-Engine soll viele Entwickler abseits interner Diskussionen vor schwierige und zeitintensive Herausforderungen gestellt haben - ähnlich zu Dragon Age: Inquisition und Mass Effect: Andromeda. Verschiedenste Quellen bestätigen das mit sehr lebhaften Beispielen. Ein weiteres Problem sei laut Kotaku die interne Neuverlagerung interner Ingenieure und Mitarbeiter mit Frostbite-Erfahrung durch EA. Der Vorrang "wichtigerer" Projekten, wie etwa FIFA, sei über die Jahre ein sich wiederholendes Ärgernis gewesen. 2017 erschien Andromeda und viele Bioware-Mitarbeiter wechselten zu Anthem. Doch Studiochef Patrick Söderlund war nach einer frühen Präsentation unzufrieden und forderte verschiedene Features. Selbst als das Spiel nach der E3 2017 in die Vollproduktion überging, war die Vision von Anthem laut einigen Kotaku-Quellen noch immer nicht klar, was die internen Konflikte beflügelte. "Anthem ist das Spiel, das man von einem Studio bekommt, das mit sich selbst im Krieg ist.", erklärte ein ehemaliger Entwickler.

Anfang 2018 soll laut Kotaku-Recherche erst eine einzige Mission fertiggestellt worden sein. Das Release-Fenster im Herbst war demnach unerreichbar, weshalb die Angestellten einem schwierigen Jahr entgegenblickten. "Ich würde sagen es war eine ziemlich stressige Zeit und viele Leute begannen Tunnelblicke zu entwickeln.", sagte ein Entwickler. "Es fühlte sich an, als wäre das gesamte Spiel in den letzten sechs bis neun Monaten gebaut worden.", fügte ein anderer hinzu. Viele Entscheidungen seien zudem ausgehend von Konzepten getroffen worden - Zeit zum Spielen sollen die Entwickler nicht gehabt haben, auch da viele elementare Gameplay-Mechaniken erst sehr spät zusammengesetzt worden sein sollen. All das führte dazu, dass letztes Jahr etliche Mitarbeiter Bioware verließen.

Eine Quelle spricht im Bericht darüber, die Fertigstellung bestimmter Mechaniken hinauszuschieben, da Anthem als Live-Service geplant sei, an dem in den kommenden Monaten noch viel gearbeitet werde. Als das Spiel am 15. Februar mit den Early-Access-Diensten von EA startete sei der Build erst einige Wochen alt gewesen, was entsprechend negative Rezeption hervorbrachte. Mehrere Quellen sollten Kotaku angeblich bestätigt haben, dass Beschwerdeberichte von Fans, die in den Jahren 2017 und 2018 erhoben wurden, bis dahin noch immer nicht behoben wurden.

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Mehrere Entwickler haben Schreier erklärt, dass sich Biowares Entwicklungsphilosophie ändern müsse. Einige hoffen darauf, dass Anthems initiale Rezeption dem Studio klar mache, dass ihre jetzige Herangehensweise nicht länger Bestand hat. Bioware hat diesen Bericht zurückgewiesen und spricht darüber, dass solche Formen von Kritik nicht "hilfreich" seien. In einem Blogpost erklären sie Folgendes:

"Wir haben uns dazu entschieden diese Geschichte nicht zu kommentieren oder an [ihr] teilzunehmen, da wir das Gefühl hatten, dass ein unfairer Fokus auf bestimmte Teammitglieder und Führungskräfte gelegt wird, die ihr Bestes gaben, um den Fans diese völlig neue Idee [nahe] zu bringen. [Der Kotaku-Bericht] war der Versuch, sie als Individuen zu Fall zu bringen. Wir respektieren [all unsere Angestellten] und haben dieses Spiel als Team entwickelt."

"Die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Teammitglieder nehmen wir sehr ernst.", heißt es an späterer Stelle im EA-Artikel. "Wir tun alles, was wir versuchen können, um [die Arbeitsatmosphäre] gesund und stressfrei zu halten, aber wir wissen auch, dass immer Verbesserungsbedarf besteht."

"Der kreative Prozess ist oft schwierig. Die Kämpfe und Herausforderungen bei der Erstellung von Videospielen sind sehr real. Aber die Belohnung, wenn wir etwas, das wir geschaffen haben, in die Hände unserer Spieler legen, ist erstaunlich. Wir sehen nicht den Wert darin, uns gegenseitig oder die Arbeit eines anderen zu zerreißen."

Schreier kritisiert die Art und Weise, wie EA auf seinen Beitrag reagiert und schrieb online, dass diese starke Verteidigungshaltung einer der Gründe sein könnte, warum es dem Studio seit langer Zeit so schlecht geht.

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Quelle und vielen Dank: Koaku.

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