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Der Puppenspieler

Der Puppenspieler

Wer ungewöhnliche und vor allem einzigartige Spiele mag, braucht nicht auf die neuen Konsolen zu warten. Dieses hier kommt für die PS3.

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Als Sony im letzten Jahr auf der Gamescom das Spiel Puppeteer ankündigten, bekam der Titel nur relativ wenig Aufmerksamkeit. Seiner Einzigartigkeit ist es wohl geschuldet, dass viele zunächst nichts damit anzufangen wussten. Tatsächlich avancierte das Spiel aber schon bald zum Geheimtipp. Wer es sich angeschaut hat, der war verzaubert. Jetzt, ein Jahr später, ist Der Puppenspieler endlich fertig. Im Schatten der Playstation 4 und zwischen all den anderen Höhepunkten im Herbst hat es der ungewöhnliche Titel aber ziemlich schwer. Und dabei ist er etwas ganz besonderes und verdient trotz alledem Beachtung.

Gavin Moore, der Creative Director von Der Puppenspieler, hat mir erzählt, wie der Titel entstanden ist. Sein Sohn interessierte sich nicht so recht für Videospiele. Sie waren ihm zu langweilig und boten zu wenig Abwechslung. Der Kleine wollte etwas, dass sich ständig verändert und sich immer wieder neuer Spielmechanismen bediente. Als Entwickler hat Moore das natürlich gewurmt und er wollte etwas schaffen, dass den hohen Anforderungen seines Kindes gerecht wurde. Inspiriert von den großen Puppen in Japan, die zum Teil von drei Leuten gleichzeitig gespielt werden, dachte er sich Der Puppenspieler aus. Das ganze Abenteuer spielt auf einer Bühne, hat einen Erzähler, wechselnde Bühnenbilder und natürlich Puppen.

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Der PuppenspielerDer Puppenspieler
Das Spiel sieht aus wie ein Theater, auf dem sich ständig das Bühnenbild ändert - und wir steuern die Puppe Kutaro, die ihren Kopf zurück möchte.
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Das Spiel erzählt die Geschichte des Jungen Kutaro. Er wird Opfer des kleinen Bären, der auf der dunklen Seite des Mondes lebt und die Seelen kleiner Kinder raubt. Der fiese Rabauke hat die Mondprinzessin auf dem Gewissen und raubte ihr die magische Schere Calibrus sowie den Mondkristall. Letzterer zersplitterte in mehrere Teile, die er seinen Generälen gab, um mit ihrer Macht im ganzen Reich für Dunkelheit zu sorgen. Die Schere wiederum war ein ganz besonderes Werkzeug, das beim Bären verblieb. Damit ließ sich nämlich alles zerschneiden.

Als Kutaro nun zum kleinen Bär kommt, fragt dieser ihn, ob die beiden Freunde sein wollen. Ganz eingeschüchtert hofft er immer noch dieser Situation entrinnen zu können. Doch dann kommt die verhängnisvolle Frage: "Freunde bis in den Tod?" - In diesem Moment reißt der Bär dem kleinen Jungen einfach den Kopf ab und wirft ihn weg. Und ohne Kopf, kann eine Puppe nicht lange leben. Zum Glück aber hilft uns die alte Katze der Mondprinzessin einen neuen Kopf zu finden und zu flüchten. Wir stibitzen dem Bären die Schere und nun suchen wir nach einem Weg diesem Albtraum zu entkommen.

Die Welt von Der Puppenspieler ist kunterbunt und herrlich absurd. Die Charaktere sind phantasievoll und jeder Akt in diesem Theaterstück verfügt über seinen ganz eigenen Stil. Dazu kommen die abgedrehten Dialoge, denen wir trotz der oft vorherrschenden Inhaltslosigkeit gerne folgen und dazu schmunzeln. Als Kirsche gibt es oben drauf Gesangseinlagen. Anders als der Rest des Spiels sind diese übrigens nicht synchronisiert, aber mit Untertiteln versehen. Das Moore ein Freund von Monty Python, Tim Burton und Terry Gilliam ist, lässt sich kaum verbergen. Durch die theaterhafte Präsentation mit Puppen sind auch Parallelen zu Disney zu erkennen - nur das eben die Friede-Freude-Eierkuchern-Welt ins Gegenteil verkehrt und mit einer Portion Ironie versehen wurde.

Der Puppenspieler
Wir spielen mit ständig wechselnden Köpfen, wobei jeder besondere Mechaniken freischaltet oder wie der Piratenkopf, bestimmte Fähigkeiten besitzt.
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Das bedeutet jedoch nicht, dass der Puppenspieler nicht auch für Kinder geeignet ist. Moore ist tatsächlich der Spagat gelungen, einen Titel zu schaffen, der sich an alle Altersgruppen richtet. Der Puppenspieler ist nicht ganz so derb wie Monty Python, aber Tim Burton ist vielleicht wirklich ein schöner Vergleich, um sich Inhalt und Präsentation vorzustellen. Erwachsene und Kinder werden beide ein bisschen anders auf das Spiel schauen, sich über andere Dinge freuen und doch das gleiche Abenteuer spielen. Natürlich ist das Spiel trotzdem niedlich - vor allem die vielen Köpfe von Kutaro mit ihren dazugehörigen Animationen. So manches Katzenvideo auf Youtube kann da einpacken. Aber niemand hat gesagt, dass Unterhaltung für Erwachsene immer ernsthaft sein muss.

Und wo wir schon das Thema Köpfe angesprochen haben. Es gibt vier Standardköpfe, die für jeweils eine besondere Fähigkeit im Spiel stehen. Dazu gehört beispielsweise die Kanone oder der Greifhaken. Dazu kommen aber hundert andere Köpfe, von denen wir immer nur drei bei uns führen können. Jeder Kopf beherrscht eine besondere Animation und kann an besonderen, markierten Stellen im Spiel, einen versteckten Mechanismus auslösen. Ein Skelett tanzt, eine Schatzruhe spuckt Geld aus und so weiter. Das die Zahl der aktiven Köpfe beschränkt ist, hat zwei Gründe. Einerseits stehen sie für die Zahl unserer Leben und zum anderen müssen wir durch die besagten Mechanismen genau überlegen, welche Köpfe wir im Inventar behalten und welche nicht.

In der Puppenspieler werden wir zum unfreiwilligen Helden, sind eigentlich nichts Besonderes. Kutaro ist einfach nur ein kleiner Junge, der ein bisschen Glück gehabt hat. Das macht es für uns leichter, einen Bezug zu der Figur aufzubauen. Trotzdem ruhen jetzt alle Hoffnungen auf uns, die verstreuten Mondsplitter zu sammeln und die Mondprinzessin zu retten. Recht bald begleitet uns auf unser Reise außerdem die Tochter des Sonnenkönigs. Das kleine feenartige Wesen hat eine ziemlich große Klappe und das unbändige Verlangen, jede Situation zu kommentieren. Das ist ziemlich nervig, aber sie ist es allerdings auch, die das Spiel so besonders macht. Ihre Rolle steht für den optionalen Koop-Modus.

Der Puppenspieler
Jeder Akt ist anders und die dazugehörige Spielwelt bietet viele lustige und interessante Ideen.

Genau genommen ist das eigentlich falsch. Der Puppenspieler besitzt keinen optionalen Spielmodus für zwei Spieler. Das Spiel ist voll und ganz auf das gemeinsame Spielen ausgelegt und umgekehrt wird ein Schuh daraus: Auf Wunsch können wir auch alleine auf ein großes Abenteuer gehen. Die kleine Fee steuern wir allein relativ umständlich mit dem rechten Analogstick. Im Duo wird das fliegende Wesen dagegen mit dem Move-Controller gelenkt. Es scheint fast so, als ist die Solo-Variante nur ein Eingeständnis dafür, dass Playstation Move heute keinen mehr so recht interessiert. Dabei unterstreicht das Spiel eindrucksvoll, warum Bewegungssteuerung nicht einfach nur eine belanglose Zugabe sein muss.

Die Aufgaben, die wir im Spiel bewältigen müssen, sind wie von Moores Spross gewünscht, recht abwechslungsreich. Es gibt Sprungpassagen, die Geschick erfordern. Wir rasen durch Passagen, die mit ihren Mechaniken an ein Rennen erinnern und manchmal müssen wir auch knobeln. Die Steuerung von Kutaro ist etwas schwammig, was manchmal für Frust sorgt. Das Gefühl ähnelt dem von Little Big Planet, wo Sackboy sich eben tatsächlich wie ein Sack gesteuert hat. In dem Fall ist das wohl auch Absicht. Kutaro ist eine Puppe und auch wenn wir die Fäden nicht sehen, ganz so gelenk und präzise ist er dann eben nicht.

Die Präsentation von Der Puppenspieler ist großartig. Stellenweise klappt einem da schon mal die Kinnlade herunter. In dem Spiel steckt so viel Liebe, es gibt so viele Details, dass es nur verständlich, warum das kleine Team eben dafür auch ein bisschen Zeit gebraucht hat. Übrigens unterstützt der Titel auch 3D, was der Bühne eine wunderbare Tiefenwirkung gibt. Ebenso umwerfend ist die Musik von Patrick Doyle, der neben den regulären Songs auch jene Stücke mit dem Musical-Charakter geschrieben hat. Das Ergebnis ist wirklich fabelhaft. Das Spiel nun zum Budgetpreis auf den Markt zu werfen ist eigentlich ziemlich frevelhaft. Aber Sony ist sich offensichtlich selbst auch nicht ganz sicher, ob so kurz vor dem Generationswechsel noch Platz für ein solches Spiel ist. Ich allerdings finde, wenn nicht Platz dafür ist, wofür denn dann sonst? Der Pupperspieler ist zu wunderbar, um übersehen zu werden.

09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
tolle Präsentation, fantastischer Soundtrack, absurde Charaktere, humorvolle Erzählung, viel Abwechslung, interessante Spielmechaniken, großartige Koop-Erfahrung
-
alleine etwas umständlich, Steuerung etwas schwammig
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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