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Where is my Heart?

Where is my Heart?

Wo ist mein Herz? Eigentlich ist das eine sehr philosophische Frage, die der Entwickler stellt. Und tatsächlich versucht Game Designer Bernhard Schulenburg mit dem Spiel, ein wenig die Probleme seiner Familie aufzuarbeiten. Ein wirklich schöner Versuch.

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Die Idee dahinter basiert auf einem Erlebnis, das er bei einem Sonntagsausflug gemacht hat. Er war mit seinen Eltern im Wald unterwegs und die drei haben sich verlaufen. Diese Situation führte dazu, dass die negativen Züge der Persönlichkeit zu Tage traten. Sein Vater wollte seine Angst verstecken und wurde herrisch, was seine Mutter dazu brachte, über ihr Leben und die letzten 25 Ehejahre zu klagen. Er selbst wiederum fiel in bekannte Muster aus Bedauern und Unverbundenheit zurück. Drei gebrannte Kinder, die sich alle nicht aus ihrer misslichen Lage befreien konnten.

Doch dem Entwickler Die Gute Fabrik geht es gar nicht so sehr um eine echte Antwort. Drei kleine Monster leben zusammen im Wald, doch sie machen sich auf eine Reise raus aus den Wäldern, durch Höhlen voller Pilze und an klare Seen hoch in den Bergen - auf der Suche nach ihrem Baum, den sie ihr zu Hause nennen. Inspiriert ist das Spiel von den Videospielen der späten Achtziger, von deutschen Märchen, seltsamen Kreaturen aus der europäischen Mythologie und japanischer Popkultur. Eine ziemlich verrückte Mischung, die aber erstaunlich gut zusammenpasst.

Das besondere am Spiel ist die Spielweise. Grundsätzlich müssen die drei Figuren den Ausgang erreichen, um ins nächste Level zu kommen. Jedes gesammelte Herz auf dem Weg dahin gibt Punkte. Macht man einen Fehler und verliert ein Leben, wird dafür ein schwarzes Herz und Minuspunkte kassiert. Die Level werden aber nicht einfach auf dem Bildschirm angezeigt, sondern sind in viele kleine Piktogramme aufgeteilt. Jedes von ihnen zeigt einen ganz eigenen Ausschnitt vom Level. Es ist ein bisschen so, als würden wir nur auf die Bildschirme von Überwachungskameras schauen, die aber zum Teil etwas wirr zusammengesetzt sind und kein einheitliches, klares Ganzes ergeben. Bewegen wir uns aus einem Bild heraus, müssen wir erst einmal genau schauen, auf welchem wir wieder auftauchen und ob dort vielleicht plötzlich eine Gefahr lauert. Es ist viel Vorstellungskraft nötig, um zumindest im Kopf ein wenig Ordnung herzustellen.

Where is my Heart?
Das Bild wird fragmentiert und manchmal können wir damit sogar spielen oder kommen sogar erst durch drehen und wenden ans Ziel.
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Dazu kommt ein weiterer ungewöhnlicher Mechanismus. Die drei kleinen Monster haben in sich besondere Fähigkeiten verborgen. Es gibt gewisse Schalter, die sie freilegen. So verwandelt sich eines in eine Art Engel, ein anderes in einen dunklen Fürsten und das dritte Fabelwesen in einen Hirschen. Die Figur mit dem Geweih verwandelt den Ort in eine illuminierte Waldlichtung bei Mondschein und kann einen Doppelsprung vollführen. Das Wesen, dass einen Fledermauskönig darstellt, erhält eine Aura, die eine Parallelwelt um ihn herum erkennen lässt, in der Tunnel und Plattformen existieren. Die Engelsfigur, ein Regenbogengeist, kann die Piktogramme kreisförmig drehen und sich dabei selbst schwebend in der Luft an einem festen Platz halten, um dadurch in ein anderes Piktogramm zu springen.

Jedes Level besitzt eine ganz eigene Ästhetik und erfordert besondere Kniffe, um den Ausgang zu erreichen. So gibt es im Verlauf etwa ein Level, bei dem wir einfach nur nach unten fallen und es am Ende nur eine kleine sichere Plattform gibt. Drücken wir nichts, landen wir punktgenau darauf, aber wie geht es dann weiter? Wir probieren eine Menge aus und genießen, dass keine Mechanik so lange wiederholt wird, bis wir sie nicht mehr sehen können. Die Herausforderung fühlen sich immer frisch und neu an - sie sind immer lösbar und vom Umfang her klein genug, um etwa auch unterwegs einfach mal eine Runde zwischendurch zu spielen.

Ein wichtiger Punkt, der das Für und Wider vieler unabhängiger Spieleproduktionen betrifft, ist die Optik. Die pixelige Grafik würden einige liebevoll nennen. Es sind die Videospiele der späten Achtziger, die sich in diesem Stil wiederfinden. Dazu gibt es wundervolle Bitpop-Musik zum Träumen, deren beepen und zirpen uns sanft umschmeichelt. Doch man muss ihn schon lieben, diesen reduzierten Retro-Charme. Wer dem etwas abgewinnen kann, der wird sich jedoch von der einfachen Schönheit verzaubern lassen und dann auf der interessanten Spielmechanik hängenbleiben. Ich weiß zumindest weiß, wo ich mein Herz verloren haben. Irgendwo in einem Haus, tief in den Wäldern von Where is my Heart?.

09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
hübsche Retro-Optik, wunderschöner Soundtrack, interessante Spielmechaniken
-
keine Online-Bestenlisten
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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