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Pokémon Mystery Dungeon: Portale in die Unendlichkeit

Pokémon Mystery Dungeon: Portale in die Unendlichkeit

Dungeon Crawler haben Vorzüge, aber auch Schattenseiten. Als Pokémon aber ist eine solche Reise erträglich - zumindest für Kinder.

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Eigentlich ist es ziemlich fies, was sich da in den Pokémon-Abenteuern spielt. Die süßen, kleinen Monster werden in winzige Bälle gesperrt. Sie müssen in brutalen Kämpfen gegeneinander antreten, schlagen sich erbarmungslos und das manchmal bis zur völligen Erschöpfung. Auch die Tierschutzorganisation Peta hat das erkannt und eine Kampagne dagegen gefahren. Nintendo aber war längst schon einen Schritt weiter und startete 2005 die Pokémon Mystery Dungeon. Hier leben die Pokémon nicht in Gefangenschaft der Menschen, sondern frei von allen diesen Sorgen.

Doch wer glaubt, die Pokémon sind ohne die Menschen besser dran, der sollte sich Pokémon Mystery Dungeon: Portale in die Unendlichkeit mal anschauen. Hier erleben wir nämlich die wahre Seite der kleinen Monster: Sind sind fies, egoistisch und streitsüchtig. Und alles nur, weil der Doppelregenbogen verschwunden ist und mit ihm jegliches Vertrauen und Zuversicht. Retten darf sie nun ein Mensch, der sich in ein Pokémon verwandelt hat - ausgerechnet wir. Wählen dürfen wir zwischen den bekannten Starter-Pokémon der fünften Pokémon-Generation Serpifeu, Ottaro und Floink sowie dem Drachenpokémon Milza und der allseits beliebten Nervensäge Pikachu. In den Vorgängern war die Auswahl größer, dafür müssen wir keinen lästigen Persönlichkeitstest über uns ergehen lassen, sondern können unser Wunsch-Pokémon direkt wählen.

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Pokémon Mystery Dungeon: Portale in die UnendlichkeitPokémon Mystery Dungeon: Portale in die Unendlichkeit
Es sind "nur" 144 Pokémon enthalten und das Spielprinzip ist stark vereinfacht.
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Die wichtigste Neuerung im Spiel ist die Optik. Pokémon Mystery Dungeon: Portale in die Unendlichkeit bietet eine wunderschöne 3D-Grafik mit großartig animierten Monstern. Visuell macht das Spiel wirklich etwas her und selten sahen die Pokémon so hübsch aus. Leider fehlen die entsprechenden Töne der Racker, was vor allem die gerne endlos ausufernden Dialoge erträgerlicher gemacht hätte. Wenn eigentlich wirklich alles gesagt ist, darf man sich sicher sein, dass noch zwei oder drei Sätze drangehangen werden. Im schlimmsten Fall werden wir dazu verführt, so lange auf den 3DS zu hämmern, um dann auf die folgende Frage, ob man beispielsweise alles verstanden hat, aus Versehen mit Nein zu antworten und das Elend somit von vorn zu starten.

Nintendo hat es uns mit dem Spiel aber auch etwas einfacher gemacht. Es gibt nur eine Edition, die nicht einmal einem Spiel der Hauptserie angegliedert ist. Es sind "nur" 144 Pokémon enthalten und das Spielprinzip ist stark vereinfacht. Zwar boten selbst die beiden ersten Pokémon-Spiele schon mehr als 150 Monster zum Sammeln, aber zu viel Auswahl macht das Spiel auch unnötig kompliziert und jetzt sind sogar ein paar Legendäre aus den Vorserien mit dabei. Die Spielmechaniken beruhen im Großen und Ganzen auf denen eines typischen Dungeon-Crawlers, wurden aber entsprechend auf das Pokémon-Universum heruntergebrochen.

Unsere Party kann aus bis zu vier Pokémon bestehen, die wir selbst zusammenstellen. Steuern tun wir aber nur eines, die restlichen drei folgen uns automatisch und agieren in den rundenbasierenden Kämpfen autark. Gespielt werden kann auch drahtlos mit Freunden, dann sind es vier eigene Köpfe, die da durch den Dungeon laufen. Einen Online-Modus aber gibt es nicht. Ebenfalls intergriert wurde Streetpass-Unterstützung. Wir können Lebensretter über ein Briefkasten-System versenden und uns in brenzligen Situationen ebenfalls von anderen Leuten retten lassen. Dieses Feature taugt wohl aber nicht für Normalgebrauch, sondern nur für den Schulhof. Sonst müsste man wohl lange warten, bis einen jemand wiederbelebt.

Pokémon Mystery Dungeon: Portale in die Unendlichkeit
Der Titel wurde aufgeweicht, aber bietet auch neue Features wie die Team-Fähigkeiten und Team-Angriffe.
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Jedes Monster verfügt über maximal vier Attacken, die sich bei häufiger Verwendung hochstufen lassen. Aus den klassischen Rollenspielen wurden die Gesetze der Effektivität übernommen, also ist etwa Pflanze schwach beim Angriff durch Feuer, widersteht aber Elektro. Außerdem können bestimmte Pokémon mit ihre Fähigkeiten auch Hindernisse wie Feuer oder Eis aus dem Weg räumen. Es gibt zudem besondere Winde, welche an den jeweiligen Tagen einen Typ bevorzugen. Auch Gegestände lassen sich einsetzen und ausrüsten, weil aber die Kämpfe auf eher kurze Gefechte ausgelegt sind, kommen einmalige, kampfbeeinflussende Dinge eher seltener zum Einsatz.

Ein Dungeon besteht im Spiel immer aus zwei Teilen. Es gibt eine Art Oberwelt, die immer gleich aussieht und dazwischen wird alles mit automatisch generiertem Level-Material aufgefüllt. Von dem vermeintlichen Vorteil, dass automatisch generierte Welten immer anders und immer überraschend sind, halte ich persönlich ja eigentlich recht wenig, aber zumindest in diesem Spiel fällt einem das nicht weiter auf. Allerdings nervt es schon, wenn wir später reguläre Jobs erledigen, dass die Aufträge kaum Variation bieten und dadurch zu viel Wiederholung auftritt.

Gegenüber dem Vorgänger wurden viele Features gestrichen. Vorher etwa wurden Pokémon irgendwann hungrig und man sollte sich daher nicht zu lange in einem Dungeon aufhalten. Dieses Element etwa fehlt nun komplett, ebenso wie weitere. Der Titel wurde aufgeweicht, aber bietet auch neue Features wie die Team-Fähigkeiten und Team-Angriffe. Etwas sinnfrei erscheint die Funktion Magnaportal. Offensichtlich wollte der Entwickler um jeden Preis verschiedene Features des Handhelds integrieren. Und so müssen wir mit der Kamera etwas finden, dass den Kreis in der Mitte des Bildschirms füllt, damit sich ein Portal zu einem selbstgenerierten Dungeon öffnet. Diesen bestreiten wir mit vorgefertigten Leihpokémon und alles, was sie finden, dürfen wir hinterher behalten. Da spiele ich doch lieber mit meinen eigenen Monstern.

Pokémon Mystery Dungeon: Portale in die Unendlichkeit
Die wichtigste Funktion aber ist wohl das Erbauen eines Pokémon-Paradises.

Eine weitere neue Funktion ist der Freundes-Modus. Damit können wir jederzeit in die Rolle eines der daheim gebliebenen Pokémon schlüpfen, während die anderen gerade einen Dungeon unsicher machen. Praktisch dabei ist, dass wir damit auch Gegenstände unserem Team unterwegs zuschanzen können - zumindest, wenn diese an einen Zwischenhalt mit einer Truhe kommen. Die wichtigste Funktion aber ist wohl das Erbauen eines Pokémon-Paradises. Wir können nach und nach unsere eigene, kleine Pokémon-Welt nach unseren Wünschen zusammenstellen. Dies ist lediglich etwas mühselig, weil wir dafür jede Menge Jobs in Dungeons erledigen müssen und wir immer nur einen Job gleichzeitig ausführen können.

Pokémon ist ein Spiel für Kinder. Das war es schon immer und wird es vermutlich immer bleiben. Das ist etwas, das wir einfach nie vergessen dürfen. Und natürlich haben die Abenteuer der Hauptserie etwas mehr Anspruch und sind damit vielleicht auch geeigneter für ein breiteres Publikum. Doch Pokémon Mystery Dungeon: Portale in die Unendlichkeit will das gar nicht. Es ist ein Ableger, der eher seicht bleibt. Für erwachsene Spieler ist er sicherlich zu monoton und die Handlung zu albern. Doch handwerklich ist das Spiel ziemlich in Ordnung.

Nintendo unterstreicht sogar noch einmal ihre Zielgruppen-Platzierung durch häufig auftretende Nachrichten mit dem seltsamen Inhalt: "Für heute hattest du genug Abenteuer. Du solltest erst einmal eine Pause machen" - als würden Gamer darauf hören. Etwas ärgerlich finde ich lediglich, dass Nintendo nun offenbar in jedem der Spiele kostenpflichtige, herunterladbare Inhalte anbietet. Gerade bei einem solchen Titel, der sich eben explizit an Kinder richtet, ist das deplatziert.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
in der Rolle eines Pokémons, hübsche Grafik, leicht zu verstehendes Spielprinzip, unser eigenes Pokémon-Paradies bauen
-
viel Wiederholung trotz vieler Dungeons, Sound etwas mager
overall score
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