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Call of Duty: Modern Warfare 2

Call of Duty: Modern Warfare 2

In dem am sehnlichsten erwarteten Spiel des Jahres haben wir die Winter-Camouflage übergeworfen und sind in die allerkältesten Dörfer Russlands geflogen, um dort ein Zielschießen auf Ultra-Nationalisten zu veranstalten...

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Es sah ganz so aus, als ob in Call of Duty 4: Modern Warfare ein dritter Weltkrieg ausbrechen würde. Russische Ultra-Nationalisten und andere Herumtreiber mit enormen Ressourcen, denen die USA schon lange auf die Nerven gingen, machten gemeinsame Sache. Zum Glück gelang es einem dann doch noch in der letzten Sekunde, die Katastrophe zu verhindern, auch wenn dies reichlich Zerstörung nach sich zog.

Was Call of Duty 4: Modern Warfare so interessant machte, war die spannende Geschichte, die inmitten all der Kriegswirren, der Unmengen unbekannter militärischer Abkürzungen erzählt wurde. Die Story war dazu noch schrecklich glaubwürdig. Trotz all dem braucht es aber nicht viel, damit auf der lieben Mutter Erde die Hölle wieder ausbricht und unglücklicherweise geschieht genau dies zu Beginn von Call of Duty: Modern Warfare 2.

Denn die Russen sind nicht wirklich dezimiert, sondern nur etwas angekratzt und ein anderer Boss hat den Laden übernommen. Makarov. Härter und bösartiger ist der Mann und hat sich zum Ziel gesetzt, sowohl England als auch die USA zu erledigen, um für immer die Großmächte zu zerschlagen. Während sein Vorgänger als Kriegsheld verehrt wird, wächst auch die Unterstützung im Volke, denn die Menschen haben es satt, Russland ständig nach einer fremden Pfeife tanzen zu sehen. Sie vermissen die Glanztage des Kommunismus.

Call of Duty war schon immer eine großartige Spielserie, aber erst mit Call of Duty 4: Modern Warfare wurde die Serie zu dem Blockbuster, der sie heute ist. Mindestens ebenso erfolgreich und populär wie die Serien Halo, Grand Theft Auto und Half-Life. Dies hatte zur Folge, dass Infinity Ward nun ganz andere Ressourcen für die Entwicklung des Nachfolgers zur Verfügung standen, was sich schon sehr früh bemerkbar macht.

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Die Präsentation ist besser, die Musik ist besser, die Effekte sind cooler und das Ganze fühlt sich zeitweise an wie ein extrem kostspieliger Hollywood-Blockbuster. Genau wie beim Vorgänger wechseln wir die ganze Zeit zwischen verschiedenen Hauptpersonen hin und her, die allerdings nicht weiter vorgestellt werden. Es gibt einen Spitznamen und nicht viel mehr, was das Gefühl verstärkt, dass es wirklich man selbst ist, der da in den sich anbahnenden Krieg verwickelt wird.

Viele der Erzähltricks aus Call of Duty 4: Modern Warfare tauchen wieder auf und zwischen den Levels werden mit leiser Stimme Dialoge über extrem ernsthaftes Geschehen geführt. Diese Erzählungen lassen uns als Spieler direkt in die Korridore der Macht geraten und schildern eine taktische Rücksichtslosigkeit, die sich um das Beste für die Masse kümmert, auch wenn dies auf Kosten gewisser Gruppen geht. Effektivität ist wichtiger als alles andere, vor allem wichtiger als Gefühle. Und das alte Sprichwort, dass in Krieg und Liebe alles erlaubt ist, wird auf eine unbehaglich augenfällige Art und Weise praktiziert. Brutal, aber eben auch sehr glaubwürdig.

Die Story von Call of Duty: Modern Warfare 2 ist sehr schwierig zu rezensieren, denn beinahe jeder Auftrag beinhaltet eine Überraschung, die die Dinge absolut über den Haufen wirft. Deswegen soll nicht näher darauf eingegangen werden, was genau zu tun ist und passiert. Aber ein Teil, über den sich die Skandalmedien bereits entsetzt haben, ist der Auftrag, bei dem von uns erwartet wird, dass wir an einem enormen Massaker teilnehmen. Das, was wir über diese "Skandalszene" sagen wollen, ist, dass sie sich zum einen ziemlich zu Beginn des Abenteuers abspielt und sie nicht unnötig anfühlt. Im Gegenteil ist sie ein natürlicher Teil der Story, auf den sich bedeutend schlimmere Sachen aufbauen. Aber es wir bereits hier ganz deutlich, dass Call of Duty: Modern Warfare 2 seine Altersbegrenzung ab 18 Jahren zu Recht bekommen hat.

Das Abenteuer hat das vielleicht abwechslungsreichste Leveldesign, das es je zu sehen und spielen gab. In jedem Level geht es kreuz und quer über den Globus geschickt, es werden zu jeder Tages- und Nachtzeit Kampfhandlungen erwartet. Es gibt Levels, die aussehen, als seien sie aus Tomb Raider entliehen, dazu lange Wettrennen mit Schnee-Scootern, Stealth-Aufträge weit draußen auf Ölplattformen, richtige Feldschlachten, kleinere Truppeneinsätze in brasilianischen Vororten, Straßenkämpfe im Nahen Osten, Parcours-Strapazen, Krieg in moderner Bebauung und vieles, vieles mehr, was jetzt nicht erzählt wird, um nicht jedem das Vergnügen zu verderben all dies selbst zu entdecken. Jedes Level ist absolut einzigartig und dieser Aspekt von Call of Duty: Modern Warfare 2 ist wirklich einzigartig.

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Die Spielkontrolle passt all denjenigen perfekt, die die Serie schon früher gespielt haben. Hier gibt es keine Überraschungen, außer dass wir in manchen Passagen Krawallschilde nutzen können. Die Schilde wehren so gut wie alle einigermaßen kleinkalibrige Munition ab. Sehr praktisch, um unter hartem Beschuss vorwärtszukommen. Ansonsten ist alles wie immer, im Guten wie im Schlechten. Im Guten, weil das Ganze tatsächlich absolut vorzüglich funktioniert. Im Schlechten, weil es trotz allem nicht ganz perfekt ist.

Unter anderem ist es oft schwierig zu sehen, von wo der Beschuss kommt, was manche Teile der Levels zu einem frustrierenden Trial & Error macht. Man muss ganz einfach akzeptieren, dass man fünf bis zehn Mal stirbt, bevor man entdeckt, wer einen tötet. Dies gilt besonders für die hohen Schwierigkeitsgrade, war bereits in früheren Call of Duty-Spielen ein Problem und müsste wirklich mal behoben werden.

Es gibt in Call of Duty: Modern Warfare 2 mehr verschiedene spielbare Situationen als jemals zuvor. Viele von ihnen waren bereits in verschiedenen Trailern und auf Bildern zu sehen, also wird jetzt niemand vom Stuhl fallen, wenn er hört, dass man unter anderem Scooter fahren darf. Wir waren den Fahrzeuglevels gegenüber ziemlich skeptisch, denn sie sind in Egoshootern meist die schlechtesten Passagen. Zumindest in allen Spielen, die nicht irgendwo Halo im Namen haben.

Aber auch wenn man sich darüber beklagen könnte, dass das Scooter-Level, das sich an einem grässlich kalten Ort irgendwo in Russland abspielt, nicht wirklich das Gefühl von richtigem Scooter-Fahren vermittelt, ist es dennoch einer der Höhepunkte in Call of Duty: Modern Warfare 2. Ein richtig hektisches, cooles Actionfeeling, wo in kurzer Zeit irrsinnig viel passiert. Später im Spiel dürfen wir unter anderem Raketen steuern und Autofahren - und diese Passagen funktionieren ebenso gut. Verdammt gute Action, wirklich.

Natürlich gibt es auch ordentliche Stealth-Level, unter anderem in einem verschneiten Russland. Hier gelingt es tatsächlich, das meisterhafte Tschernobyl-Level aus dem Vorgänger zu übertrumpfen. Wir tappen zwischen einer Menge Soldaten umher und müssen selbst entscheiden, ob der Schnee blutrot werden soll oder es unbemerkt vorwärts geht. Die Befriedigung, wenn es gelingt, sich von hinten an einen rauchenden Terroristen heranzupirschen und ihm ein riesiges Armeemesser in den Rücken zu rammen, bevor ihm auch nur ein Nastrovje über die Lippen kommt, um dann eiskalt weiterzuschleichen, ist einfach fantastisch.

Nach knapp sechs Stunden war für uns die Story zu Ende und dies, obwohl wir auf einer höheren Schwierigkeitsstufe gespielt haben. Wer will, dass das Spiel länger dauert, dem sei die höchste Schwierigkeitsstufe nur wärmstens empfohlen. Infinity Ward selbst haben uns beim Auschecken den Tipp gegeben, mindestens auf der zweithöchsten Stufe zu spielen. Das ist viel herausfordernder und außerdem werden dadurch auch begehrte Achievements aktiviert (und wahrscheinlich auch Trophäen, aber Infinity Ward zeigt die 360er-Version).

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass irgendjemand von diesem Abenteuer enttäuscht sein kann, auch wenn es zwei, drei Stunden mehr Spielzeit gut vertragen hätte. Infinity Ward hatte uns aber bereits früh erklärt, dass die Spiellänge für sie unwichtig ist und dass es viel wichtiger sei, eine kompakte Geschichte zu erzählen. Nachdem dem Durchspielen von Call of Duty: Modern Warfare 2 wird sehr klar, was sie meinen. Es fällt schwer zu sehen, wo noch ein Level hätte hineingequetscht werden könnne, ohne dass es sich einfach wie Füllmaterial angefühlt hätte.

Als das Abenteuer beendet ist, geht es online! Hier finden wir den neuen Spielmodus Spec Ops, Infinity Wards Variante des Koop-Modus. Kommt ein bisschen wie der Mile High Club aus Call of Duty 4: Modern Warfare rüber, von der Spiellänge und dem Konzept. Eine Unmenge verschiedener Situationen aus dem Spiel können nun gemeinsam mit einem Kumpel durchgespielt werden. Hier gibt es außerdem ganz neue Szenarien und solche, die aus dem Abenteuer selbst entfernt wurden. Wir hatten besonders viel Spaß bei einem Scooter-Wettrennen, das man wieder und wieder spielen kann, um sich dabei um Zehntelsekunden zu verbessern.

Auch fesselnd: Ein gemeinsames Stealth-Level sowie eines auf einer eingestürzten Brücke, die unter Beschuss steht. Hier geht es nur darum, Dinge in die Luft zu sprengen. Sinnloser Spaß, den man sicher mehrere Male spielen wird, auf der Jagd nach den Top-Platzierungen. Unter diese Rubrik fällt auch ein Helikopter-Level, wo einer fliegt und der andere das Mega-MG nutzt um eine Bresche durch ein Feinde zu schlagen. Das sind derartig viele, dass es alleine ganz einfach unmöglich wäre, dort durchzukommen.

Den Rest muss man selbst entdecken, aber Spec Ops generiert eine eine sowohl abwechslungsreiche wie auch unterhaltsame Spielweise, die wohl die meisten Leute top finden werden. An sich ist der Modus nichts Revolutionäres, aber er erfüllt perfekt seine Funktion und schenkt unzählige Stunden extra Spielzeit, während man sich nach vorne kämpft. Ganz einfach ein smarter Spielmodus für all diejenigen, die lieber mit ihren Kumpels gegen den Computer zocken, als sich in steinharten Deathmatches voranzuschießen.

Aber die gibt es natürlich auch in Call of Duty: Modern Warfare 2. Wir wagen zu behaupten, dass der Multiplayer selbst Halo 3 endgültig eins auf die Finger gibt, weil er der inhaltsreichste für Konsolen überhaupt ist. Es gibt unzählig viele Einstellungen, Möglichkeiten und Funktionen. Egal wie selbstbestimmt das hier nun auch sein mag, ist es am besten, sich seine Kriegerklasse ganz nach den eigenen Wünschen zu erschaffen. Wer zum Beispiel kein Held darin ist, zu zielen oder sich überhaupt mit Präzisionsarbeit zu beschäftigen, stattdessen aber die Spielsituation anständig deuten kann und gutes Reaktionsvermögen hat, dem sei empfohlen, mit extrem schweren Maschinengewehren zu spielen und so Tod und Vernichtung um sich herum zu verbreiten. So steht man seinem Team mit erdrückendem Feuer beim Vormarsch oder beim Bewachen von wichtigen Flaggen bei. Dank all den Einstellungsmöglichkeiten kann jeder wirklich die perfekte Klasse für sich erschaffen - mit genau den Waffen und Perks, die man am liebsten mag.

Infinity Ward haben außerdem reichlich weitere Einstellungsmöglichkeiten draufgelegt. Wir dürfen zum Beispiel wählen, wie wir anderen Spielern gegenüber mit Schildern, Farben, Gradbezeichnungen und anderem repräsentiert werden. Diese Optionen aktiviert man nach und nach, und wenn Call of Duty: Modern Warfare 2 online auch nur annähernd so populär wie sein Vorgänger wird (und das wird so sein!), wird dies hier eine sehr beliebte Funktion für all diejenigen werden, die Individualität suchen.

Das Onlinespielen klappte ohne Probleme, während unserer Matches gab es keine Lags. Die Multiplayer-Levels sind besser gemacht als beim Vorgänger und jedes Szenario - von Kämpfen in amerikanischen Vorstädten über enorme Kriege innerhalb internationaler Flughäfen bis hin zu Scharmützeln in Marmorgruben - fühlt sich ganz natürlich an. Obwohl man häufig ahnt, wie gut Infinity Ward jedes Level an die Multiplayer-Fights angepasst hat. Es gibt wenige Stellen, die sicheren Schutz bieten. Im Grunde ist man überall und jederzeit verwundbar, das eröffnet aber auch Möglichkeiten für listige Strategien.

Call of Duty: Modern Warfare 2 hat online die übliche Garnitur an Spielmodi übergezogen, nichts fehlt. Das klassische Bombenentschärfen passt aber wohl am besten zu dem hektischen und intensiven Gefühl von Call of Duty: Modern Warfare 2 passt. Ein Team versucht, zwei Bomben zu sprengen, während die andere Gruppe dies verhindern soll, bevor es zum Seitenwechsel mit vertauschten Rollen kommt. Sehr unterhaltsam und süchtig machend. Auch das Erobern feindlicher Stellungen passt sehr gut zu Call of Duty: Modern Warfare 2.

Es gibt, so ehrlich muss man sein, schönere Spiele als Call of Duty: Modern Warfare 2, auch wenn dieser Vergleich etwas ungerecht ist, denn das Spiel läuft, im Unterschied zu etwa Killzone 2 mit stabilen 60 Bildern pro Sekunde. Es muss also in Bewegung angeschaut werden, um zu seinem seidenweichen Recht zu kommen. Erst in Bewegung vermittelt Call of Duty: Modern Warfare 2 dieses unglaubliche Gefühl.

Man muss Infinity Ward außerdem Anerkennung für die unerhört abwechslungsreichen Umgebungen in Call of Duty: Modern Warfare 2 geben. Von Schnee bis Wüste, von Slumstädten bis hin zu modernen Großstädten, von Ölplattformen bis hin zu unterirdischen Gefängnissen, da ist fast alles am Start. Dann noch die vielen kleinen Details, die so stark zur Glaubwürdigkeit beitragen. Und die Tatsache, dass jedes Level auf eine ganz eigene Art angegangen werden muss, macht das Ganze nicht wirklich schlechter...

Leider ist der Sound nicht so richtig super. Natürlich sind die bombastisch militärischen Töne des deutschen Hollywood-Komponisten Hans Zimmer (Pirates of the Caribbean, Gladiator, König der Löwen, Batman: Dark Knight) wahnsinnig gut. Aber dafür hören sich die Waffen etwas platt an, es fehlt ihnen die Schwere beim Schießen. Etwas schade, wenn man daran denkt, dass die Call of Duty-Serie traditionsgemäß einen fantastisch guten Sound gehabt hat, mit viel Power in den Waffen und Explosionen. Jetzt scheint man auf diesem Gebiet etwas ins Hintertreffen geraten zu sein.

Letzten Endes ist Call of Duty: Modern Warfare 2 trotzdem ein Spiel, das einen richtig fertig macht. Im guten Sinne. Die Kampagne nimmt den Atem, das Tempo ist superschnell und das Militärfeeling macht mich richtig an, während ich mit detaillierten Aufträgen, strengen Befehlen, schwulstiger Musik, Machoattitüde und militärischen Abkürzungen und Codes gefüttert werde. Trotz einer teilweise sehr unwahrscheinlichen Story reißt das Geschehen mit.

Natürlich bewegt sich die Kampagne im Grenzland dessen, was in Sachen Spiellänge für ein vollpreisiges Spiel akzeptabel ist, aber dies wird von dem unglaublich unterhaltsamen Spec-Ops-Modus und dem proppevollen Multiplayer aufgewogen. Call of Duty 4: Modern Warfare war eines der Spiele, die online am meisten gespielt wurden, seit es so ziemlich auf den Tag genau vor zwei Jahren herauskam. Wenn nun kein Unglück geschieht, wird das gleiche für Call of Duty: Modern Warfare 2 gelten, das in fast allen Punkten besser ist als der Vorgänger.

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09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
Multiplayer der Spitzenklasse, fantastische Levelvariation, seidenweiche Animationen, tolle Einstellungsmöglichkeiten, bombastische Musik
-
Zu kurze Einzelspieler-Kampagne, lahme Story
overall score
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