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Rollercoaster Tycoon 3D

Rollercoaster Tycoon 3D

Dass auch auf einem kleinen Handheld durchaus Genres funktionieren, die für den großen PC gedacht sind, wurde oft bewiesen. Dass aber ein Entwickler ein großartiges Spielkonzept auch kaputt machen kann, zeigt Rollercoaster Tycoon 3D für den 3DS.

Es ist ein schöne Erinnerung an die Jugend. Rollercoaster Tycoon war damals zur Jahrtausendwende eine echte Offenbahrung. Nachdem sich Theme Park viel zu früh an 3D versuchte und damit unterging, setzte die Reihe von Chris Sawyer voll auf funktionierende Spielmechaniken. Das Ergebnis war eine erstaunlich unterhaltsame Simulation mit Tiefe und atemberaubenden Achterbahnen als Herzstück. Rollercoaster Tycoon war eine echte Jugendliebe und die Ankündigung einer Version für den Nintendo 3DS sollte den Funken neu entfachen.

Natürlich war da Skepsis. Dabei ging es weniger darum, ob das Konzept grundsätzlich auf einem Handheld funktioniert. Ich habe schon Sim City 2000 auf dem Gameboy Advance gespielt und hätte es nicht so viele Fehler beinhaltet, es wäre sogar ganz nett gewesen. Nein, das Problem war vielmehr die Konzentration auf den Nintendo 3DS und seine Fähigkeiten - wenn so etwas schon in der Ankündigung steht, schrillen die Alarmglocken. Schwierigkeiten bereite mir auch der Entwickler n-Space. Seit Geist für den Gamecube haben sie mich das Fürchten gelehrt.

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Rollercoaster Tycoon 3DRollercoaster Tycoon 3D

Und die Angst war berechtigt. Rollercoaster Tycoon 3D wurde für den 3DS beinahe bis zur Unkenntlichkeit zusammengestutzt. Wir dürfen Attraktionen, Achterbahnen, Geschäfte, Wege und Verschönerungen errichten - alle Objekte allerdings sind stark begrenzt. Auf einer Karte haben beispielsweise nur zehn Läden Platz. Mir ist es gelungen, eine große Achterbahn zu bauen, zwei bis drei kleine sind theoretisch möglich. Und immerhin sind zwölf Attraktionen erlaubt. Bei den Wegen und Verschönerungen zeigt sich ein ähnlich deprimierendes Bild. Da wundert es auch nicht, dass wie nur vier Mechaniker, vier Putzleute, vier Animateure und vier Wachleute einstellen können. Mehr brauchen wir sowieso nicht.

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Statistiken gibt es gleich gar keine mehr. Nur eine Übersicht mit den Grenzen für unsere Bauten. Aber mehr braucht man in diesem Spiel auch nicht zu wissen. Eintritt fließt auf wundersame Weise automatisch. Nach welchem Schlüssel wird nicht verraten, Preise jedenfalls werden nirgendwo festgelegt. Unsere Läden müssen wir nicht mit Waren ausstatten und Fahrgeschäfte können wir auch nicht anpassen. Die Beschränkungen sind so gravierend, dass im Grunde der komplette Spielinhalt abhanden gekommen ist.

Rollercoaster Tycoon 3D ist keine Wirtschaftssimulation mehr, sondern eher eine Aquarium-Simulation. Wir platzieren Objekte, können ins Geschehen zoomen und unsere Besucher beobachten. Und damit sind wir auch schon beim ersten und im Grunde einzigen Pluspunkt: Auf Achterbahnen können wir mitfahren und sie ausprobieren. Das macht mit aktiviertem 3D wirklich Spaß - Loopings, Schrauben, Fotos machen und so weiter. Sogar Bilder davon werden auf dem 3DS gespeichert. Das ist simpel, aber spaßig.

Attraktionen können auf die gleiche Weise besucht werden und auch hier funktioniert der Gyro-Sensor. Bei einem automatisch drehenden Karussell ist das meist noch recht witzig, aber auf einer Rutsche zu stehen und sich umzuschauen, das macht nicht so richtig Spaß. In keinem Fall ist es nämlich möglich , ich selbst zu bewegen, nur umschauen können wir uns. Und manche der geschlossene Attraktionen können sogar nur von außen betrachtet werden.

Rollercoaster Tycoon 3D
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Wie schlecht die Design-Entscheidungen aber grundsätzlich sind, zeigt sich auch in diesem Modus. In den Optionen wird uns ein Schiebepad- und ein Gyro-Modus angeboten. Etwas verwirrend, weil nichts im Spiel mit Bewegungssensoren gesteuert wird - außer unsere Sicht in der Achterbahn, wenn wir sie ausprobieren. Wir können uns nämlich umschauen, aber ob dafür ein eigener Menüpunkt erforderlich war, ist zu bezweifeln.

Neu ist außerdem ein Story-Modus, aber der spielt sich wie ein in die Länge gezogenes Tutorial. Dazu kommen belanglose und lästige Dialoge, die dem ganzen so etwas wie eine Handlung geben sollen. Wer den vollen Umfang an Park-Attraktionen und Gegenständen zur Verfügung haben möchte, wird aber genötigt, diese Aufgaben zu absolvieren. Erst dadurch werden nämlich die themenbezogenen Inhalte freigeschaltet. Diese Gängelung hat in anderen Titeln die Spieler vergrätzt und in diesem Fall sind die Missionen dazu weder unterhaltsam noch ernsthaft fordernd.

Nun, Rollercoaster Tycoon 3D ist wirklich kein Totalausfall. Irgendwas ist spielbar, nur hat es nichts mit dem Original zu tun. Für mich persönlich ist es die größte Enttäuschung seit Sim City Societies. Simulationen haben heute keinen großen Stellenwert mehr, das muss auch der größte Fan irgendwann einsehen. Dass allerdings der Spielspaß von diesem Titel so stark zusammengestrichen wurde, es schmerzt. Als Simulation für selbstgebaute Achterbahnfahrten ist das Spiel nett - daher kann man die auch über Streetpass mit anderen teilen. Aber dafür würde man nicht einmal vier Euro bezahlen wollen, geschweige denn vierzig.

03 Gamereactor Deutschland
3 / 10
+
Attraktionen selbst ausprobieren mit Bewegungssteuerung und 3D-Effekt
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keine Wirtschaftssimulation, viele Einschränkungen beim Bauen, Menüs und Steuerung nicht immer logisch, öde Musik, durchwachsene Grafik
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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