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Dirt Rally

Dirt Rally (PS4, Xbox One)

Hart aber herrlich - Dirt Rally geht endlich auch auf PS4 uns Xbox One an den Start! Unser Karren-Nerd Kalle ist losgeheizt.

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PC-Spieler kennen Codemasters' Rückkehr an die Spitze des Rallyesports schon aus dem letzten Jahr (auch dafür gibt's eine Kritik). Die britischen Entwickler hatten einst mit Colin McRae Rally den Grundstein für eine ernsthafte Simulation des Sports gelegt, waren dann aber im Verlaufe der Dirt-Reihe immer weiter in Richtung Arcade-Extremsport abgedriftet. Ein kleines Team brachte dann den Mut und die Leidenschaft auf, wieder komplett zu den Wurzeln zurückzukehren und die Rallye-Regeln ohne schmückendes Beiwerk auf die Bildschirme zu bringen. Über eine ausgedehnte Early-Access-Phase wurde das Feedback der PC-Fans gesammelt, während das Spiel immer mehr erweitert und optimiert wurde. Das Ergebnis war schon im Dezember 2015 ein grandioses Gesamtkunstwerk - und nun kommen auch Konsolenspieler in diesen Genuss.

Schon der Einstieg in das Spiel macht klar, dass es sich hier quasi um das Dark Souls des Motorsports handelt. In nüchternen Texttafeln wird der Anspruch des Spiels erklärt, schonungslosen Realismus zu bieten. Eine steile Lernkurve ist absolut teil des Konzepts. Immerhin gibt es im Hauptmenü interessante Tutorial-Videos, die wichtige Grundlagen des Rallye-Fahrens vermitteln.

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Die Konsolengrafik entspricht dabei etwa den mittleren Settings der PC-Version, was wirklich gut aussieht.
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Die Karriere selbst ist geizig mit Informationen, doch das reduzierte und textlastige Interface lässt trotzdem kaum Fragen offen. Zu Beginn reicht das Startkapital erst einmal für ein Gefährt aus den 1960er Jahren, mit dem dann die erste Rallye absolviert wird. In verschiedenen Ländern werden unterschiedlich viele und verschieden lange Etappen gefahren. Die besten drei Fahrer steigen am Ende einer Saison in die nächsthöhere Liga auf, wo das zu fahrende Pensum und natürlich das Können der Gegner anwächst. Mit dem verdienten Geld lassen sich Fahrzeuge verschiedener Klassen kaufen, wobei immer eine Reserve bleiben sollte, um Reparaturen und Mechaniker zu bezahlen - eine rudimentäre Teamverwaltung ist nämlich ebenfalls Teil der Karriere.

Auf der Strecke fällt erst einmal die schicke Grafik ins Auge. Die verschiedenen Landschaften sind detailliert und abwechslungsreich gestaltet und schnappen sich mühelos die Krone der zur Zeit erhältlichen Rallye-Spiele. Die Konsolengrafik entspricht dabei etwa den mittleren Settings der PC-Version, was wirklich gut aussieht. Auf der PS4 läuft das Spiel in 1080p, auf der Xbox One mit 900p und dynamischer Horizontalauflösung. Beide Systeme erreichen in der Regel die angepeilte Bildrate von 60 FPS, die vereinzelten Ruckler fallen in der Regel in der Hitze des Gefechts kaum auf.

Die nächste Erkenntnis ist, dass man in diesem Spiel nichts geschenkt bekommt. Mit der PC-Version des Spiels habe ich bereits gute 75 Stunden verbracht, trotzdem flog ich nach den ersten paar Metern in einen Abgrund. Dabei fiel mir allerdings auch auf, dass das Lenkrad (in unserem Fall das aktuelle Logitech G29 Driving Force, auf einen Einschlagwinkel von 900 Grad eingestellt ist. Das ist für Familienkutschen natürlich in Ordnung, bei einer Rallye sieht man so allerdings überhaupt kein Land. Denn die verschiedenartigen Fahrbahnen, die von Asphalt über Schotter und Matsch bis hin zu Schnee und Eis reichen, müssen aggressiv und präzise beharkt werden. Nur so lässt sich die detaillierte Fahrphysik meistern, bei der schon kleinste Unebenheiten ihre Wirkung zeigen. Zum Glück lassen sich alle möglichen Settings den eigenen Vorlieben anpassen, selbst das Licht für Nachtrennen kann auf Wunsch per Knopfdruck an- und ausgeschaltet werden. Auch mit einem Controller lässt sich das Spiel prima steuern, doch ohne das feinfühlige Force-Feedback eines Lenkrades wird die Lernkurve sicher noch ein kleines bisschen steiler. Bei Dirt Rally bekommt jedenfalls niemand etwas geschenkt!

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vielleicht gibt wirklich Griechenland mit seinen kaum fahrzeugbreiten Schotterpisten direkt am Abgrund das Wesen von Dirt Rally am besten wieder.

Die Tatsache, dass die Karriere auch noch mit einer der anspruchsvollsten Etappen anfängt, nämlich "Koryfi Dafni" in Griechenland, verstehe ich dabei als Kampfansage. Dabei ist die Bandbreite der Strecken weit gefächert. Jedes Land bietet zwei lange Pisten, die aus acht Segmenten bestehen. Um mehr Abwechslung zu erzielen, werden von diesen acht Segmenten oft nur vier Stück gefahren, und das sowohl vorwärts als auch rückwärts. Jedes Gebiet hat seine eigenen Schwerpunkte. Am einfachsten ist Finnland, gefolgt von Schweden, wo sich überwiegend Bleifuß fahren lässt. Deutschland bietet solide Straßen mit vielen Driftmöglichkeiten, in Monte Carlo geht es schon über gefährliche, aber wenigstens größtenteils asphaltierte Bergpässe. Schottland birgt durch viel Matsch, Hindernisse und Abhänge schon einiges an Frustpotenzial - aber vielleicht gibt wirklich Griechenland mit seinen kaum fahrzeugbreiten Schotterpisten direkt am Abgrund das Wesen von Dirt Rally am besten wieder.

Jedes Rücksetzen des Fahrzeuges auf die Straße bedeutet Zeitstrafen, vor Ablauf des Countdowns losfahren bedeutet Zeitstrafen, ein geplatzter Reifen bedeutet hohe Zeitstrafen, und wer sein Auto in einer Schlucht versenkt, bekommt gleich die Höchstzeit aufgebrummt. Neu starten darf man überhaupt nur fünf Mal und dazu kommt noch eine Geldstrafe. Es ist also wirklich eine harte Schule, durch die man in der Karriere geht. Doch es lohnt sich. Denn die Hatz über Stock und Stein wurde noch nie so mitreißend und präzise umgesetzt. Wenn man den Bogen erst einmal raus hat, locken in den höheren Fahrzeugklassen wahre Adrenalinschübe und der Kampf Mann gegen Maschine gegen Natur bleibt trotz aller Härte immer fair und nachvollziehbar.

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Kern des Spiels ist die knallharte Simulation des Rallyesports auf den Spuren der Klassiker Colin McRae Rally und Richard Burns Rally.

Eine große Motivationsquelle sind außerdem die Online-Events, von denen meistens fünf oder sechs gleichzeitig am Start sind. Bei den täglichen Events hat jeder Spieler nur einen Versuch, ohne wenn und aber. Preisgelder werden dann anhand des Vergleichs mit den Community-Zeiten verteilt. Außerdem kann man bei diesen Events oft Fahrzeuge ausprobieren, die man vielleicht noch nicht besitzt - wohingegen in den wöchentlichen und monatlichen Challenges, in denen es mehrere Etappen oder gar ganze Rallyes zu absolvieren gibt, meist der Besitz eines bestimmten Wagens oder zumindest einer Klasse Voraussetzung ist. Da macht das Erspielen von Credits gleich doppelt süchtig!

Zur Auflockerung oder auch als Zugeständnis an den Massenmarkt gibt es noch Hillclimb-Events sowie Rallycross-Meisterschaften. Letztere bieten auch echte PvP-Modi, da hier mehrere Autos gleichzeitig über kurze, oft hügelige Rennstrecken heizen - Chaos gehört dabei zum Programm. In eigenen Events lassen sich Wagenklasse und die Anzahl von Vor- und Hauptrunden festlegen, was für spaßige Sessions mit Freunden sorgen dürfte - mangels Mitspielern ließ sich das in unserer Testphase leider noch nicht weiter erforschen. Im Singleplayer zeigten sich diese Rennen allerdings schon ruckelanfälliger als die Solo-Rallyes, hoffen wir also auf einen guten Netcode unter voller Belastung - so wie auf dem PC.

Unterm Strich sollte man diese Zusatzmodi jedoch als jenes schmückende Beiwerk betrachten, das sie sind. Kern des Spiels ist die knallharte Simulation des Rallyesports auf den Spuren der Klassiker Colin McRae Rally und Richard Burns Rally. Und es besteht kein Zweifel daran, dass Dirt Rally auf diesem Gebiet die absolute Nummer Eins ist - der beste Vertreter dieses Sub-Genres, der auf PS4 und Xbox One erhältlich ist. Selbst wenn man sich vielleicht noch ein paar mehr Strecken, mehr Autos oder andere Features wünschen könnte, das Spiel ist auch so schon das beste - und bekommt aus diesem Grund auch die Höchstwertung.

10 Gamereactor Deutschland
10 / 10
+
absolut kompromisslose Rallye-Simulation, einwandfreie Grafik und Sound, geniale Steuerung und Fahrphysik
-
minimale Schönheitsfehler wie Ruckler, vielleicht etwas zu spartanische Aufmachung, leichte Schwächen bei der deutschen Lokalisierung
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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