Super Street Fighter IV

Street Fighter II war für Capcom ein fast lächerlich großer Erfolg. In der Konsequenz wollte man dann so richtig von der Serie profitieren und zum großen Schrecken der Fans wurden fast jeden Monat neue Versionen in den Markt gepumpt. Bis heute wurde Street Fighter II für über zwanzig verschiedene Formate in über vierzig verschiedenen Versionen rausgebracht, vom relativ puristischen Arcade-Original bis hin zum aktualisierten Super Street Fighter II Turbo HD Remix aus dem Jahr 2008.

Vor dem Hintergrund dieser Historie war ich fast enttäuscht, als Capcom Super Street Fighter IV ankündigte. Dazu muss man wissen, dass Street Fighter IV für mich das beste Spiel des letzten Jahres war. Natürlich will ich mehr von diesem Stoff haben, aber ich will nicht, dass Capcom eine neue Hysterie mit Updates in Gang bringt, bei denen es ein paar wenige neue Figuren gibt oder die Möglichkeit, das Spieltempo anzupassen, um diese dann als neue Spiele zu verkaufen.

Jetzt sitze ich jedoch hier, vierzig Stunden später und mit dem Versprechen von Capcom, das dies das letzte ist, was man mit Street Fighter IV zu tun gedenkt, vielleicht abgesehen von einem Patch in einem Jahr oder so, um das Spiel - falls dies nötig sein sollte - besser auszubalancieren. Für alle, die Spiele wie Gears of War 2 oder Call of Duty: Modern Warfare 2 gewohnt sind, hört es sich vielleicht unbegreiflich an, dass es so lange dauern kann, bis ein solcher Patch veröffentlicht wird, aber dies hier ist Street Fighter. Der ungekrönte König aller Fighting-Spiele.

In so einem Spiel dauert es seine Zeit, bis man Unausgewogenheiten findet. Schaut man Monat für Monat, welche Figuren am besten sind, wird dies sehr stark variieren. Als Street Fighter IV in japanischen Arcades Premiere feierte, dachte man, das Crimson Viper eine elendige Figur ist, eine der schlechtesten des Spiels. Heute sie deutlich höher eingeschätzt. Damals zählte außerdem Bison zu den besten Figuren des Spiels, heute wird er höchstens noch im Mittelfeld plaziert.

So sieht's aus. Street Fighter ist kompliziert und voller organischer Dinge, die schon aus der Verpackung heraus so unglaublich gut ausbalanciert sind, so dass es Jahre dauert, bis man weiß, welcher Kämpfer eigentlich am besten ist und ob scheinbar offensichtliche Unausgewogenheiten wirklich unausgeglichen sind. Aber nach zwei Jahren in japanischen Arcades und einem Jahr auf den Konsolen ist eines sicher: Sagat ist am besten. Furchtbar stark, unerhört schnell, mit enormer Reichweite und keinerlei Schwächen.

Außerdem gibt es einige andere kleinere Diskrepanzen, die Capcom beheben wollte, die auch der Grund dafür sind, dass man Super Street Fighter IV überhaupt veröffentlicht. Aber Capcom hat noch mehr getan, auch wenn es wohl vor allem das Fine-Tuning ist, auf das sich die Hardcore-Fans am meisten gefreut haben. Jetzt haben alle Figuren zwei Ultra-Combos zur freien Wahl, die außerdem für Anfänger etwas einfacher zu aktivieren sind. Das bedeutet aber absolut nicht, dass das Spiel jetzt einfacher zu spielen ist. Im Gegenteil ist die Spieltiefe nun noch größer als beim Vorgänger und alle Street Fighter-Fans wissen ja sowieso, dass es nicht darum geht, welche Angriffe man losfeuert, sondern in exakt welcher Situation man dies tut, damit man so coole Kombinationen wie nur möglich zusammensetzt.

All dies hätte Capcom natürlich auch als Patch für Street Fighter IV herausbringen können. Aber der Spaß hört hier noch nicht auf, das Anspruchsniveau war deutlich höher und es gab noch einen Part, bei dem Street Fighter IV verbessert werden musste: der Online-Modus. Klar, der Netzcode war fehlerfrei, aber es fehlten Funktionen - und genau diese hat Capcom jetzt hinzugefügt. Das Spektakulärste ist die Möglichkeit, dass man seine Spiele jetzt speichern kann, was zum einen perfekt ist, um vor seinen Freunden zu prahlen und ihnen Respekt einzuflößen, aber auch als Trainingsvideos, um zu sehen, was man falsch macht, wenn Rufus zum zehnten Mal ein Hurrikan-Angriff gelingt und man ins Gras beißt.

Aber auch die Spielarten wurden verändert, so dass sich eine stärkere Community-Atmosphäre einstellt. Man kann jetzt mit bis zu acht Leuten in einer Gruppe Eliminination-Matches spielen, was wirklich unglaublich viel Spaß macht, oder aber im Endless Battle-Modus, was in Gesellschaft guter Freunde auch sehr unterhaltsam ist. Capcom hat außerdem versprochen, im Sommer einen Wettbewerbs-Modus herauszubringen, was ein schon jetzt sehr gutes Online-Angebot noch stärker machen wird.

Darüber hinaus sind auch die klassischen Bonus-Level aus der Street Fighter II-Serie zurück, so dass man endlich wieder ein Auto kurz und klein schlagen oder ebenso frenetisch Fässer zerschmettern kann. Diese Level sind so unterhaltsam und befriedigend wie immer und sie sind eine schöne Abwechslung zu den Schlägereien.

Kurz gesagt ist Super Street Fighter IV überall voller kleiner Verbesserungen. Nichts, was von Grund auf etwas verändert, aber sie ergeben ein ganzheitlicheres und besser poliertes Spielerlebnis. Und Capcom weiß, dass dies hier eine Erweiterung von Street Fighter IV ist und zwingt deswegen niemanden, das gesamte Ensemble neu aufzuschließen. Und genau dort liegt der wirkliche Gewinn von Super Street Fighter IV.

Denn Capcom präsentiert nicht weniger als zehn neue Figuren, von denen acht gute alte Bekannte aus Super Street Fighter II, Street Fighter III und sogar Final Fight sind. Dies ist eine Erweiterung der Figurenanzahl um satte 40 Prozent. Unter anderem haben wir den alten Liebling Dee Jay mit seinem hysterischen Grinsen mit dabei, den hammerharten Sagat-Verprügeler Adon (der übrigens aus dem allerersten Spiel der Serie stammt) und den Publikumsliebling Makoto aus Third Strike. Am unterhaltsamsten ist jedoch der knallrote, mit Öl eingeschmierte Türke Hakan.

Das alles mischt das Spiel natürlich ganz schön auf und ist ein größerer Zuwachs an Spielern als wir beim Schritt von Dead or Alive 3 zu Teil vier oder von Soul Calibur III zu dessen viertem Teil erleben durften. Man wird wieder zum Kind, bringt sich bei, alle diese neuen Kämpfer zu beherrschen und seinen eigenen Ultra Combo-Favoriten zu finden. Und das macht sehr viel Spaß.

Für mich ist Street Fighter pure Leidenschaft. Der Rolls Royce der Fighting-Spiele. Die Spielkontrolle ist absolut herrlich, folgsam und exakt und auch wenn es schwierig ist, genau zu benennen, was Capcom verändert hat, funktioniert plötzlich auch das Spielen mit meinem Kindheitshelden Guile so viel besser und das Herumbeordern von Zagat macht viel mehr Spaß als je zuvor. Es liegt eine unerhörte Befriedigung darin, wie genau und exakt sich alles anfühlt, dieses Gefühl können Fightingspiele, in denen man sich ganz frei bewegen kann, nie wirklich erreichen.

Super Street Fighter IV ist ganz einfach die ultimative Version von Street Fighter IV und dazu noch zu einem günstigeren Preis, verglichen mit dem Vorgänger. Und natürlich gibt es viel Neues (und alle Neuerungen sind tatsächlich gut), aber trotzdem kann ich das Gefühl nicht richtig abschütteln, dass es sich doch nur um ein Update handelt. Ich will damit nicht sagen, dass Super Street Fighter IV kein eigenes Spiel verdient, aber es hätte eine billigere Version zum Download geben sollen.

Aber wie auch immer, ich will mich nicht beklagen. Das hier hat wenig mit Capcoms früherem Ausquetschen und Aufpolieren alter Street Fighter II-Versionen zu tun. Fighting-Spiele werden einfach nicht viel besser als in Super Street Fighter IV. Hier gibt es die größte Kämpfergalerie aller Zeiten, ein ausgefeiltes Spielsystem und herrliche Grafik. Kurz und gut ein Spiel, das wirklich niemand verpassen sollte, der Kampfspiele mag.