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White Knight Chronicles

White Knight Chronicles

Ein strahlender weißer Ritter rettet eine Prinzessin und nebenbei die ganze Welt. Das klingt nicht nur kitschig, sondern ist es auch. Was nur will uns Level 5 mit White Knight Chronicles sagen?

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Gerade mal knapp über zehn Jahre alt ist Level 5 und trotzdem schon eine ganz große Nummer. Die Professor Layton-Serie und Dragon Quest VIII & IX gehören zu ihren bekanntesten Spielen. Als die Ankündigung für das exklusive Playstation 3-Rollenspiel White Knight Chronicles erfolgte, war die Vorfreude natürlich groß. Über ein Jahr dauerte die Lokalisierung, doch das jetzt erhältliche Ergebnis ist ernüchternd.

White Knight Chronicles erzählt eine im Grunde belanglose Geschichte. Der Held ist ein einfacher Botenjunge, der sich in eine Prinzessin verliebt, aber zu schüchtern ist, um ihr seine Liebe zu gestehen. Die Prinzessin wird entführt und er ist offenbar auserwählt, weckt den White Knight und schließt einen Pakt mit ihm. Dazu gibt es einen Haufen blasser Mitstreiter, von den man eigentlich keinen irgendwie besonders mag. Und zu allem Überfluss sind wir ja auch nicht dieser strahlende Held, sondern ein noch viel langweiligerer Charakter im Spiel.

White Knight Chronicles
White Knight Chronicles greift auf eine Menge Klischees bei der Story zurück.

Sehr wohl, die Figur mit der wir warm werden sollen, erstellen wir am Beginn des Spiels nämlich selbst. Auf der einen Seite kann man sich so natürlich besser mit dem Charakter identifizieren. Umgekehrt führt dies aber auch dazu, dass dieser nur spärlich ins Spiel eingebunden ist und in Zwischensequenzen wie ein Taubstummer daher kommt. Das ist dann wohl das traurige Ergebnis des Kompromisses zwischen einer ordentlich erzählten Geschichte im Einzelspielermodus und dem Mehrspieler-Part, der ohne individuelle Figuren nicht funktionieren würde.

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Tatsächlich bietet das Spiel online eine gänzlich andere Spielerfahrung. Eine, die offenbar auch Level 5 wichtiger war als die Solo-Kampagne. Während wir unsere Truppe durch das Spiel schieben werden wir nach und nach näher an den Onlinemodus herangeführt. Herz des ganzen ist das Geonet - ein Service, der neben einem eigenen Freund- und Nachrichtensystem auch Microblogging ermöglicht. Die Chaträume, in denen man sich Treffen, Quatschen und für einen Quest verabreden kann, sind die Städte der Nutzer.

Georama heißt das Werkzeug, mit dem man seinen eigenes kleines Reich aufbauen kann. Gegen spezielle im Spiel sammelbare Items und eine handvoll Taler können Häuser, Bäume und andere Kleinigkeiten gekauft und beliebig platziert werden. Und wer seine Stadt gut entwickelt und dazu die richtigen Leute in die Stadt lockt, kann von seinen Bewohner später auch profitieren. Ebenfalls von Haus aus integriert ist ein System, das diverse exklusive Gegenstände gegen harte Euro feil bietet.

White Knight Chronicles
Die Größe des eigenen Charakters lässt sich im Editor nur schwer einschätzen. Zwerg oder Riese, man merkt es erst im Spiel.

Die Onlinewelt entfaltet sich allerdings recht langsam. Anfangs sind nur wenige Quests verfügbar und die Möglichkeiten durch akuten Geldmangel recht eingeschränkt. Wer richtig Einsteigen will, muss wohl oder übel bis zum Ende zocken. Glücklicherweise ist die Story des Spiels in zwanzig bis dreißig Stunden abgeschlossen, so dass man sich damit nicht so lange damit quälen muss. Die Geschichte scheint aber noch nicht zu Ende erzählt und ein zweiter Teil im Anschluss wahrscheinlich scheint.

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Etwas irritierend ist jedoch, dass ein Spiel dass offensichtlich mit Zukunft geplant wurde, am Ende solche gravierende Mängel im Gameplay aufweist. Kämpfe beispielsweise laufen in Echtzeit ab und werden lediglich durch eine für alle Charaktere einheitliche Wartezeit zwischen zwei Aktionen verlangsamt. Unsere Figuren müssen brav darauf achten, dass sie je nach ausgestatteter Waffe auch nah genug am Gegner sind, wenn sie ihren ihren Zug ausführen. Anders der Feind, der auch auf Distanz trifft. Wirklich ausweichen kann man also nicht und muss Angriffe mehr oder weniger einfach über sich ergehen lassen.

Das der Action-Anteil in den Kämpfen nur vorgegaukelt ist und es sich genau genommen doch um eine Form eines rundenbasierenden Systems handelt, damit arrangiert man sich schnell. Auch dass Dungeons mit etlichen toten Enden und verschlossenen Türen aufwarten, nimmt man nach einer Weile hin. Es sind eben jene Plätze und Orte, die nicht zum Hauptspiel gehören, sondern lediglich für Queste integriert wurden. Wirklich merkwürdig ist aber die ganze Nummer mit dem White Knight.

White Knight Chronicles
Angriffe erfolgen über eine frei konfigurierbare Aktionsleiste, in der sogar ganze Kombos abgelegt werden können.

Theoretisch kann man sich während des Spiels verwandeln und besser austeilen. Alle Gegner sind aber auch ohne den Ritter zu bewältigen und so wirken jene Szenen, in denen die Verwandlung automatisch vonstatten geht, merkwürdig künstlich. Und im Mehrspielermodus wurde darauf schließlich auch verzichtet. Es wäre ja auch komisch, wenn es plötzlich den legendären Ritter in millionenfacher Ausfertigung gäbe. Trotzdem ist er da, dieser fühlbare Bruch zwischen Online- und Offline-Welt. Das eigentliche namensgebende Spielelement wirkt eher wie ein Minispiel, als das man damit irgendjemand ernsthaft retten möchte.

Andere nette Spielideen sind mehr oder weniger aus alten Spielen recycled. Das Verschmelzen von Waffen und Rüstungen, um daraus etwas Neues zu basteln, war beispielsweise schon in Rogue Galaxy ein hübscher Bonus. Auf der Playstation 2 allerdings fühlte sich sogar das besser an. Das Spie schaffte es ein Interesse auszuprägen, auch einmal zu experimentieren. Trotzem hat Level 5 mitgedacht, dass auch die Bekleidung vielfältig sein muss, wenn es einen Online-Part gibt. Das wird dadurch zumindest einigermaßen sicher gestellt.

Optisch geht White Knight Chronicles in Ordnung. Zwar haut die Grafik keinen mehr vom Hocker, aber es gibt genug kleine Details und Abwechslung in den Dungeons. Besondere Wohlfühlstimmung vermitteln die lebendigen Städte. Sie kommen wirklich glaubwürdig rüber und ganz urplötzlich bemerkt man auch diese besondere Atmosphäre. Dieses Gefühl, dass es sich eben um ein Level 5-Spiel handeln muss. Auch bei der Musik fühlte ich mich manchmal zurückerinnert an Rogue Galaxy. Das aber wirklich im positiven Sinne.

White Knight Chronicles
Die Verwandlung zum White Knight ist im Spiel jederzeit möglich, aber nicht notwendig, so lange es die Story nicht verlangt

Aber genau das macht es so schade. Level 5 hat in White Knight Chronicles ein wirklich nettes Online-Feature integriert, dass insbesondere dann greift, wenn man mit Freunden über Voice-Chat spielt. Aber irgendwie wirkt der Titel weniger wie ein Juwel, sondern eher wie ein Rohdiamant, der noch geschliffen werden muss. An allen Ecken und Ende tauchen kleine Baustellen auf. Würde ich nicht wissen, dass es Level 5 besser kann, es wäre nicht so ärgerlich.

Aber bei aller Kritik am Spiel, es ist trotzdem unterhaltsam. Und zu wissen, dass es nicht hunderte Stunden verschlingt, ist für den ein oder anderen vielleicht sogar eine Motivation zuzuschlagen. Wer seine Ansprüche etwas runterschraubt und Lust hat, sich im Onlinemodus auszutoben, der wird den Kauf von White Knight Chronicles nicht bereuen. Aber ohne den Mehrspieler-Part ist dieser Titel leider nur Mittelmaß.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
nette Musik, gelungener Online-Modus, Atmosphäre
-
langweilige Story, auf Dauer etwas eintönig
overall score
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