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Matt Hazard: Blood Bath and Beyond

Matt Hazard: Blood Bath and Beyond

Nicht alles in den Achtzigern war schlecht. Mode, Musik, kommt ja sowieso alles wieder und relativert das Jahrzehnt, das lange als das geschmackloseste bezeichnet wurde. Einer, der sich ebenfalls aufmachte, um ein bisschen Geschichtsrevision zu betreiben, war Matt Hazard.

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Schaut man auf das bisherige Repertoire von Vicious Cycle, gegründet von ehemaligen Microprose-Leuten, ist da eigentlich kein Platz für einen Actionhelden wie Matt Hazard. Aber wie durchaus üblich in der Spielebranche, machen Entwickler zehn Auftragsarbeiten mit mehr oder weniger mittelmäßigen Spielen, um dann endlich genug Geld für ihr eigenes Projekt zu haben.

Ich vermute daher einfach mal dreist, dass die zum Teil in den Achtzigern sozialisierten Entwickler nach getaner Arbeit offenbar mächtig Lust auf ein Remake hatten und schufen Matt Hazard. Obwohl das natürlich nicht ganz richtig ist. Eat Lead: The Return of Matt Hazard für PS3 und Xbox 360 war die Wiederauflage eines Helden der Achtziger, der nie existierte. Zumindest bis dato. Was herauskam war ein Shooter, der so ziemlich alles durch den Kakao zog, was mit Videospielen beziehungsweise Action zu tun hatte und nicht bei drei auf den Bäumen war.

Matt Hazard: Blood Bath and Beyond
Textboxen führen durch das Spiel - für die Sprachausabe reichte das Geld nicht.

Großes Vorbild für den ultra-lässigen Charakter war seinerzeit offensichtlich Duke Nukem. Und der ließ wohl aus denselben Gründen so lange nichts von sich hören, die auch für die mäßigen Kritiken von Eat Lead sorgten. Heute gibt es eben ganz andere Ansprüche an das Gameplay, ganz egal wie gut Story und Witz sind. Und so blieben die Verkaufszahlen eher schwach.

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Lange Rede, kurzer Sinn: Vicious Cycle hat trotzdem einen Nachfolger entwickelt. Matt Hazard: Blood Bath and Beyond allerdings erscheint nur digital für das Playstation Network. Aus dem 3D-Shooter wurde ein 2D-Sidescroller. Naja, zumindest fast. So richtig retro wurde es nicht, denn das Spiel ist schon komplett in 3D, allerdings bewegt sich Matt Hazard eben nur in einer Ebene.

Daraus geworden ist das, was einem modernen Remake (wobei das Original ja gar nicht existiert) vermutlich am nächsten kommt: Gegner kommen von allen Seiten und müssen mit ordentlich Blei durchlöchert werden. In diesem speziellen Fall kommen sie auch wirklich von allen Seiten. Denn nicht nur von links, rechts, oben und unten rücken sie an, auch aus in der Tiefe des Raums und von vorn tauchen sie auf.

Halt, halt, nun doch mehr als eine Ebene? Zumindest für die Gegner trifft das zu. Von vorn angreifende Horden werden allerdings erst gefährlich, wenn sie sich auf Höhe von Matt Hazard befinden und dann sind ihre Tage bereits gezählt: "No one can scare me, I'm the Hero! Harhar." Gegner in einer hinteren Ebene können ebenfalls angegriffen werden. Per Schultertaste lässt sich nämlich die Waffe auch auf sie richten.

Matt Hazard: Blood Bath and Beyond
Abwechslungsreiche Level mit Gegner von allen Seiten.
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Leider fühlt sich die Steuerung insgesamt etwas schwammig an. Sprünge gelingen nicht immer, beim Zielen muss oft nachjustiert werden und sowieso sind es für so ein kleines Spielchen ganz schön viele Tasten, die man im Kopf haben muss. Ich kann jedenfalls Entwicklern nur empfehlen, sich den Einsatz von allen vier Schultertasten gut zu überlegen und zuvor vielleicht nach Alternativen zu suchen.

Nach ein paar Runden wird man jedoch auch damit warm und eilt vorausschauend durchs Level, setzt Granaten geschickt ein und es gelingt sogar, den meisten Schüssen der Gegners elegant durch Sprünge auszuweichen. Und obwohl es manchmal heiß hergeht bei Matt Hazard: Blood Bath and Beyond und die Grafik durchaus schnieke aussieht, scheint es spielerisch nicht an großartige Genre-Vertreter wie Metal Slug heranzureichen.

Aber wie schon beim großen Bruder hat Matt Hazard natürlich auch ganz andere Qualitäten zu bieten. Alle acht Level nehmen wieder die eine oder andere Geschichte ordentlich aufs Korn. Piraten, Western, Weltraum - die Themen sind wirklich vielfältig. Verweise auf Spiele wie Super Mario Bros., Bioshock und Okami, aber auch Filme gibt's zu Hauf. Und immer wird ein kleines Schmunzeln ins Gesicht gezaubert.

Mein persönlicher Favorit ist das Kanada-Level. Leider fehlt aus Kostengründen - wie sich das Spiel selbst parodiert - die Sprachausgabe. Doch auch das Lesen der Einführungsdialoge zwischen der Videospielfigur Matt Hazard und dem Entwickler offeriert eine Menge Humor. So erfährt Matt, dass er nun ein Level bestreiten muss, das von dem kanadischen Team entwickelt wurde. Die hatten keine Lust mehr immer nur Spiele zu portieren und wollten etwas eigenes kreieren.

Matt Hazard: Blood Bath and Beyond
Oh. Kanada.

Herausgekommen sei ein Spiel für den typischen Kanadier zwischen 18 und 24 Jahren - zumindest laut Marketingabteilung. Das Level erinnert stark an Mirrors Edge (das selbstverständlich nicht in Kanada, sondern in Schweden entwickelt wurde), mit dem Unterschied, dass hier ziemlich unbeholfen ein paar Mounties durchs Level eiern. Großartig schaut das aus. Am Ende wartet noch der Beweis, dass Nummer Fünf lebt und auch nicht so schnell damit aufhören will.

Jaja, die Endbosse im Spiel sind unfassbar schwer zu meistern und auf den ersten Blick wirkt es unmöglich, sie ohne eine Continue oder gar fehlerfrei zu meistern. Natürlich gibt es immer einen Weg, aber da muss man es wohl ordentlich drauf haben. Hilfreich ist sicher auch die Hazard-Time, die durch genug Abschüsse freigeschaltet wird. Damit ist coole Sau Matt Hazard für kurze Zeit unverwundbar und feuert drei Schüsse auf einmal ab.

Spaß kann wirklich jeder mit dem Titel haben, drei Schwierigkeitsgrade lassen keine Wünsche offen. Auf dem niedrigsten Grad gibt es unendlich viele Continues und es spielt sich relativ leicht. Der normale Level stellt für die meisten wahrscheinlich schon eine Herausforderung dar, aber wenn jeder Treffer tödlich ist und Gegner doppelt so schnell schießen, trauen sich auf schwer wahrscheinlich wirklich nur noch Profis ran.

Da die Spielzeit mit weniger als zwei Stunden recht kurz ist, wurde noch ein Koop-Modus integriert. Mit dem Sidekick Dexter Dare kommt tatsächlich doppelter Spaß auf, weil der kompetitive Gedanke voll zum Tragen kommt. Keiner ist schließlich gern ein Verlierer und so wirft man sich gemeinsam ins Getümmel. Fieses Extra: Falls man wirklich grandios oft scheitert, kann dem Kompagnon auch das eine oder andere Leben abgeluchst werden.

Matt Hazard: Blood Bath and Beyond
Zu zweit fällt manches leichter.

Leider gibt es dieses Zusammenspiel nur offline. Unabhängig davon, dass man natürlich dem Mitspieler gern persönlich ins Gesicht brüllt, dass er gerade genau den Flammenwerfer vor der Nase weggeschnappt hat, den man selbst haben wollte, ist die Onlinevariante immer ein netter Bonus, der eigentlich zum Standardprogramm hören sollte. Aber das einzige was sich hier mit dem Internet verbindet, sind die Bestenlisten.

Nichtsdestotrotz macht Matt Hazard: Blood Bath and Beyond ordentlich Laune. Auch ohne Sprachausgabe ist die Präsentation gelungen und der Humor spitze. Freunde fordernder Sidescroll-Shooter werden natürlich ihre ganz besondere Freude mit dem Titel haben, für alle aber bleibt die Frage, ob der leider sehr kurz geratene Spielspaß am Ende rund 13 Euro wert ist.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
klassische und fordernde Action, super Persiflage
-
sehr kurz, keine Sprachausgabe, kein Online-Koop
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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