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Darksiders

Darksiders

Stellen wir uns doch alle mal vor, wir hätten unsere eigene kleine Videospielklitsche. Warum auch nicht. Wir kennen unsere Lieblingsindustrie, dazu nicht wenige Games und haben die eine oder andere pfiffige Idee, was besser laufen könnte. Und kaum sind der Held und Geschichte konzipiert, schwups werden wir auch schon aufgekauft.

HQ

Vigil Games durchlief diese Entwicklung ganz ähnlich. Bereits seit mehr als vier Jahren arbeitet das Studio an Darksiders. Eine lange Zeit, die man sich wohl aber nehmen wollte und dank Unterstützung von Studiobesitzer THQ auch nehmen durfte. Das gab Comiczeichner Joe Madureira die Freiheit, seine Welt so zu gestalten, wie er sie sich ausgemalt hatte. Grundlage sind die Apokalyptischen Reiter, biblische Figuren. Sie sind Boten einer nahenden Apokalypse und streben nach Gleichgewicht zwischen den Reichen von Himmel, Hölle und dem der Menschen. Sie erscheinen allerdings erst, wenn sieben Siegel gebrochen werden. Erst dann heißt es quasi Neustart.

Krieg, einer der Reiter der Apokalypse taucht auf der Erdoberfläche auf. Der Reiter mit dem passenden Namen wurde gerufen und wandert - spielbar wohlgemerkt - über eine Welt im Untergang. Meteoriten schlagen überall auf der Erde ein, es herrscht Chaos und Verwüstung. Menschen versuchen in Panik den Wesen aus Hölle und Himmel zu entkommen, haben jedoch keine Chance gegen die beiden sich im Kampf befindlichen Wesen. Die Kraft von Krieg ist ebenfalls ungewöhnlich schwach und so fällt er im Kampf mit dem Dämonen Straga.

Einhundert Jahre später wacht Krieg auf und muss sich für sein Verhalten auf der Erde verantworten. Die sieben Siegel seien nicht gebrochen worden und er habe Unheil gestiftet. Das riecht nach Ärger, denkt sich Krieg und will nun die Schuldigen zur Rechenschaft ziehen. Selbstverständlich unter dem Deckmantel, für Recht und Ordnung zu sorgen. Glücklicherweise wird ihm sein Wunsch gewährt und er kehrt auf die menschenleere, verwüstete Erde zurück, um den Zerstörer in seine Schranken zu weisen.

Anfangs erinnert Darksiders noch ein wenig an Bayonetta, dass ebenfalls in diesen Tagen offiziell in die Läden kommt. Denn abgesehen vom ähnlichen Termin und dem Fakt, dass auch die hübsche Hexe im Zwist mit Himmel und Hölle ist, darf der apokalyptische Krieg mit seiner Schwertwaffe ebenfalls diverse Kombos vollführen. Im Verlauf wird allerdings schnell deutlich, dass sich hier keineswegs saftige Kampfszenarien anbahnen, sondern vielmehr ein waschechtes Action-Adventure mit deutlichen Parallelen zum Nintendo-Hit The Legend of Zelda.

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Riesige, ausgeklügelte Dungeons, in denen ein wichtiger Gegenstand, ein Zwischengegner und ein fetter Endboss warten - das kann auch Darksiders und zwar erstaunlich gut. Da stört es nicht, dass beispielsweise der Enterhaken hier eben Abgrundkette heißt, keine Herzteile sondern Schädelsplitter gesammelt werden und aus Epona der galoppierende Schrecken Ruin wurde. Dafür bietet das Spiel an jenen Stellen neue Spielelemente, wo Nintendos Held Link in seinem Universum gefangen bleibt. Dazu gehören neben dem ausgefeilterem Kombosystem unter anderem auch vier hilfreiche magische Zornkräfte und die Möglichkeit, diverse Waffen aufzubessern.

Zudem verwandelt sich Krieg bei aufgefüllter Wutanzeige für kurze Zeit in eine Chaosgestalt. Das brennende Wesen verfügt über eine ganz erstaunliche Stärke und hilft in so mancher brenzligen Situation aus der Patsche. Trotz drei Anzeigen für Energie, Zorn und Wut wirkt das Spiel nicht überfrachtet. Sämtliche Spielelemente werden nach und nach eingeführt und selbst die Tastenbelegung wurde halbwegs clever gelöst.

Weniger logisch ist das grundsätzliche Design der Dungeons. Während die vielen kleinen Rätsel noch verzücken, ist der relativ offen gehaltene Aufbau manchmal verwirrend. Natürlich ist es großartig, dass trotz in sich geschlossener Komplexe zumindest ein Gefühl für die große, freie Welt existiert. Abwechslungsreiche, riesige Gebiete eröffnen sich Krieg. Die Optik wirkt anfangs noch ein wenig zu bunt, aber schon bald steigt man hinter das stimmungsvolle Setting. Hier war ein Comiczeichner am Werk und das wird auch ohne Celshading-Look deutlich.

Bedauerlicherweise leidet unter den weitläufigen Landschaften und der angenehmen Weitsicht ein wenig die Übersicht. Und auch die Karte ist dann nicht immer hilfreich. Zu allem Überfluss nervt der zum Großteil unsichtbare Wächter. Der steht ab und zu mit Rat und Tat zu Seite, obwohl er eigentlich nur unser Treiben beobachten soll. Aber ausgerechnet dann, wenn man eigentlich keine Hilfe braucht, plappert er los. Das hat Miyamoto mit der Zelda-Fee Navi irgendwie geschickter hinbekommen.

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Ja, vielleicht ist es nicht gerecht, das Spiel mit Konkurrenten zu vergleichen, aber insbesondere der Vergleich zu The Legend of Zelda drängt sich förmlich auf. Und das macht es ja auch keinesfalls zu einem schlechten Spiel. Zum einen ist nicht jeder im Besitz einer Wii-Konsole und zum anderen glänzt Darksiders mit HD-Optik und Sprachausgabe. Beide Features enthält uns Nintendo ja bis heute vor. Selbst der Sound kann sich hören lassen. Hier war derselbe Komponist am Werk, der schon God of War vertonte. Auch der Charakter Krieg gefällt und sammelt im Verlauf des Spiels einige Sympathiepunkte. Ein stiller, kühler Held, der auch nach fünfzehn bis zwanzig Stunden Spielzeit spannend und geheimnisvoll bleibt.

Ein wenig schade ist es zwar schon, dass die Geschichte relativ dünn ist. Aber auch das nervte ja schon immer an der Zelda-Serie - episch ist anders. Selbst bei Bayonetta hatte man das Gefühl, am Ende mehr mitgenommen zu haben, wo der Fokus hier doch auf dem Gameplay liegt. Wo beim Hexen-Game sogar die kleinen Storybrocken unglaublich motivierend waren, beruht der Antrieb weiterzuspielen bei Darksiders vor allem auf den fünf riesigen, mehrteiligen Arealen, die durch Krieg beackert werden sollen.

Doch genau die schaffen es zu treiben. Es ist dieses großartige Gefühl, vor der letzten Tür zu stehen. Das Wissen, dass sich dahinter ein riesiger, massiver Endgegner befindet, der vermutlich am besten mit dem frisch erworbenen Gegenstand besiegbar ist. Und trotzdem beherrscht einen diese umgestimmte Furcht, nicht schnell genug hinter sein Geheimnis zu kommen. Dieser Moment, ein ganz klassicher Nintendo-Moment. Vigil Games hat ihn wunderbar eingefangen und für alle Sony- und Microsoft-Freunde konserviert.

Und darin besteht wahrscheinlich auch ihre größte Leistung. Trotz eher trägem Einstieg und einiger Längen beschert uns Darksiders ein fantastisches Action-Adventure, das kurzweilig unterhält. Zwar ist es wahrscheinlich, dass der Titel mit seinem Release Anfang Januar im Schatten von Bayonetta nicht die Beachtung bekommt, die er eigentlich verdient. Aber ein solider Grundstein für ein Franchise wurde trotzdem in jedem Fall gelegt.

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08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
fette Dungeons, abwechslungsreiches Abenteuer, cooler Held, interessante Szenerie, ungeschnitten
-
gelegentlich auftretende Orientierungslosigkeit, dünne Story
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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