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Viel Lärm um nichts

1. Wer ist Wolfgang Börnsen?
Wolfgang Börnsen (* 26. April 1942 in Flensburg) ist ein deutscher Politiker (CDU). Er ist seit 2005 Vorsitzender des Arbeitskreises Kultur und Medien der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Nach der Mittleren Reife machte Börnsen eine Lehre zum Maurer und besuchte die Höhere Handelsschule in Flensburg. Danach absolvierte er an der Pädagogischen Hochschule (PH) Kiel ein Studium für das Lehramt an Realschulen. Anschließend war er als Lehrer für Geschichte, Wirtschaft/Politik und Religion an der Käte-Lassen-Schule Flensburg tätig. Börnsen hatte außerdem Lehraufträge an der PH Kiel für Freizeitpädagogik und an der PH Flensburg für Spiel- und Theaterpädagogik.

Wolfgang Börnsen ist evangelisch, verheiratet und Vater von vier Kindern. - Quelle: Wikipedia

2. Sind sich Bernd Neumann und die Bundestagsfraktion der CDU/CSU einig?
Das zum Thema "Killerspiele", wie sie Titel mit einem Gewaltinhalt gerne nennen, Einigkeit zwischen den Damen und Herren besteht ist keine Neuigkeit. Neumann etwa hat sich bereits mehrmals kritisch gegenüber den "Killerspielen" geäußert. Auch die Meinung der Bundestagsfraktion der CDU/CSU ist hinreichend bekannt. Im Interview mit Gamereactor sagte Neumann, dass er sich im Rahmen des Computerspielpreises auch mal Spiele anschaut. Selbst spielt er aber nichts.

In der CDU gibt es allerdings auch kritische Stimmen. Einfluss auf die Meinung der Mehrheit der Fraktion haben die offenbar nicht.

3. Wo besteht der Zusammenhang zwischen "Die Würde des Menschen ist unantastbar" und "Crysis 2"?
Ich habe ihn leider nicht gefunden. Aber vermutlich ist es derselbe, den es zwischen dem 1. Artikel des Grundgesetzes und der Indiana Jones-Reihe, der Tatort-Serie, Inglourious Basterds - übrigens mit mehreren Millionen aus Deutschland gefördert - und dem Musikantenstadl gibt.

4. Ist die Jury unabhängig?
Abgesehen davon, dass man bei der Verleihung oft eher das Gefühl hat, dass es um die gleichmäßige Verteilung der Preisgelder geht, ist die Jury durchaus unabhängig. Ihr gehören Abgeordnete des Deutschen Bundestages, Vertreter der Medienwirkungsforschung und Medienpädagogik, des Jugendmedienschutzes, der Computerspielbranche, Gamer-Community sowie der Fachpresse an.

Aktuell sind es 31 Personen, fünf davon aus der Politik (2x CDU, 2x SPD, 1x FDP), zehn beschäftigen sich mit Pädagogik und ähnlichem, neun sind Fachpresse und sieben verfolgen eher wirtschaftliche Interessen. Die Hälfte der Jury wird vom Kulturstaatsministerium bestimmt, die andere Hälfte von den Branchenverbänden GAME (Bundesverband der Computerspielindustrie) und BIU (Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware). Die fünf Personen aus der Politik werden vom Bundestag bestimmt und gehören zum Kontingent des Kulturstaatsministers.

Die Hälfte der Jury, die von Börnsen ausgetauscht werden soll, ist also von der CDU eingesetzt. Bernd Neumann mit seinem Kulturstaatsministerium sind nämlich der CDU angehörig. Clever!

5. Wer kann für den Computerspielpreis nominiert werden und wer gewinnen?
Das Spiel muss in Deutschland produziert worden sein, aber es geht dabei nicht nach kommerziellem Erfolg, sondern in erster Linie nach inhaltlichen Kriterien. Der für das Medium zentrale Aspekt der technischen Qualität sollte ebenfalls eine, wenn auch nur sekundäre, Rolle spielen. Die Preisgelder sollten am Ende an die Entwickler mit der Maßgabe vergeben werden, sie für die Entwicklung weiterer qualitativ und pädagogisch wertvoller Spiele zu verwenden.

6. Ist Crysis 2 pädagogisch wertvoll?
Wahrscheinlich ist Crysis 2 weder pädagogisch wertvoll, noch ist es besonders innovativ. Aber es ist eines der technisch herausragendsten Spiele des letzten Jahres und es kommt aus Deutschland. Es deswegen zu nominieren ist richtig. In der Kategorie sind außerdem Anno 2070 und Harveys Neue Augen nominiert. Auch wenn der Preis erst heute Abend vergeben wird, ich gehe nicht davon aus, dass er nach Frankfurt geht, sondern vermutlich eher nach Düsseldorf...

Die Aufreger-Pressmeldung im Original
25.04.2012 | Wolfgang Börnsen
Killerspiele sind nicht preiswürdig
Grundlegende Neukonzeption wird gefordert

Morgen findet die Verleihung des Computerspielpreises statt. In der Kategorie "Bestes Deutsches Spiel" ist mit dem Spiel "Crysis 2" ein sogenannter Ego-Shooter oder Killerspiel nominiert. Dazu erklärt der kultur- und medienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Wolfgang Börnsen (Bönstrup):

"Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion distanziert sich von der Entscheidung der unabhängigen Jury, in der Kategorie "Bestes Deutsches Spiel" ein so genanntes Killerspiel zu nominieren. Wir halten diese Nominierung für unvertretbar.

Grundlage für die Vergabe des Computerspielpreises ist nach wie vor ein Mehrheitsbeschluss des Deutschen Bundestages von 2007. Darin heißt es aber: "Wir fordern die Bundesregierung auf, zeitnah einen Preis für qualitativ hochwertige sowie kulturell und pädagogisch wertvolle Computerspiele zu initiieren. Die einzusetzende unabhängige Jury sollte aus Computerspielen auswählen, die in Deutschland produziert wurden, sich dabei jedoch nicht nach deren kommerziellem Erfolg, sondern in erster Linie nach inhaltlichen Kriterien richten. Der für das Medium zentrale Aspekt der technischen Qualität sollte ebenfalls eine, wenn auch nur sekundäre, Rolle spielen."

Die jetzige Reduzierung auf den rein technisch-innovativen Aspekt als Kriterium widerspricht diesem Parlamentsbeschluss. Die Jury hat sich nicht an diese eindeutige Vorgabe gehalten. Der kulturell-pädagogische Gesichtspunkt, der dem Grundsatz in Art. 1 des Grundgesetzes "Die Würde des Menschen ist unantastbar" entspricht, wird ignoriert.

Wir fordern daher eine grundlegende Neukonzeption, eine deutliche Rückbesinnung auf den kulturell-pädagogischen Wert eines Computerspiels. Darin sind wir uns mit Kulturstaatsminister Bernd Neumann einig. So genannte Killerspiele dürfen nicht honoriert werden, auch wenn sie technisch noch so ausgereift sind.

Wir tolerieren nach unserem Freiheits- und Demokratieverständnis durchaus jeden Erwachsenen, der diese Art von Spielen in der Freizeit spielt. Sofern es aber um eine Auszeichnung und auch Würdigung eines Computerspieles, auch mit öffentlichen Mitteln geht, beziehen wir Position gegen derartige Spiele.

Auch unter dem Aspekt des Jugendschutzes wird es vielen Eltern jetzt noch schwerer gemacht, für alternative, sinnvolle Spiele zu werben.

In letzter Konsequenz stehen wir daher auch einer Neubesetzung der Jury offen gegenüber."

Viel Lärm um nichts

Überraschung: Dieser Mann ist in der CDU und er ist gegen Killerspiele!

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