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Divinity: Original Sin

Divinity: Original Sin

Rollenspiele der alten Schule sind nie aus der Mode gekommen. Das neue Werk der Larian Studios lockt mit Koop und jeder Menge Freiheit.

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Wer an Belgien denkt, der hat vielleicht Schokolade, Pommes und beleuchtete Autobahnen im Kopf, aber nicht unbedingt Games. Die Larian Studios allerdings gibt es schon seit über 15 Jahren und sie sind so etwas wie der Leuchtturm für die Spieleindustrie im kleinen Nachbarland. Vor gut zehn Jahren legten sie mit Divine Divinity den Grundstein für ihre bekannte Action-Rollenspiel-Reihe. Die Mischung aus Diablo und Baldur's Gate überraschte, auch wenn die Qualität der verschiedenen Vorbilder nicht erreicht wurde. Mit Divinity: Original Sin liefern sie nun den dritten Teil ab und erzählen eine Vorgeschichte zur bisherigen Handlung. Dafür wechselte das Team wieder in die isometrische Perspektive, serviert uns aber auch einen Koop-Modus.

Zehn Stunden habe ich Divinity: Original Sin gespielt. Zehn Stunden, in denen ich jedoch eigentlich nur an der Oberfläche gekratzt habe. Tatsächlich reicht ein erster Blick auf ein paar Bilder oder ein Video, um sich in etwa vorzustellen, was das Rollenspiel bietet. Allerdings habe ich kurioserweise noch immer nicht das Gefühl, alles gesehen zu haben, was das Spiel in etwa zu bieten hat. Die Larian Studios geben uns unglaublich viel Freiheit und das meiste im Spiel entdecken wir eher zufällig. Wir werden nicht für alles an die Hand genommen. Manchmal haben wir auch das Gefühl, das Spiel ein bisschen auszutricksen. Aber die Wahrheit ist, dass Divinity: Original Sin fast alles davon schon berücksichtigt. Freiheit ist ein ganz wesentlicher Grundsatz - viel mehr noch als bei anderen Genre-Vertretern.

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Trotz des Wechsels in die isometrische Perspektive sieht das Rollenspiel recht hübsch aus.
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Wir können zum Beispiel viele Gegenstände wie etwa Kisten per Telekinese verschieben. Manchmal ist das nötig, um an etwas heranzukommen, aber natürlich lässt sich das auch taktisch einsetzen. Außerdem finden wir die ganze Zeit verschiedene Gegenstände, mit denen wir nicht direkt etwas anfangen können. Also wird eben ein bisschen rumprobiert. Ein Kürbis? Dann nehmen wir doch noch ein Messer zur Hand und schnitzen ein hübsches Gesicht hinein. Und auf dem Kopf sieht das nicht nur schaurig schön aus, sondern die Kopfbedeckung besitzt sogar ein paar nette Zusatzeigenschaften. Es lassen sich aber nicht nur Rüstungsgegenstände erzeugen oder Nahrungsmittel zu Essen verarbeiten. Wir können später beispielsweise auch Sprüche selbst schreiben und duplizieren, wenn wir die richtigen Sachen dafür parat haben.

Dieses Prinzip soll sich durch das ganze Spiel ziehen. Hilfen gibt es natürlich auch immer mal wieder, aber die meisten dafür nötigen Rezepte müssen wir selbst finden. Und weil dies im Inventar ganz einfach per Drag & Drop funktioniert, ist es so simpel. Das Team hat auch darüber nachgedacht, eine Art Werkbank zu integrieren. Aber am Ende haben die Stimmen gesiegt, die es einfach halten und das Erkunden im Spiel mehr dem Zufall überlassen wollen. Durch Probieren finden sich Lösungen, aber nicht deswegen, weil wir gelenkt werden. Es ist der Charme der klassischen Rollenspiele, der hier zum Ausdruck kommt.

Die Offenheit zeigt sich aber auch bei den Aufgaben. Am Hafen brennt ein Schiff. Kurz zuvor haben wir eine Schriftrolle gefunden, mit der wir Regen erzeugen. Wenden wir sie auf das Schiff an, wird es gelöscht. Tun wir das nicht, brennt es einfach munter weiter. Im Kampf können wir versuchen, bestimmte Tiere mit Fleisch anzulocken und sie so abzulenken oder auf andere Gegner zu locken. Wir können Türen aufbrechen, wenn wir in entsprechenden Fähigkeiten geschickt genug sind, können aus Häusern Dinge entwenden. Werden wir aber erwischt, nehmen uns das die Bewohner eventuell krum. Schleichen wir, sind wir vielleicht erfolgreicher. Möglicherweise ist aber ein anderer Weg viel effektiver.

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Die Kämpfe sind rundenbasierend und bietet verschiedene taktische Elemente.
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Anfangs bin ich das nicht sehr clever angegangen. Irgendwann reichte es einem Bewohner und ich habe dann auf seinen Hinweis auch noch eine patzige Antwort hinterhergejagt. Daraufhin folgte ein Angriff, aus dem man hätte flüchten können, aber ich habe ihn stattdessen besiegt. Die Folge: Man hat as ganze Dorf als neuen Feind. Divinity: Original Sin würde auch funktionieren, wenn wir nun alle Bewohner ausschalten. Dann natürlich entgeht uns eine Menge, aber es ist unsere Entscheidung. Diese Freiheit macht unglaublich viel Spaß, auch wenn ich dann doch lieber einen früheren Spielstand geladen habe, um das Gemetzel ungeschehen zu machen.

Beispielhaft ist auch die Aufklärung eines mysteriösen Mordes. Dabei können so viele Dinge zu Tage treten und es gibt ganz unterschiedliche Ansätze zum Ergebnis zu kommen. Manche der Wege werden wir vielleicht nicht finden, aber das spielt im Grunde auch keine Rolle. Man wählt etwas passendes. Das sorgt für eine sehr befriedigende Erfahrung und es bleibt zu hoffen, dass es wirklich immer ausreichend Möglichkeiten gibt, ein Problem anzugehen. In der Alpha-Version gab es lediglich kleinere Probleme mit der Bezeichnung wichtiger Gegenstände, die nicht immer als solche zu erkennen waren. Das wird jedoch hoffentlich behoben.

Dass sich die Larian Studios für eine isometrische Perspektive entschieden haben, mag die Freunde moderner Rollenspiele in einer echten 3D-Welt etwas vergrätzen. Allerdings sieht Divinity: Original Sin trotzdem großartig aus. Außerdem passt die Optik nicht nur zur Entscheidung, eine Vorgeschichte zu erzählen, sondern ist gerade für die rundenbasierenden, strategischen Kämpfe die übersichtlichste Lösung. Ein bisschen mehr Freiheit bei der Wahl der Kamera wäre zwar wünschenswert, aber wiederum an anderen Stellen spielen die Entwickler auch damit und verstecken manches im toten Winkel. Finden wir solche Geheimnisse, sind wir natürlich stolz wie Bolle - so macht Belohnung Spaß.

Divinity: Original Sin
Der Koop-Modus zwingt uns nicht aneinander zu kleben - wir können unabhängig die Welt erkunden.

Wie bereits anfangs beschrieben, ist die Besonderheit des Spiels der Koop-Modus. Auch der trägt übrigens die Handschrift der Freiheit. Innerhalb der sehr großen Karten können sich Spieler frei bewegen, auch solo kämpfen, Aufgaben erfüllen und mit Charakteren sprechen. Man ist nicht aneinander gebunden, so macht das Entdecken mehr Spaß. Und mit Hilfe eines speziellen Gegenstandes, der sich ziemlich zu Beginn finden lässt, beamen wir uns mit einem Klick zu unserem Mitstreiter. Sollte unsere Begleitung also plötzlich in einen Kampf verwickelt werden oder etwas interessantes gefunden haben, sind wir schnell da, um zu helfen.

Es gab so viele absurde Situationen, wenn ich etwa als Zauberer einen Feuerball losgeschickt habe. Der trifft immer auch das unmittelbare Umfeld, in dem sich leider meist auch mein Partner befand. "Es tut mir wirklich schrecklich leid, aber ich muss dich jetzt anzünden", kündigte ich meine grausige Tat an. Mit dem Eiszauber fror ich eine Pfütze zu, auf der er dann immer ausgerutscht ist. Umgekehrt trafen mich manchmal die Pfeile, mit denen er als Ranger sehr effektiv die Gegnerzahl dezimierte. Gemeinsam dieses Abenteuer zu erleben, ohne ständig aneinander gebunden zu sein, es machte die Reise sehr entspannt. Und sich aber auch wirklich helfen zu können, gemeinsam ausgefallene Lösungen für Probleme zu finden, das macht Divinity: Original Sin ein Stück weit einzigartig.

Außerdem gibt es eine Art Rückzugsort, an dem wir Söldner sammeln und Gegenstände tauschen können. Hier bekommen wir irgendwann auch die speziellen Schriftrollen und es gibt ein Buch mit langfristigen Folgen unser Taten. Ein bisschen so wie die Unendliche Geschichte, die immer fortgeschrieben und durch Taten beeinflusst wird. Lesen wir darin, erfahren wir, was aus den einzelnen Charakteren geworden ist, die wir hinter uns gelassen haben. Aber das ist einer der Orte, die ich in den zehn Stunden gar nicht genutzt haben. Eben nur an der Oberfläche gekratzt und da kam etwas zum Vorschein, das funkelte.

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Gegenstände lassen sich miteinander kombinieren und wir dadurch Waffen, Rüstungen und anderes erschaffen.

Obendrauf liefern die Larian Studios einen Leveleditor mit Divinity: Original Sin aus - jenen Editor, mit dem auch sie selbst alle Level bauen. Es ist ein mächtiges Werkzeug und relativ kompliziert. Die Funktionen sind nicht so einfach wie in Little Big Planet, aber trotzdem so benutzerfreundlich, dass jeder etwas eigenes Erschaffen kann. Und es lässt sich tatsächlich alles anpassen, so das dadurch auch ein Weltraum-Abenteuer gebastelt werden kann, wenn die entsprechenden Assets gebastelt und eingepflegt werden. Und das Beste daran ist, dass es sich immer noch um ein Spiel mit Koop-Modus handelt. Obwohl es einige Vertreter mit Editor gibt, für diese Variante halten die Larian Studios einen Trumpf in der Hand.

Das Rollenspiel ist tatsächlich ziemlich vielversprechend. Es bietet viel Freiheit und zu zweit bietet es sehr spaßige Unterhaltung. Erscheinen soll Divinity: Original Sin eigentlich im Februar, aber die von uns gespielte Alpha-Version hatte noch relative viele Fehler und zudem scheinen die Larian Studios auch noch nicht ganz fertig mit der Entwicklung des eigentlichen Spiels zu sein. Die Karte etwa fehlte in unserer Fassung noch und manche Quests müssen dringend überarbeitet werden, damit sie auch ohne Frust gelöst werden können. Die meisten Fehler aber kennen sie immerhin schon und arbeiten bereits daran, sie zu beheben. Gut möglich aber, dass sich der Titel noch einmal ein bisschen nach hinten verschiebt. Schlimm wäre das aber auch nicht, denn es lohnt sich durchaus, auf das Spiel zu warten.

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