Zugegeben, für merkwürdige Helden scheint Jan Müller-Michaelis ein Händchen zu haben. Edna, Harvey und Lilli gehören zu den bekanntesten Schöpfungen und sie sind alle wahnsinnig. Warum sollte Rufus da jetzt auch eine Ausnahme machen? Er ist arrogant, eingebildet, selbstverliebt und ein echter Versager. Es ist kaum zu glauben, wie das zusammen passt, aber die Eleganz mit der Rufus' übersteigertes Ego immer wieder eines vor den Latz bekommt, ohne dabei nur einen Kratzer abzubekommen, ist erstaunlich.
Das Leben von Rufus besteht nur aus einem Zweck. Er will Deponia verlassen und in das hübsche Elisium aufsteigen, von dem er gehört hat. Es soll nämlich im Orbit eine andere Welt geben, in die sich die Oberschicht angeblich abgesetzt hat. Doch abgesehen von der Distanz gibt es dazwischen auch noch ein paar Wächter, die für Ordnung sorgen. Die Organon sind eine Kaste aus Beamten, die mich unfreiwillig an die Vogonen aus dem Roman Per Anhalter durch die Galaxis erinnerten. Zwar sind die Organon menschlich, aber ansonsten mindestens genauso verbohrt und merkwürdig. Und auch sie fliegen mit großen kantigen Festungen herum - und im Grunde wird auch Rufus im Verlauf des Spiels zu einer Art Anhalter.
Zunächst aber bastelt er an seinem Plan, endgültig diese Welt zu verlassen und suchen in seiner Wohnung die nötigen Gegenstände dafür zusammen. Wobei "seine Wohnung" eigentlich gar nicht richtig ist. Rufus lebt bei seiner Freundin oder besser gesagt, bei seiner Ex-Freundin. Die hat bei der Trennung den fatalen Fehler begangen, ihn da wohnen zu lassen, statt ihn rauszuwerfen. Inzwischen hat sie zwar ein dickes Fell für die Fehlbarkeit ihres Ex-Freundes bekommen und steht seine Eskapaden ziemlich entspannt und lässig durch, aber los werden, will sie ihn natürlich trotzdem.
Rufus könnte aber bei all dem Schlamassel, den er sich bei seinem neuesten Fluchtplan einhandelt, trotzdem Geschichte schreiben. Und falls das klappt, ist es ist wohl der pure Zufall, der sich dafür verantwortlich zeigt. Er stößt nämlich auf eine junge Bewohnerin von Elisium, die der Schlüssel für einen ganz neuen Anfang ist. Witzigerweise trägt sie ausgerechnet den Namen Goal - wenn das kein Zeichen ist. Doch bis dahin bleibt es auf jeden Fall ein weiter Weg und wie es sich für ein typisches Adventure gehört, gibt es jede Menge Rätsel zu lösen.
Wobei typisch nicht einmal der richtige Ausdruck ist. In den drei Jahren, die Daedalic jetzt Spiele veröffentlicht, ist ihr Anspruch zu spüren, den Genre voranzubringen. Zunächst war es nur über die Qualität der Titel, doch gerade bei Deponia will man noch weiter dazu übergehen, nicht die Rätsel als Notwendigkeit zu erachten, die hin und wieder auftauchen müssen, sondern diese mit der Geschichte zu verbinden. Der Wunsch, den Fokus auf die Geschichte zu legen und das spielerisch glaubwürdig umzusetzen, er könnte Deponia tatsächlich zum Besten Adventure des Entwicklers machen.
Zumindest in Sachen Humor braucht man sich keine Sorgen zu machen und die Charaktere scheinen ebenfalls wieder unvergesslich zu sein. Dazu dürfen wir uns auf die Präsentation freuen, denn es ist ein kleines Meisterwerk gelungen. Der Stil von Harveys neue Augen war schon zauberhaft, aber Deponia ist bei bester HD-Grafik trotz der gleichen Machart viel detaillierter und es gibt dazu noch hübsche Zwischensequenzen. Und das Beste ist, wir müssen nur noch bis Mitte Januar auf dieses Spiel warten.