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The Secret World

The Secret World

Am 11. September 2001 sackten in New York in Folge der Anschläge auf das World Trade Center beide Türme in sich zusammen. Es gab fast 2.800 Tote, aber mit diesem Tag entstanden auch sicher noch einmal genauso viele Spekulationen und Gerüchte darüber, wie es zu dieser Katastrophe kommen konnte. Ein Jahr später entstand dann die Idee zu einem Spiel, das jegliche Mythen und Verschwörungen der Geschichte nicht mehr hinterfragt. Alles ist wahr - Cabal war geboren. Oder wie es inzwischen heißt: The Secret World.

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Auf vier Säulen beruht der Titel und die stehen inzwischen seit fast zehn Jahren. Der eine Teil betrifft den Krieg im Geheimen. Alles ist wahr, es gibt Werwölfe, Vampire, Zombies und Dämonen. Es gibt diese abgefahrenen Orte, wie Stonehenge oder Atlantis. Alles das wurde nur vertuscht und geheimgehalten, aber das Böse sucht sich seinen Weg und es gibt Organisationen, die bekämpfen es, ohne das der Rest der Welt davon etwas mitbekommt. Im Fall von The Secret World sind das die Illuminaten, die Funcom als umtriebige Gruppierung beschreibt. Hart feiern und hart arbeiten ist ihr Credo und der Sitz der Gesellschaft ist in New York. Weiterhin gibt es die Drachen, eine Gruppierung, die sich dem Chaos verschrieben hat, weil sie nur damit glauben, Ordnung herstellen zu können. Sie sind in Seoul beheimatet und ein wenig erinnert ihre Philosophie an jene hinter Yin und Yan. Als dritte Kraft treten die Templer in Erscheinung. Diese Geheimorganisation stammt aus London, halten sich für auserwählt und sind echte Traditionalisten.

Eine zweite Säule steht für die grundsätzliche Spielmechanik der starken Weiterentwicklung. Funcom wollten kein Spiel, in dem wir unseren Charakter hochleveln und damit einfach stärker machen. The Secret World soll ohne eine bloße Zahl auskommen, sondern unser Charakter entwickelt sich hauptsächlich über die Fähigkeiten, die er mit gesammelter Erfahrung freischalten kann und es lassen sich bessere Gegenstände finden. Letztere sind allerdings keine optisch wirklich sichtbaren, sondern nur Dinge, die unsere Seelenpunkte am Körper verstärken und darüber dieselbe Funktion erfüllen. Die Skills wiederum sind ziemlich umfangreich. Über 500 davon sind zum Start von The Secret World geplant und es gibt unglaubliche viele Kombinationen aus Angriffen, die diese verstärken. Aktiviert haben können wir aber nur sieben Skills mit aktiven Eigenschaften und sieben mit passiven. Diese Skills können wir auch tauschen, womit es zwar theoretisch ein Klassensystem gibt, dass auf Fernkämpfer, Nahkämpfer, Magier und Heiler basiert, dieses aber sehr flexibel ist.

The Secret World
Das Spiel ist in der heutigen Zeit angesiedelt und soll authentisch wirken - so wie der kleine englische Ort Kingsmouth.

Eine weitere Säule steht für die starke Geschichte. The Secret World ist ein großes Puzzle, dass wir mit jeder erfüllten Mission ein wenig mehr durchschauen sollen. Ragnar Tørnquist, der sich auch für das Adventure Dreamfall: The Longest Journey verantwortlich zeigte, hat die ganzen Hintergründe im Kopf. Vielleicht ist es auf sein Philosophie-Studium zurückzuführen, dass er sich einem solchen Stoff zugewandt hat. In jedem Fall aber ist es ein mutiger Schritt. Alles is wahr - dieses Konzept hält alles zusammen und die recht lineare Geschichte dazu wurde in einem Massively Multiplayer Online Rollenspiel verpackt. Rund 150 Spielstunden soll uns die Haupthandlung beschäftigen und jeder Ort, jeder Charakter - alles wurde für die Handlung geschaffen und nicht umgekehrt.

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Nach und nach erhalten wir kleine Ausschnitte von der Geschichte, um langsam hinter das große Ganze zu kommen. Wir lesen etwas über Vampire, unterhalten uns mit Menschen im Spiel und bekommen weitere Informationen, wenn wir ihnen leibhaftig begegnen. Es ist kleine Bröckchen, die wir sammeln und uns helfen das Bild zu vervollständigen. Dazu kommt die vierte und letzte Säule, auf welche das Spiel baut, die Festlegung, dass alles in einer modernen Welt spielt. The Secret World könnte wirklich in der heutigen Zeit spielen, alles könnte genauso sein und es gibt Referenzen Referenzen zur Popkultur und urbane Legenden. Daher ist auch die Grafik kein unwesentlicher Faktor, aber auch die Schauplätze sollen möglich originalgetreu und authentisch sein, selbst wenn hier und da ein bisschen abgewandelt wurde.

Es mutet wie ein Mammutprojekt an, was sich der kleine Entwickler sich da zugemutet hat. Die moderne Welt mit etwas eher Fantastischem zu verbinden, haben natürlich schon andere probiert. Zwischen Wikinger-Waffen, Maschinengewehren gibt es eben bei The Secret World beispielsweise auch Voodoo-Puppen. Aber es zu schaffen, dass alles zusammenpasst, sich echt anfühlt und dass die Handlung gut erzählt wird und das Spiel als solches auch noch Spaß macht, das ist eine echte Herausforderung. Das Grundkonstrukt dafür ist aber ziemlich solide. Es gibt drei Arten von Missionen, von denen jeweils immer nur eine aktiv mitgeführt werden kann. Damit soll verhindert werden, dass man einfach nur Missionen einsammelt, um sie dann abzuarbeiten.

The Secret World
Alles ist wahr - mit diesem Konzept wollen uns Funcom für das MMO mit monatlichen Gebühren gewinnen.

Durch die angesprochenen Fähigkeiten und die Möglichkeit sie miteinander im Kampf zu kombinieren sollen wir möglichst viel ausprobieren und experimentieren. Wir erstarren einen Gegner etwa erst erst, sammeln dann schnell mit einfachen Angriffen ein paar Waffenpunkte und verletzten ihn dann richtig mit einem relativ starken Angriff, der aber ohne das Erstarren kaum Wirkung gezeigt hätte. Auch wenn unser Charakter nicht auf eine neue Stufe aufsteigt, werden wir durch dieses Sammeln an Wissen und Erfahrung besser. Gegner die vorher schwer erschienen, stellen mit ein bisschen Training kein Hindernis mehr dar. Es scheint ein neuer und beliebter Ansatz zu sein, denn schon Demon's Souls schenkt dem Level nur wenig Aufmerksamkeit, sondern wollte unsere Fertigkeiten als Spieler steigern. The Elder Scrolls V: Skyrim setzt ebenfalls darauf. Es kann also funktionieren.

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Fast sieben Stunden habe ich The Secret World angespielt. Schon der Einstieg war unglaublich stark. In einer zum großen Teil aus festgelegten Sequenzen bestehenden Einleitung, wird mir die Hintergrund-Geschichte näher gebracht und mein Platz in der Welt definiert - wenn auch nur lückenhaft. Der Einstieg schafft es dennoch, eine gewisse Bindung zu meiner Fraktion zu erzeugen und mir deutlich zu machen, warum die Entscheidung, mich dem Krieg im Untergrund anzuschließen, die richtige ist. "Wir Templer sind schon eine Weile am Start, vielleicht hast du von uns gehört. Wir haben nichts mit dem Tempelrittern zu tun. Deren Zeit endete im 13. Jahrhundert. Wir sind eine moderne Organisation aus dem 21. Jahrhundert", heißt es da zum Beispiel. Und natürlich sollte mich der Anfang mitreißen, schließlich kann ich mich nur für eine Fraktion und damit für eine Philosophie mit ihren exklusiven ihr vorbehaltenen Inhalten entscheiden. So verlockend es scheint, zwischendrin zu wechseln, mein Charakter wird für immer an meine gewählte Fraktion gebunden bleiben.

Die Welt selbst besteht aus verschiedenen Orten, die wir bereisen. Als Templer beginnen wir in Kingsmouth, einer Kleinstadt in New England. Hier sind Zombies eingefallen und wir sollen der Sache auf den Grund gehen. Auf den Straßen liegen vereinzelt Leichen, an manchen hocken ein paar von den Zombies und laben sich am toten Fleisch. Anderswo drehen die Verrückten mit Karacho einfach nur ihre Runden und entdecken sie uns, ändern sie auch ganz schnell mal ihren Kurs. Und mitten im düsteren und verregneten Kingsmouth ist die verbarrikadierte Polizeidienststelle. Hier kommen wir an Missionen von nichtspielbaren Charakteren. Die Dialoge sind ziemlich gut inszeniert, verfügen nicht nur über eine Sprachausgabe, sondern sind inhaltlich auch interessant. Der zuständigen Leiterin der Polizei nehmen wir ihr Engagement ab, sich gegen die Brut zu verteidigen, die da ständig von außen angreift. Aber auch nur, weil wir ihre Verzweiflung und ihre Resignation trotzdem in ihren Augen können, die sich versucht mit Pragmatismus zu überspielen.

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Inspiration gibt es aus vielen verschiedenen Quellen, so wie auch bei diesem wirklich kniffligen Bossgegner.

Innerhalb der Organisation steigen wir nach und nach auf, erhalten Zugang zu weiteren Kräften und werden in weitere Geheimnisse eingeweiht. Diesen Pfad aber gehen wir eher allein. Zwar sehen wir andere Spieler auf der Karte und die können uns auch unterstützen, aber eigentlich macht jeder sein Ding. Für die Mehrspieler-Erfahrung gibt es spezielle Missionen, bei der wir auf richtig harte Boss-Gegner treffen. Die See-Ungeheuer in der vom Bermuda-Dreieck inspirierten Instanz waren ziemlich harte Brocken. Einerseits muss man zunächst den Gegner und seine Schwachstellen durchschauen und selbst dann bleibt es schwer.

Daneben gibt es Schlachtfelder. Dabei handelt es sich um große, persistente Kriegszonen, in denen mehr als hundert Spieler unterwegs sind. Die lassen sich auch erobern und verteidigen. Außerdem gibt es Gebiete in denen wir gegen andere Spieler antreten. Hier sind Spieltypen enthalten, die beispielsweise King of the Hill oder Domination ähneln. Gerade an der Stelle wird deutlich, wie praktisch es ist, dass es eben keine Level im eigentlichen Sinne gibt.

Das Schöne ist, dass Funcom sich zwar auf viele Mythen bezieht, aber sich am Ende die Freiheit lässt, ihre eigene persönliche Wahrheit als die richtige zu präsentieren. Die Monster sind inspiriert von vielen Wesen aus der Geschichte, aber kann sein, dass sie Eigenheiten aufweisen, die uns so nicht bekannt waren. Trotzdem wird jemand mit paranoiden Wahnvorstellungen seine Freude mit The Secret World haben und ich bin mir sicher, dass es die wichtigste Anlaufstelle für Verschwörungstheoretiker aus aller Welt wird. Hier wo alles wahr ist und keine Zweifel mehr bleiben, weil es logisch eingebettet und begründet ist, da fange auch ich an zu glauben.

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