Nach fünf Minuten Spielzeit kriegt man das Grinsen schon nicht mehr aus dem Gesicht. Ich bin Gangster und Super-Spion auf einmal. Ich werde die Welt vor einem Verrückten retten. Warum ich diese Aufgabe habe: keine Ahnung. Es spielt sowieso keine Rolle. Ich finde den Irren, werfe ihn zu Boden. Das Spiel fordert mich auf, eine vorgegebene Tastenkombination einzuhämmern. Quicktime-Events, Baby. Viele davon.
Majestätische Drums rumpeln eine Melodie, die verdächtig an den Titelsong der Battlefield-Serie erinnert. Es ist billig, aber es funktioniert. Schamloses Abkupfern könnte man das nennen, bei modernen Games wie Call of Duty, Battlefield und sogar Mass Effect. Ein wenig später muss ich wie verrückt eine einzelne Taste drücken, um eine Zeitung vom Boden vor mir aufzuheben. Es ist wirklich schwierig, das alles nicht zu mögen.
Wie auch immer, ich bin jetzt Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Das Weiße Haus wird mit Gewehren, lilafarbenen Tapeten und Stripperinnen garniert. Ich halte gerade eine Rede an die Nation, als Aliens angreifen. Im Garten steht zum Glück amtliche Luftabwehr, aber sie reicht nicht, um die Invasion zu stoppen. Saints Row: The Third soll übertrieben gewesen sein?! Das ist echt nur Babynahrung, verglichen mit diesem Game hier. Die gute Sprachausgabe und der Humor, sie halten einen bei Laune.
Nach einem Twist der Geschichte, den ich hier nicht erzähle, finde ich mich in Steelport wieder. Ja, das ist die gleiche Stadt wie im letzten Teil. In der Tat exakt die gleiche Stadt wie im Vorgänger. Sie wird gerade von Aliens überfallen, aber darüber hinaus scheinen die Entwickler nichts geändert zu haben. Ein bisschen faul für eine Fortsetzung. Es ist übrigens auch nicht viel hübscher als beim letzten Mal, aber die von uns gespielte PC-Version läuft besser als beim Vorgänger. Lichteffekte und Reflexionen sind pompöser, aber im großen und ganzen ähnelt alles doch sehr Saints Row: The Third.
Es macht natürlich trotzdem reichlich Spaß zu spielen - und das ist das Wichtigste. Die neuen Superkräfte lassen den alten Gangster locker neue Höhen erreichen. Buchstäblich. Wir können Dutzende von Metern in die Luft springen, schneller als Autos laufen und von Dach zu Dach fliegen. Wieder gut geklaut bei Infamous und Prototype, aber es funktioniert toll und passt hervorragend ins Saints Row-Universum.
Die Stadt mag identisch sein, aber man kann sie zumindest auf einem ganz neuen Weg erleben. Das Spiel hat zudem seine Einzigartigkeit bewahrt, sowohl in Bezug auf Musik, Menüs, Nebenmissionen und den allgemein ziemlich frivolen Ton. Es ist ein Sandbox-Spiel mit ihren schamlosen Identität, die man entweder mag oder auch nicht. Das einzige Problem ist, dass diejenigen, die den Vorgänger gekauft haben, ein echtes Steelport-Déjà-vu haben.
Letztlich hat Saints Row IV wie eine Münze nur zwei Seiten, die jeweils für sich sprechen. Es sind immerhin zwei gleichermaßen glänzende Seiten. Wenn es im gleichen Stil weitergeht wie in den ersten paar Stunden, dürfen wir ein hervorragend orchestriertes Spiel erwarten, das Spaß macht und eine herrlich sarkastische Geschichte abliefert. Wer das sucht, wird nicht enttäuscht. Wer was Neues sucht, wird dagegen vermutlich etwas enttäuscht sein.
Wir haben nur die ersten paar Stunden des Spiels ausgecheckt und es ist nicht undenkbar, dass die Entwickler noch ein irres Ass im Ärmel haben. Vielleicht werden wir neue Bereiche außerhalb Steelport erkunden können? Vielleicht gar das Weltall? Die Geschichte, offensichtlich von einem sehr bekannten Film geborgt, lässt jedenfalls vermuten, dass so etwas passiert. Es würde das Spiel deutlich verbessern, zumal der Fokus auf Sex zum Glück etwas (nur leicht) zu Gunsten von echter Satire abgeschwächt wurde.