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Prey

Prey

Wir haben die ersten rund eineinhalb Stunden von Prey gespielt und einen ersten Ausflug auf die Raumstation Talos I gewagt.

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Endlich kann man Zeug in einem Videospiel sammeln und all den Schrott dem virtuellen Recycling zukommen lassen! Das denke ich mir so, während ich in der Rolle von Morgan Yu (wahlweise männlich oder weiblich, ohne Einfluss aufs Spielerlebnis) am Recycler stehe und Zeug reinwerfe, das ich auf der Raumstation Talos 1 gefunden habe. Alte Drähte, kaputte Festplatten und netterweise auch die kontaminierten Beutel mit Alien-Innereien dürfen dem Kreislauf der Dinge zurückgeben werden. Als Dank fürs Aufräumen kriegt man Rohmaterialien heraus, mit deren Hilfe (und den nötigen Bauplänen) sich Medi-Kits, fette Knarren, Munition und mehr aus dem Fabricator ausdrucken lassen. Schöne neue Welt auf Talos 1, leider ist hier oben fast alles tot in dr Raumstation, die im Jahr 2032 den Mond umkreist. Und das, was vielleicht lebt, sind schwarze Rauchwolken-Aliens, die sich in alles von der Kaffeetasse bis zum Medi-Kit verwandeln können. Böse Überraschungen erlebt man im All alle paar Sekunden. Und das ist ein Heidenspaß.

Prey ist offiziell ein First-Person-Sci-Fi-Action-Thriller, irgendwie so hieß das jedenfalls im Rahmen der Präsentation. Das Spiel lässt uns die offenkundig ziemlich verrückte Geschichte von Morgan Yu erleben. Der hat, wie wir in den ersten zwanzig Minuten schnell lernen, ein echtes Realitätenproblem. Denn die Welt um ihn herum ist gar nicht echt, die Truman Show lässt grüßen. Der brillante Wissenschaftler hat sich zu eigenartigen Experimenten hinreißen lassen, in deren Mittelpunkt er selbst steht als Laborratte. Es sollte die Menschheit verbessern, vielleicht gar retten, ging aber schief. Ein sehr beleibter Verwandter von Morgan spielt auch eine Rolle. Das alles erfährt man in einer spielbaren Introsequenz, die mich persönlich sofort gekriegt hat. Die Optik überzeugt auf den ersten Blick, man sieht die Handschrift der Arkane Studios und hat sofort eine Idee, wie stylish alles das wird, was da noch kommt. Es wirkt wie Bioshock Infinite im Weltall - und das ist bitte sehr als Kompliment zu verstehen.

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Zumindest in den ersten Stunden scheint es nicht möglich zu sein, den Aliens komplett aus dem Weg zu gehen.
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Schnell grüßt das Murmeltier und Morgan Yu blickt notgedrungen hinter die Kulissen und erkennt, dass auf Talos 1 eine Menge Gefahren warten. Schon beim ersten Betreten der großen Lobby, die auch als eine Art Hub zu den einzelnen Passagen dient, wird klar, dass dies kein kleines Spiel wird. Allein das Erkunden der Büros, der Krankenstation und des IT-Sicherheitsbereichs offenbart immer mehrere Optionen, das geforderte Ziel zu Erreichen. Man kann Gegner vermeiden oder sich ihnen stellen, je nachdem, in welche Fähigkeiten die als Neuromods getarnten Erfahrungspunkte investiert werden.

Das Gameplay ist anfangs eher auf Action ausgelegt, weniger auf schleichen. Später soll es deutlich komplexer zugehen, wenn die Alien-Fähigkeiten verfügbar werden, über die wir in der ersten Vorschau geschrieben haben. Zumindest in den ersten Stunden scheint es nicht möglich zu sein, den Aliens komplett aus dem Weg zu gehen. Dafür kriegt man zu schnell zu viele Tools an die Hand, um sie aktiv aus dem Weg zu räumen. Zuerst hat man nur einen amtlichen Schraubenschlüssel. Schnell findet Morgan eine Gloo-Gun, mit der sich Aliens in einer schnell härtende High-Tech-Schaumschicht einfangen lassen. So bremst man sie aus und sie werden zu etwas einfacheren Gegnern. Das ist insbesondere bei den schnellen und sehr aggressiven Phantoms hilfreich, die einen sonst schnell mit einer Mischung aus Säure-Spucken und Morphing erledigen. Die kleinen Mimic-Formwandler sind auch nicht besser, treten sie zu viert oder fünft auf, wird es schnell brenzlig. Eine Shotgun ist da natürlich sehr hilfreich, leider verliert sie mit der Zeit ihre Kraft oder geht komplett kaputt. Ebenso wie der Schutzanzug von Morgan.

Prey schenkt uns eine Spielfigur mit vielen Möglichkeiten. Das anfangs recht große Inventar mit auf 45 Felder beschränkten Platz (Resident Evil grüßt aus der Vergangenheit) wird schnell voll und man überlegt ständig im Geiste, welche Sachen überhaupt mit dürfen. Man kann das Inventar über die Zeit auf 84 Plätze ausbauen, Items miteinander kombinieren oder waffen-Updates verbauen. Mit Hilfe von Neuromods lassen sich die Fähigkeiten von Morgan verbessern. Es gibt die drei Grundtypen Wissenschaft, Technik oder Sicherheit, in denen Morgan sein neuronalen Fähigkeiten verbessern kann. Das ist besseres Hacken per Minigame ebenso dabei wie mehr Gesundheit oder die Möglichkeit, zerstörte Geräte reparieren zu können. Auch Schleich- und Fokusfähigkeiten lassen sich ausbauen. So kann man das Spielerlebnis etwas für sich beeinflussen, prinzipiell aber ist das Spiel eher auf eine Mischung aus Konfrontation und Exploration ausgelegt.

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Wir sollen die Raumstation Talos I erkunden, so intensiv wie möglich und immer die Angst im Nacken spüren, dass überall die absurden Aliens lauern.

In den Anzug und den Helm von Morgan lassen sich spezielle Chipsätze einbauen, die Bonuseigenschaften freischalten. Ich habe ein 19.4GHz Recycler Shield für den Anzug gefunden, dass Morgan immun gegen Recycler-Charges macht. Was immer das auch heißen mag. Man kann zudem alle möglichen Sachen konsumieren, die auf der Raumstation rumliegen, von der vergammelten Bananenschale bis zur Magnumflasche Kings & Way. Das hat Auswirkungen auf den Geisteszustand von Morgan, der durch Alkohol ängstlicher wird, aber etwas Energie hinzugewinnt. Nun, lieber besoffen im Weltall als tot, fürchte ich.

So schick die gesamte Welt auch gestaltet ist, einige Designentscheidungen sind leider missraten. Total nervig sind die Notizen zum Einsammeln, die als plumpe Textwüsten zum Reinlesen eingeblendet werden. Sie liefern weitere Details zum Hintergrund, es gibt für wichtigere Passagen aber auch Audiologs und man kann Terminals zum Lesen von E-Mails nutzen (was schick gelöst ist). Manchmal muss man die Hacken, wofür man die Fähigkeit erst freispielen muss. Das gilt auch für Schlösser vor Türen, weshalb erkundungsfreudige Menschen gleich am Anfang ihre Neuromods ins Hacken investieren sollten. Denn so sehr der Gameplay-Fokus auf der Action liegt, so sehr lädt Prey auch zum Entdecken der Welt und alternativen Routen und Lösungswegen ein. Hier ist es Dishonored 2 sehr ähnlich, auch im positiven Sinn.

Die knapp eineinhalbstündige Passage, die es vom Start des Spiels an spielbar war, zeigt ganz deutlich die Richtung an. Wir sollen die Raumstation Talos I erkunden, so intensiv wie möglich und immer die Angst im Nacken spüren, dass überall die absurden Aliens lauern. Man wird seinen Frieden damit machen müssen, immer wieder das Inventory zu besuchen und Gegenstände zu begutachten und zu verschieben. Außerdem muss man Waffen und Items über ein Kreismenü und Shortcuts auswählen, was gelegentlich etwas ungelenk wirkt. Aber das sind Kleinigkeiten, die man einem solchen Spiel leicht verzeihen mag. Prey sieht jedenfalls grandios aus und bietet eine spannende, ambitionierte Story. Wer schicke Sci-Fi und Action mag, darf das nicht verpassen.

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